hellen, rechteckigen Flecken an der gegenüberliegenden Wand, wo bis vor wenigen Tagen noch die Spiegel gehangen hatten.
Und plötzlich wusste ich, dass hier eine große Gefahr auf uns lauerte.
3
Der Fahrer stoppte den schwarzen Mercedes. Der Mann, der neben ihm saß, wandte sich zu den beiden Kerlen um, die im Fond hockten.
„Seid ihr bereit?“
Die beiden nickten.
„Lass den Motor laufen, Gavin!“, zischte der Beifahrer, und der Mann am Steuer machte mit der rechten Hand ein nervöses Okay-Zeichen.
„Dann mal los!“, brummte Finley Buchanan, der Beifahrer. „Bringen wir es hinter uns.“
Er zog eine knallrote Teufelsmaske aus dem Jackett und stülpte sie sich hastig über den Kopf. Die Männer im Fond folgten seinem Beispiel.
„Viel Erfolg!“, sagte Gavin Fraser, während er versuchte, das Vibrieren seiner Nerven mit einem Grinsen zu übertünchen.
„Wird schon schiefgehen!“ Buchanan lachte.
Als er seinen Revolver zog, auf dem ein klobiger Schalldämpfer saß, lief es dem Fahrer eiskalt über den Rücken.
„Ihr werdet doch nicht wirklich ballern, oder?“, fragte er heiser.
„Nicht doch“, antwortete Buchanan. „Wir wollen die Leute mit unseren Kanonen bloß erschrecken.“
Gavin Fraser atmete erleichtert auf.
Die Männer mit den Teufelsmasken huschten davon. Gavin sah ihnen aufgeregt nach. Sein Job war es, auf ihre Rückkehr zu warten und mit ihnen dann blitzartig zu verschwinden. Sie hatten ihm diese Aufgabe übertragen, weil er mit Fahrzeugen aller Art irgendwie verwachsen war. Er fuhr bereits seit seiner Jugend Rallyerennen und verstand eine ganze Menge von seinem Fach.
Die Gangster erreichten den rückwärtigen Personaleingang vom Apex Waterloo Place Hotel. Finlay Buchanan wies mit der Pistole auf die Tür.
„Aufmachen!“, zischte er.
Lennox MacAndrew übernahm das. Sie glitten in das Hotel hinein. In der Küche klapperten die Köche mit dem Geschirr. Die Kellner trugen Tabletts aus der Küche.
Die drei Gangster mit den Teufelsmasken wieselten ungesehen durch die Gänge.
Plötzlich erklang ein entsetzter Schrei!
Finlay Buchanan, Lennox MacAndrew und Aidan Lymond wirbelten wie von der Natter gebissen herum. Zwei livrierte Kellner hatten die Verbrecher entdeckt.
Sie stürzten sich auf sie - furchtlos, zornig, entrüstet.
MacAndrew und Lymond fackelten keine Sekunde. Sie rissen ihre Revolver hoch und drückten ab.
Die beiden Kellner brachen tödlich getroffen zusammen!
„Schnell!“, zischte Finley Buchanan aufgeregt. „Weiter! Wir haben keine Zeit zu verlieren!“
Als die drei roten Teufelsfratzen im Ballsaal erschienen, fiel eine alte Dame in Ohnmacht. Die Musiker produzierten einen jämmerlichen Missakkord, ehe sie zu spielen aufhörten.
Das Lachen verstummte. Ringsherum starrten bleiche, verstörte Gesichter auf die Verbrecher, die mit ihren Waffen die Gäste in Schach hielten.
Der Oberbürgermeister wollte aufbegehren. Doch ein Freund, der es gut mit ihm meinte, hielt ihn davon ab.
Finlay Buchanan war mit vier federnden Sätzen bei Alexander Lebedev. Der Russe starrte ihn mit schreckgeweiteten Augen an. Der Gangster drückte ihm den Lauf seiner Waffe in die Seite und zischte: „Mitkommen, Alexander!“
Lebedev war vom Schreck gelähmt. Deshalb befolgte er den Befehl nicht sogleich. Da packte ihn Buchanan an der Schulter und riss ihn mit sich.
„Keiner spielt den Helden!“, rief Lennox MacAndrew mit verstellter Stimme, während er mit Aidan Lymond den Rückzug deckte. „Und keiner folgt uns, sonst stirbt der Russe.“
Buchanan zerrte den Wissenschaftler durch die Gänge des Hotels.
