Valerie Parker

Der Dolch in unseren Herzen


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dass es wunderschön aussah. Obwohl sie ihm natürlich schon öfter über den Weg gelaufen war in Vorlesungen oder auf Partys, hatte sie ihm keine große Beachtung geschenkt, und so nahe war sie ihm da auch nie gewesen.

       Der Männerwelt schenkte sie nie große Beachtung, da sie meinte, dafür keine Zeit zu haben. Sie hatte grundsätzlich nichts für die meist faulen Mitstudenten übrig.

       Zu diesem Zeitpunkt musste sie jedoch feststellen, wie makellos sein Gesicht war. Ein kantiges Kinn, eine längliche, aber gerade Nase, und seine Augen waren umringt von dichten Wimpern, die die gleiche Farbe wie seine Haare hatten. Dazu seine muskulöse Statur, die er in einem engen schwarzen Shirt und eine enge Jeans verpackte, was ihr das Wasser im Mund zusammenlaufen ließ. Das hatte schon lange kein Mann mehr geschafft.

       Unerklärlicherweise begann ihr Herz schneller zu schlagen, und sie tippte von einem Fuß auf den anderen. Ob es daran lag, dass er sie so intensiv musterte, ohne etwas zu sagen? So was mochte sie ja gar nicht leiden. Aber ihr hatte es die Sprache verschlagen, was selten bis gar nicht vorkam. Ein wohliger Schauer war ihr über den Rücken gelaufen, weil sie sich so intensiv in die Augen schauten.

       Ihr wurde es zu blöd, nichts zu sagen, deswegen entschlüpfte ihr ein dämliches: „Ähm …“

       Das schien ihn aus seiner Starre herauszuholen. Er blinzelte ein paar Mal, und ein unglaubliches Lächeln erschien auf seinem Gesicht. Vivienne krallte die Hände in ihre Unterlagen, aus Angst, er könnte sehen, dass sie auf einmal ganz zittrig wurden.

       „Vivienne, richtig?“

       Wie eine Bescheuerte nickte sie, denn diese männlich klingende Stimme hinterließ eine Gänsehaut auf ihrem Körper.

       „Sorry, ich wollte dich nicht über den Haufen rennen. Ist alles in Ordnung?“

       „Ja, na klar, alles gut, nichts passiert. Ich muss dann mal los.“ Schnell hatte sie Armin umrundet und hätte sich über ihr Geplapper die Hand gegen die Stirn knallen können. Er dachte bestimmt, sie hätte nicht mehr alle an der Pfanne.

       Zu ihrem Erstaunen war er nicht stehen geblieben, sondern lief neben ihr her. Ihr Herz nahm wieder einen unkontrollierten Rhythmus auf.

       „Ich bin übrigens Armin. Ich glaube, wir besuchen jetzt den gleichen Kurs, kann das sein?“

       Vivienne schaute zu ihm hoch und erntete wieder dieses strahlende Lächeln. Sie konnte sich nicht zurückhalten und musste ebenfalls lächeln. „Ja, das kann sein. Ich meine, dich schon in diesem gesehen zu haben, auch wenn das nicht besonders oft war.“

       Das stimmte, und es hatte sie erstaunt, wie man so oft fehlen konnte, obwohl das Semester noch gar nicht lang lief. Rasch schob sie Armin in die Schublade des faulen Studenten, die nur studierten, weil sie nicht wussten, was sie sonst mit ihrem Leben anfangen sollten.

       Armin räusperte sich. „Da hast du mich wohl erwischt.“ Er fuhr sich durch seine wunderschönen Haare und lächelte verschmitzt. Das sah so süß aus, dass Vivienne am liebsten gar nicht mehr weggeschaut hätte. „Ähm, ja, das Lernen fällt mir nicht besonders schwer, und meistens langweile ich mich in den Vorlesungen. Und das soll jetzt bestimmt nicht überheblich klingen.“

       Interessiert schaute sie Armin an.

       „Die Unterlagen kopiere ich mir von meinem Kumpel Stefan, der jedoch mit einer Grippe flachliegt. Deswegen musste ich heute auflaufen.“

