Jo Danieli

Willkommen im Exzelsior


Скачать книгу

fährt aber fort. “Aber was nicht außer Acht gelassen werden darf, ist die Natur der Frau: Eine Frau wird immer mütterlich gestimmt sein, egal, wie befriedigt sie ist. Das heißt, je besser eine Frau sich fühlt, desto nachsichtiger wird sie mit den Männern sein. Eine Frau wird nur dann zur Furie, wenn sie sich wehren muss.”

      Gloria schaut Adriane mit offenem Mund an. Die Feministin lächelt bitter: “In den Epochen der Matriarchate haben die Frauen den intellektuell weit unterlegenen Männern den Gefallen getan, sie wegen ihrer Körperkraft zu Schutzdiensten heranzuziehen. Wozu das geführt hat, sehen wir heute. Die Männer haben sich gegen ihre Ernährerinnen gewandt und ein Regime der Gewalt geschaffen. Weltweit.”

      Die Moderatorin nickt und lauscht. Adriane gestikuliert. “Es gibt soviel Krieg. Alle Gesellschaften sind verschuldet. Die Menschen sind krank und verzweifelt! Was ist also an der Männerherrschaft positiv?” (lacht bitter) “Dass wir Frauen uns immerhin ohne Ketten bewegen dürfen?”

      Sie schaut direkt in die Kamera. “Auch das ist keine Selbstverständlichkeit ...”

      Gloria schaltet den Fernseher ab und lehnt sich seufzend zurück, schließt die Augen. “Und ich habe doch Recht, Bernie. Es gibt nicht deshalb keine Callboy-Ringe, weil es keinen Bedarf gibt, sondern weil ihr es zu einem Tabu erklärt habt ... aus lauter Angst!”

      Sie schnappt sich ihr Telefon und schaut es an, zuckt dann aber die Schultern und legt es wieder weg. Ihr Gesichtsausdruck spiegelt den Gedanken, dass es keinen Sinn machen würde, sich weiter aufzuregen.

      Gloria liegt in ihrem Jogging-Anzug auf der Couch im Wohnzimmer und schaut sich einen Pornofilm an. Sie klemmt sich ein Zierkissen zwischen die Beine und reibt sich daran. Dann beginnt sie mit ihren Händen ihre Schamgegend zu streicheln, zu massieren und zu drücken ... und hört genervt damit auf. Sie schaltet den Film aus und bleibt nachdenklich auf dem Sofa liegen. Dann greift sie zum Telefon und wählt die Nummer ihrer Freundin Suzie.

      “Hi. Suzie.” Gloria steht auf und setzt sich an den Tisch, zündet sich eine Zigarette. “Ja, genau. Du, eine Frage: Wie oft machst du eigentlich Selbstbefriedigung?”

      Sie lauscht ins Telefon und grinst vor sich hin, zieht einen Notizblock zu sich heran und einen Kugelschreiber und beginnt Penisse und Männchen zu kritzeln. “Nicht im Ernst? So oft? Und er merkt gar nichts, dein Allerliebster?” (lauscht) “Verstehe. Nein, bei mir klappt das gar nicht mehr.” (lauscht) “Hast du schon einmal daran gedacht, dir einen Callboy zu nehmen?” (kichert) “Aber sicher gibt es die!”

      Sie raucht und seufzt. “Na, online! Also – viel besser als irgendwen in einer Bar aufzugabeln. Der vielleicht ein Mörder ist oder ein, was weiß ich, Spion.” (lauscht, kichert” “Wirklich? Nein, ein Vibrator gibt mir gar nichts.” (lauscht, kichert) “Auch nicht. He, wann hast du Zeit und Lust?” Sie zieht ein erstauntes Gesicht und schaut auf die Uhr.

      Das Experiment

      Gloria und ihre Freundin Suzie (38, blond, schlank), sitzen in einer Bar und trinken Cocktails. Beide tragen Jeans und helle Blusen. Suzie betrachtet ihren Drink und schürft. “Teuer, aber ... mhm!” Gloria schubst sie, gut gelaunt und raunt: “Die müssen nicht teuer sein.”

      Suzie kichert: “Ich hab’ den Cocktail gemeint.”

      Beide lachen; Einige Männer schauen zu ihnen hinüber, und Gloria und Suzie merken es und schauen einander vielsagend an. Gloria rollt die Augen: “Rothaarig ist nicht so meins, aber der dort hinten, der Blonde .... sieht so aus, als ob er gerade noch im Büro gewesen wäre ... vielleicht in einer Bank.”

