Jo Danieli

Willkommen im Exzelsior


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      Bernie seufzt erschöpft und wischt sich das Gesicht, murmelnd. “Vollmond, oder was?”

      Gloria boxt ihn gegen den Arm. “Frag’ mich gleich, ob ich meine Tage bekomme, dann ... “

      Bernie schaut sie fragend an, und Gloria zischt, zwischen Empörung und Amüsement, “hör jetzt auf! Ich hab’ allen Anlass, mich aufzuregen.”

      Bernie hebt die Augenbrauen in einer stummen Frage. Gloria fuchtelt wild.

      “Kein Wunder sind so viele Frauen unbefriedigt, wenn solche Typen wie du herumrennen, die sich für so schlau halten und dabei Ansichten haben, die zum Himmel stinken!” Sie verschränkt die Arme und schaut zum Himmel. Es ist sonnig, der Himmel ist blau, ein kleines Lüftchen weht.

      Bernie fährt eine Weile schweigend weiter; Gloria schaut hin und wieder zu ihm hinüber. Nach einer Weile zwinkert er ihr zu. “Adrenalinspiegel wieder normalisiert?”

      Gloria runzelt zornig die Augenbrauen: “Thema immer noch nicht ernst genommen?”

      Bernie tätschelt wieder ihr Knie. “Wir sind bald da. Die frische Luft wird dir guttun.”

      Gloria brummt missmutig. “Was jetzt, bin ich krank, nur, weil ich die Wahrheit sage?”

      “Irgendwie glaube ich, wir sollten das Thema wechseln.”

      “Wieso? Ich bin noch nicht fertig.”

      “Aber ich, ehrlich gesagt.”

      “Sex ist ...” Gloria zählt an den Fingern, “... kreislaufbelebend. Herzstärkend. Depressionsvorbeugend.”

      “Sehr romantisch.”

      “Das auch.” Gloria hebt belehrend den Zeigefinger. “Momentan reden wir aber nur von Sex. Bumsen.”

      Bernie brummt, genervt. “Was für ein blödes Wort.”

      “Na, wie nennst du es dann?”

      “Momentan nenne ich es “Belästigung”.”

      Sie fahren einige Momente schweigend weiter; Glorias Gesichtsausdruck wird immer finsterer. Bernie schaut Gloria von der Seite her an, tätschelt wieder ihr Knie, fragt mitleidig: “So schlimm?”

      “Lass mich in Ruhe.”

      Bernie und Gloria marschieren eine leicht hügelige Wiese hinan; Gloria köpft unterwegs einige Blumen und Gräser. “... und neben den guten Freunden sollte es Männer geben, die nur für Sex da sind. Wie die Nutten ... die professionellen Liebesdienerinnen für die Männer. Halt für uns Frauen.”

      Tief einatmend gestikuliert Bernie zum Himmel. “Herrlich, die frische Luft!” Er schaut interessiert in die Gegend. Gloria ignoriert seine Worte und schaut ihn herausfordernd an. “Warum gibt es sie nicht, ich meine, offiziell?”

      Bernie breitet die Arme aus und saugt tief die frische Luft ein. Gloria hängt sich an seinen Arm. “Oh, der Bedarf, der ist vorhanden, das kann ich dir schriftlich geben!”

      Bernie deutet in die Gegend. “In welche Richtung willst du?”

      Gloria mustert ihn, etwas provokant. “Du bist ja schon lange unbeweibt. Du bist nicht schwul. Also willst du mir erzählen, dass du noch nie bei einer Nutte warst?”

      Bernie schaut sie genervt an, merkt aber, dass sie nicht vom Thema ablassen wird, und er verschränkt die Arme, sodass Gloria ihn loslassen muss: “Noch nie. Leidet jetzt deine Statistik?”

      “Aber du hast daran gedacht!”

      “Möglich.” Bernie runzelt die Stirn und beginnt leicht den Kopf zu schütteln.

      “Ha!” Gloria zeigt triumphierend auf ihn. Bernie rollt die Augen und marschiert hastig weiter. Gloria folgt ihm, etwas aufgebracht. “Wieso kannst du über solche Dinge nicht reden?”

      “Kann? Ich will nicht. Das ist ja wohl mein Recht.”

