mir eine Art Tochter. Er hat immerhin in einer sehr väterlichen Weise mit mir gesprochen, nette kleine Bemerkungen gemacht. Er ist niemals frech geworden. Ich habe ihn völlig falsch eingeschätzt. Er ist anders als die anderen!
Wie müsste es ein, mit einem solchen Mann verheiratet zu sein, fragte sich Amelie, als ihre Gedanken plötzlich einen kühnen Sprung machten. Sie schloss das Computerprogramm und ging wieder in die Toilette, um ihr Make-up aufzufrischen.
Als eine Frau wäre ich sicher, dachte Amelie. Andere Männer wären entmutigt, wenn sie wüssten, dass ich verheiratet bin und würden nicht mehr versuchen, mich ständig zu befummeln. Offensichtlich geht es ihm gut, vielleicht ist er sogar sehr reich. Er würde mir alles geben, was ich brauche und das nicht, was ich nicht will. Es könnte eine perfekte Lösung sein.
Aber ich weiß nicht, ob er mir so gut gefällt, dass ich immer mit ihm leben möchte. Ich könnte es herausfinden, wenn ich mich ein paar Mal mit ihm verabrede.
Amelies Gedanken hatten sie zu Überlegungen geführt, die sie fast erschreckten. Aber irgendwie faszinierte sie die ganze Geschichte. Es war durchaus möglich, dass sie hier die Lösung fand, nach der sie unbewusst gesucht hatte.
Philipp Randecks Behandlung schien abgeschlossen zu sein. Sie fand keinen Vermerk für einen weiteren Termin. Ehe Amelie den Computer herunterfuhr, schrieb sie sich seine Handy- und Festnetznummer auf.
Und wieder überfiel sie in dieser Nacht der schreckliche Traum der sie schon so oft im Schlaf gestört hatte. Aber diesmal erwachte sie nicht, als dieser gesichtslose, nackte Mann seinen Steifen in ihre Möse steckte.
Sie krümmte sich auf dem Pflaster, starrte zu ihm hoch, als er sie mit wilden Bewegungen fickte, als sein mächtiges Glied immer wieder in die enge schlüpfrige Passage tauchte. Sie wusste nicht, was schrecklicher war – der Schmerz oder die entsetzliche Demütigung.
Der brutale Kerl fickte sie wie ein Irrer, während andere Männer mit steifen Schwänzen dastanden und zusahen. Dann aber tauchte plötzlich ein Mann in einem weißen Arztkittel von irgendwoher auf, stieß den geilen Kerl von ihr und verjagte die anderen. Amelie schlang die Arme um ihren Retter – der Traum war zu Ende...
2
„Du wirst WAS?“, explodierte Leon. „Das erlaube ich nicht!“
„Sie können mich nicht davon abhalten“, antwortete Amelie ruhig. „Philipp ist sehr lieb zu mir und ein freundlicher, wundervoller Mann. Wir sind ein paar Mal miteinander ausgegangen. Gestern Abend hat er mir einen Antrag gemacht und ich habe ihn angenommen.“
„Das also hast du während der letzten zwei Wochen getan“, rief der Doktor. „Und mir hast du gesagt, du wolltest dich mit keinem anderen Mann treffen! Nun, eine Verabredung mit diesem alten Heini ist genauso eine Verabredung wie mit mir. Er ist absolut impotent, das solltest du in seiner Krankenakte entdeckt haben.“
„Darum kümmere ich mich überhaupt nicht“, antwortete Amelie, ohne die Augen niederzuschlagen. „Er ist sehr freundlich und rücksichtsvoll zu mir.“
„Amelie, er hat einen Sohn, der älter ist als du!“
„Und was macht das?“
„Na schön, na schön, wie du willst“, zischte ihr Boss ärgerlich. „Du bist frei. Du kannst jederzeit gehen. Ich werde die Agentur für Arbeit anrufen, damit sie mir eine neue Arzthelferin schicken. Dich möchte ich hier nicht mehr sehen!“
Amelie starrte ihn an. „Einverstanden, das macht mir alles bedeutend leichter.“
„Du weißt überhaupt nicht, was für einen Fehler du begehst“, murmelte Leon und sah sie scharf an. „Ich wünschte, es gäbe eine Möglichkeit, dich davon zu überzeugen.“
„Falls Sie noch irgendwelche Gefühle für mich übrig haben“, antwortete Amelie und ihre Augen bewölkten sich, „dann sollten Sie mir viel Glück wünschen.“
Sie drehte sich um und verließ Leons Büro.