       Sofort war sie noch faszinierter von ihm. Er war also auch ein kleiner Streber, der nicht so aussah. Fast augenblicklich war ihr Interesse geweckt. Wann fand man schon mal einen Typen, der gut aussah und dann noch ein schlaues Kerlchen war? Als sie ihn auf den Partys gesehen hatte, wirkte er überhaupt nicht intelligent. Er benahm sich genauso bescheuert wie die anderen männlichen Studenten. Er trank wie ein Loch und machte genauso diese beknackten Saufspielchen mit. Von den Frauen, die er anmachte, ganz zu schweigen. Eigentlich war Vivienne nicht besser, trank auch gern einen über den Durst, nur stand sie nicht darauf, sich irgendwelchen Typen an den Hals zu werfen. Vor allem denen nicht, die nicht ihrem Intellekt entsprachen. Klang eingebildet, war aber so. Sie konnte die Typen einfach nicht ausstehen, die sich durch Schönheit und Muskeln gebärdeten und dazu dummes Zeug quatschen. Über Armin dachte sie tatsächlich genauso, da er sich auch immer bescheuert benahm. Deswegen hatte sie ihm keine besondere Beachtung geschenkt. Ihre Freundinnen Lea und Sarah hatten ihr immer einen Vogel gezeigt, gesagt, dass sie ihr Studentenleben genießen solle, was sie durchaus tat, allerdings hatte sie kein Interesse daran, diese „dummen Kerle“ zu vögeln. Aber auf Partys gehen und etwas trinken, sich zu betrinken, dazu war sie sich nie zu schade. Als Ausgleich zum Studium, was für sie nie besonders anstrengend war, genau das Richtige.

       Zusammen betraten Armin und sie den Vorleseraum, und zu ihrem Erstaunen setzte er sich nicht in die hinterste Reihe, sondern mit ihr zusammen in die fast vordere. Ihre Freundinnen waren nicht anwesend, da sie es auf der gestrigen Party mal wieder übertreiben mussten. Vivienne ließ sich überreden, auf jeden Fall in die heutige Vorlesung zu gehen.

       Über die ganze Stunde war sie sich über Armins Nähe nur allzu sehr bewusst gewesen. Die Wärme, die er ausstrahlte, und sein natürlich frischer Geruch. Zudem hatte er sie immer ganz zufällig mit seinem Oberarm gestreift, was ihr wohlige Schauer über den Rücken jagen ließ. Verwirrt von ihrer körperlichen Reaktion, versuchte sie, sich ganz darauf zu konzentrieren, was der Dozent zu berichten wusste. Aus den Augenwinkeln beobachtete sie, wie Armin sauber und ordentlich seine Notizen machte.

       Nach der Vorlesung begaben sie sich zusammen zum Ausgang, und Vivienne entgingen die giftigen Blicke der anderen Mädchen nicht. Verständlich, denn Armin war schon eine Augenweide. Bis zur nächsten Vorlesung war noch eine Stunde Zeit, die sie mit einem Kaffee bei dem schönen Wetter unter einem Baum verbringen und ein bisschen auf ihrem E-Reader lesen wollte.

       „Und, wie vertreibst du dir jetzt die Zeit bis zur nächsten Vorlesung?“ Armins warme Stimme holte sie aus ihren Gedanken.

       „Ich wollte mit einem Kaffee ein wenig an die frische Luft.“

       „Gute Idee. Was hältst du davon, wenn ich den Kaffee besorge und wir uns draußen treffen?“, fragte er freudestrahlend und sah sie an.

       Überrumpelt von seiner Idee konnte sie nur nicken und beobachten, wie er sich von ihr entfernte und Richtung Cafeteria ging.

       Sie suchte ein nettes Plätzchen unter einem Baum, und es dauerte nicht lange, bis Armin mit zwei dampfenden Bechern zurückkam. Er setzte sich neben sie, sodass sich ihre Körper berührten und es verdächtig an den Stellen bei ihr kribbelte. Es dauerte nicht lange, und sie kamen ins Gespräch, unterhielten sich über das Studium, die Partys und generell über ihr Leben. Was sie gern machten und mochten, über ihre Hobbys halt. Natürlich reichte die Zeit bis zum Anfang des nächsten Kurses nicht aus. Vivienne fand das schade, weil es sehr angenehm war, mit Armin zu reden. Deshalb übernahm sie die Initiative und fragte ihn, ob er Lust hätte, mit ihr abends was trinken zu gehen. Zu ihrer großen Freude sagte er direkt zu.

      

      Als Vivienne in ihre Straße einbiegt und auf das Haus zufährt, in dem sie mit Armin wohnt, durchfährt sie ein warmes Gefühl. Lange haben sie nach einer passenden Wohnung oder einem Haus gesucht. In der Zwischenzeit wohnten sie noch in ihrer Wohnung, die sie sich zusammen noch während des Studiums genommen hatten. Bis sie vor zwei Jahren die Dachgeschosswohnung in einem umgebauten Lagerhaus fanden, mit einer dreißig Quadratmeter großen Dachterrasse, was den Ausschlag gab, sich sofort in die Wohnung zu verlieben. Die fünf Zimmer, zwei Bäder und ein Gäste-WC konnten sie sich so einrichten, wie sie es sich immer vorgestellt hatten.

      Heute wollen sie den nächsten Schritt in ihrem Leben bekannt geben. Vivienne möchte endlich vom Partyleben Abschied nehmen, denn das