      “Warum nicht? Wie ist es mit Selbstbefriedigung?” Gloria holt Bernie ein, der tief seufzt und bergauf zeigt. “Hab’ gehört, dort oben auf der Anhöhe gibt es ein nettes Gasthaus. Zum Entspannen.”

      “Ich entspanne mich beim Reden! Aber natürlich, wenn du einkehren willst?!”

      “Will ich. Und ein Bier.”

      “Sicher.”

      Sie wandern einige Momente schweigend weiter. Bernie wirft einen vorsichtigen Blick auf Gloria, die gedankenverloren nach kleinen Steinen kickt. “Was meinst du ...”

      Bernie schaut schnell wieder weg und rollt die Augen, aber Gloria spricht unbeirrt weiter. “... soll unsereins lieber in Lokalen herumhängen und irgendwelche Besoffenen abschleppen, wenn wir Lust auf Sex haben?”

      “Ich kann dir ja nicht gut raten, zu einer Nutte zu gehen.” Bernie brummt unwillig und hält nach dem Gasthaus Ausschau.

      Gloria fuchtelt aufgebracht. “Genau! Eine weit offene Marktlücke!”

      Bernie muss grinsen, und Gloria bemerkt es, begreift den Doppelsinn ihrer Aussage und rempelt ihn leicht an. “Du hörst also doch zu!”

      “Natürlich. Und ich hoffe, das war’s jetzt auch schon.”

      Sie gehen Arm in Arm den Wanderweg entlang. Bernie saugt die frische Luft ein. “Herrlich.”

      Gloria macht eine ausladende Geste. “Oh, ja, ich hör’ schon The Sound of Music. The Hills are alive ...” (kichert) “Und Julie Andrews. Auch so eine Frau ohne Unterleib?

      Bernie zuckt die Schultern. “Na, ihre Rolle war ja auch nicht sexy angelegt. Oder als Mary Poppins. Kinderfilme. Aber als diese Missionarsfrau in Hawaii, Bingham oder so, war sie sexy.”

      Gloria schubst ihn, “empört”. “Eine Gottesdienerin! Du bist ja pervers!”

      Sie wandern weiter, und Bernie schaut sich begeistert um. “Wir sollten öfter hierher kommen. Schade, dass ich keinen Fotoapparat dabei habe, denn –“

      Gloria fällt ihm ins Wort. “Na gut! Gehe ich eben in eine Bar und werde von so einem Serienmörder angequatscht ... oder einem Triebtäter ...”

      “Na dann Internet-Dating. Und Thema erledigt.” Bernie macht die Geste des “Händeabputzens”, aber Gloria schaut ihn vorwurfsvoll an. “Nicht erledigt. Weil keine Lösung gefunden!”

      “Aber ich hab’ doch gesagt: Online-Dating! Viele Leute, dort, die nur aufs Kennengelerntwerden warten!”

      Gloria beugt sich heftig zu ihm. “Ich will niemanden kennenlernen! Ich will nur ab und zu Sex!”

      Bernie seufzt, genervt. “Im Internet gibt es aber auch viele, die sowas wollen.”

      “Und Mörder. Vergewaltiger. Perverse.”

      Bernie bleibt stehen und hebt resigniert die Hände. “Dann heirate eben! Meine Güte, Gloria, hör’ bitte auf mit dem Thema!”

      “Ich will aber mit verschiedenen Männern!”

      Bernie starrt Gloria verdattert an, während sie eifrig nickt.

      “Jetzt wirst du mir unheimlich.” Bernie nimmt Glorias Kopf und bewegt ihn hin und her. “Weiche, Dämon und gib’ mir meine Gloria zurück!”

      Gloria macht sich halb amüsiert, halb verärgert los. “Ich will jetzt auch ein Bier.”

      Die Idee

      Gloria ist bei ihrer Arbeit in einem Großraum-Callcenter-Büro und schaut sich heimlich die Männer und Frauen an, die dort aus und eingehen und herumsitzen, ihre Kolleginnen. Kollegin Sonja (35, rothaarig, hager) steht beim Kopierapparat, und Gloria gesellt sich zu ihr, lehnt sich sinnierend gegen die Wand, als wolle sie warten, bis Sonja mit dem Kopieren fertig sei.

      “Du,