Sie und Philipp flogen nach Paris, um dort zu heiraten. Verwandte waren nicht anwesend. Trauzeugen waren zwei Angehörige der Kapelle, in der die Hochzeit stattfand.
Philipp war auf eine väterliche Weise zärtlich und zuvorkommend, er war in jedem Augenblick um Amelies Wohlergehen besorgt. Sie spürte, wie sie ruhig war, wenn sie bei ihm war – ein Friede umgab sie, den sie seit Jahren nicht mehr gespürt hatte.
Sie hatte das Gefühl, dass ihr persönliches Problem für lange Zeit gelöst war. Keine geilen Männer würden sie mehr jagen. Nun trug sie einen Ring. Amelie konnte kaum die Augen von dem glänzenden Goldband mit den funkelnden Diamanten nehmen.
Es machte ihr nichts aus, in das teure Hotel zurückzukehren, in dem sie und Philipp eine Suite mit zwei Schlafzimmern genommen hatten. Als er sie gebeten hatte, ihn zu heiraten, hatte er ihr klargemacht, dass sie getrennte Schlafzimmer haben würden.
„Wahrscheinlich kennst du mein Problem“, fügte er traurig hinzu, „ich nehme an, es stand im Computer.“
„Ja, ich weiß“, hatte Amelie zugegeben.
„Und es macht dir nichts aus?“
„Natürlich nicht.“
Philipp hatte sie in die Arme genommen und sie geküsst, so wie es vielleicht ihr Vater einmal getan hatte. Er versuchte nicht, ihr die Zunge in den Mund zu stecken, seine Hände blieben ruhig auf ihrem Rücken liegen. Amelie fühlte sich völlig sicher.
Ihre Sicherheit blieb auch unerschüttert, als sie und ihr Ehemann Champagnerdinner bei Kerzenlicht in ihrer Hotelsuite genossen. Sie hatte vor dem Dinner gebadet und trug ein sehr hübsches, doch ziemlich geschlossenes Negligé. Philipp lächelte ihr über den Tisch zu, seine klaren Augen blinzelten beim Anblick ihrer frischen jungen Schönheit.
Es war ihr so recht bewusst geworden, dass er ein sehr hübscher, kräftiger Mann war. Sie war stolz darauf mit ihm gesehen zu werden, obwohl es bestimmt Leute gab, die sie für Vater und Tochter hielten. Es störte Amelie keineswegs, denn sie fühlte sich wie seine Tochter. Und er war für sie eine Art Pflegevater. Was konnte netter sein? Als Philipp vorschlug, es wäre Zeit, sich zurückzuziehen, ging Amelie zu seinem Stuhl und küsste ihn auf die Stirn.
„Gute Nacht, Schatz“, sagte sie zärtlich und ging zu ihrem eigenen Zimmer.
Die meisten Mädchen würden so etwas für eine merkwürdige Art halten, Flitterwochen zu beginnen, überlegte Amelie, aber sie war sich darüber klar, dass es genau das war, was sie sich gewünscht hatte.
Falls es andere Gedanken in ihr gab, irgendwelche Sehnsüchte, die eine platonische Ehe nicht befriedigen konnte, so wollte sie sie nie wachrufen. Schließlich waren die Männer schuld, dass sie Konflikte gehabt hatte, die ihr so viele Sorgen gemacht hatten. Sie hatten Gefühle in ihrem Körper erweckt, denen sie sich niemals ausliefern wollte, und brauchte sich ihnen nicht auszuliefern, wenn sie sie in sich verborgen ließ.
Sie setzte sich in ihrem Schlafzimmer vor die Frisiertoilette und nahm Abschminktücher in die Hand, um sich mit ihrem Make-up zu beschäftigen, als sich die Tür öffnete. Im Spiegel beobachtete sie, wie Philipp das Zimmer betrat. Er lächelte auf seine angenehme väterliche Weise, die ihr schon so vertraut war.
„Was für ein entzückendes Bild!“, sagte der Mann begeistert.
„Ich danke dir, Philipp. Aber ich wollte gerade mein Make-up entfernen. Das ist kein sehr hübscher Anblick.“
„Tu es bitte noch nicht“, bat Philipp, während er hinter sie trat und seine Hände auf ihre Schultern legte. Es überlief sie eiskalt.
„Ist dir kalt?“, fragte er.
„Nein. Ich weiß nicht ... ich weiß wirklich nicht, was es war.“
Sie lachte, um die Nervosität zu verdecken, die plötzlich in ihr war.
„Steh auf, bitte!“
„Aber