„Los!“, fauchte er nervös. „Los! Geh schneller, sonst mache ich dir Beine!“
MacAndrew und Lymond bildeten die gefährliche Nachhut. Keiner wagte es, sich vom Fleck zu bewegen. Die ganze geladene Gesellschaft schien mitten im Verlauf von einem Hypnotiseur zum Erstarren gebracht worden zu sein.
Als sie das Hotel verlassen hatten, begannen sie zu rennen. Da sie ihre Finger in Lebedevs Smoking gekrallt hatten, musste er mit ihnen laufen.
Sie erreichten keuchend den schwarzen Mercedes. Gavin Fraser hatte für seine Komplizen bereits die Türen geöffnet.
Sie stießen den Russen in das Fahrzeug. Kaum waren alle Beine im Wagen, da zischte das Gefährt auch schon mit durchdrehenden Reifen ab.
„Alles glattgegangen?“, fragte der Fahrer mit vibrierender Stimme.
„Schau lieber auf die Straße“, sagte Buchanan. „Für Fragen ist jetzt keine Zeit.“
Ich hatte aus der Damentoilette laute Schrei gehört und war unverzüglich zurück in den Ballsaal gestürmt. Als erstes blickte ich in blasse Gesichter. Entsetzen und Angst in allen Augen.
Und dann sah ich die drei Teufelsfratzen, die gerade den Russen aus dem Saal zerrten. Ich zog mich augenblicklich zurück, eilte in den angrenzenden Raum und schlich zur Küche. Ich fühlte mich für den gekidnappten Russen verantwortlich. Mein Auftrag lautete, Alexander Lebedev auf Schritt und Tritt zu überwachen.
Ich schnellte aus der Küche, verließ das Hotel und erreichte den geparkten Cadillac, als die Kidnapper den Russen in den Mercedes stießen und gleich darauf losfuhren.
Während die anderen Gäste sich noch in einer nicht enden wollenden Lähmung befanden, handelte ich bereits.
Ich riss die Wagentür auf und drückte mich in den Sitz. Sofort orgelte der Anlasser auf. Und gleich darauf schoss der schwerfällige Cadillac hinter dem schwarzen Gangsterwagen her.
Finley Buchanan zog die knallrote Teufelsmaske keuchend ab. Sein Haar war zerzaust. Er hatte unter dem Plastikgebilde mächtig geschwitzt.
„Lennox!“, stieß er atemlos hervor. „Aidan!“
„Ja?“, kam es von hinten.
„Stülpt ihm den schwarzen Sack über!“
Aidan Lymond langte nach hinten. Seine Finger erwischten den bereitgelegten Stoffsack. Er nahm ihn an sich, faltete ihn auseinander und zog ihn mit MacAndrews Hilfe dem verstörten Wissenschaftler über den Schädel.
Lebedev protestierte zuerst ängstlich, dann energisch. Da fauchte Buchanan: „Schön ruhig, sonst machen wir's noch böser!“
„Was habt ihr mit mir vor?“, stöhnte der Russe verzweifelt unter dem schwarzen Sack.
„Jeder Mensch muss Geld verdienen!“
Finlay Buchanan strich sich das dunkle Haar aus der Stirn. Er war Rechtsanwalt. Seine Praxis hatte noch keine goldenen Tage erlebt. Er hungerte sich so durchs Leben. Aber er verzichtete deshalb nicht darauf, hin und wieder auf großem Fuß zu leben. Das Geld dafür holte er aus den gewinnbringenden Coups, für die er jederzeit zu haben war.
Er war gebürtiger Schotte. Seine Eltern waren arme Leute gewesen, und sein Bruder war es immer noch. So besehen hatte Buchanan einen „gesellschaftlichen Aufschwung“ geschafft. Aber dieser Aufschwung war nicht hoch genug ausgefallen. Deshalb versuchte er nun ein wenig fester an seinem Karriereverlauf zu drehen.
Abgesehen von seinen etwas zu großen, abstehenden Ohren und der ein bisschen zu kurz geratenen Oberlippe war Buchanan ein attraktiver Mann. Vor allem seine elegante Kleidung hob ihn über den Alltagsdurchschnitt seiner Komplizen