      “Kleinunternehmer?” Sie saugt an ihrem Drink, und Gloria zuckt versonnen die Schultern. “Aber genau das ist das Problem. Das Kennenlernen und alles, und das Danach. Wenn man nur schnellen Sex will und keine Komplikationen ...” Sie seufzt und Suzie nickt, ihren Drink schlürfend. “Außer man sagt’s gleich am Anfang. Dass man nur Sex will.”

      “Aber dann wird man vielleicht ganz anders behandelt.”

      “Wie – anders?”

      “Vielleicht weniger rücksichtsvoll. Ich weiß auch nicht.” Gloria mustert den blonden Mann, der sich gerade mit einer Bedienung unterhält. “Ja, Unternehmer. Vielleicht etwas wie ... Verpackungsindustrie. Oder Ösen für Arbeitskleidung.”

      Suzie kichert, und gluckst, verlegen, als ein Mann ihr zuprostet. Sie schaut eilig weg. “Du meine Güte. Ich bin ja gar nicht Single.”

      “Na und? Der ist nicht schlecht, die starken Schenkel gefallen mir, aber soviel Bart ...”

      “Ich weiß nicht ... eigentlich ist gar keiner mein Typ ...”

      “Aber wie diese Männer dich anglotzen!”

      Suzie reißt die Augen auf. “Mich?”

      “Na, wen sonst? Mich vielleicht?” Gloria schnaubt, sarkastisch. Suzie legt spontan ihren Arm um Glorias Nacken, zieht ihren Kopf zu sich heran und küsst sie auf den Mund. “Du bist wunderschön.”

      Beide kichern, weil die Männer auf den Kuss mit neugierigen Blicken reagieren.

      “Wow! Das haben wir ja schon seit der Schulzeit nicht mehr gemacht.” Gloria zwinkert Suzie zu, “Das war sexy.”

      “Ja und wie!” Suzie leert ihr Glas und seufzt, etwas betrunken. “Hey, vielleicht sollten wir uns wirklich nach den ...” (zwinkert) “... Professionellen umschauen.”

      “Oh, und ich hab’ gedacht Callboys interessieren dich nicht?!”

      “Sie sollten mich nicht interessieren. Ich hab’ ja jemanden, mit dem ich ausgehe.”

      Gloria bricht in ein Kichern aus. “Mit dem du ausgehst. Wow, das klingt ja nach starker Bindung.”

      Suzie zuckt die Schultern. “Ich stehe gar nicht so auf ihn, aber er glaubt, dass wir zusammen sind.”

      “Und genau in diesem Moment bin ich sehr, sehr froh, das sich Single bin!” Gloria prostet Suzie zu und leert ihr Glas ebenfalls.

      “Aber wo findet man sie, die ...” Suzie zwinkert verschwörerisch, “Liebesdiener?”

      Gloria und Suzie sitzen kichernd in einem Internet-Cafe und surfen, auf der Suche nach einem Callboy. Etwas fünfzehn exotisch aussehende Männer diverser Altersgruppen sitzen ebenfalls an Computerschirmen, und manche beobachten Gloria und Suzie.

      “Und wieso benutzen wir nicht unsere eigenen ...?” Suzie scrollt durch eine Website mit sexy Männerbildern.

      “Naja, ich möchte eher anonym, also ganz anonym recherchieren.” Gloria dreht sich zu Suzie, um den neugierig schauenden Männern den Blick auf ihren Computerbildschirm zu verdecken.

      “Hey, schau mal, der hier, Martin, ist online. Skypen wir?” Suzie klickt aufgeregt.

      “Aber nur schriftlich. Ich will nicht, dass diese Typen etwas mitbekommen.” Währenddessen sind immer wieder Bemerkungen der anwesenden Männer zu hören.

      “Den Ehemännern davongelaufen ...”

      “Finden keinen Mann ...”

      “ ... geile Weiber ...”

      “Ich hab’, was die brauchen ...”

      Einer der anwesenden Männer, exotisch attraktiv, mit Sport-Sakko, Habib (34), schlendert an Gloria und Suzie heran und wirft einen Blick auf ihren Bildschirm. Suzie schnaubt, verärgert, “Unverschämtheit!” und winkt Habib, dass er weggehen solle, aber Habib sucht Augenkontakt mit Gloria, die verlegen blinzelt. “Madame?”

      Suzie schubst Gloria, “Was soll ich diesem Martin jetzt schreiben?”

      “Vielleicht ...” Gloria neigt sich zu Suzie, damit Habib nichts mitbekommen soll, “etwas über den Preis, Konditionen und so?”

      “Aber das ist doch total unhöflich!