"Sie glauben mir nicht?"
"Ich weiß nicht, was ich davon halten soll. Ich glaube nämlich, dass
jeder Mensch ein wenig Voyeur ist und nicht wegschaut, wenn er so etwas
sieht. Einerlei, ob Männlein oder Weiblein. Nur angesichts der vielen
unappetitlich gemachten Pornofilme gibt es die Alternative, dass man
sich vor den gezeigten Szenen ekelt. Das glaube ich, trifft eher auf
Frauen zu, weil die doch etwas sensibler gestrickt sind. Deshalb war
ich eher auf die Antwort gefasst: Die sind mir zu unappetitlich. Oder:
Ich ekele mich vor solchen Filmen. Vielleicht aber geben Sie auch zu,
dass auch Sie gerne hinschauen, wenn sie einen guten Porno sehen."
"Wie ist es denn bei Ihnen?" wollte sie wissen.
"Ich gebe zu, dass mir ein gut gemachter Pornofilm Spaß macht. Und der
geht auch nicht spurlos an mir vorbei."
"Und weil es bei Ihnen so ist, glauben Sie, dass es bei allen so ist."
"Das ist ja eben der springende Punkt. Ja, ich glaube, dass ein
Pornofilm auf jeden Menschen wirkt. Einerlei, ob Frau oder Mann. Nur
die Pornofilme, die man sich heutzutage in jeder Videothek ausleihen
kann, sind klar auf die Zielgruppe Männer zugeschnitten. Ein Pornofilm
für Frauen muss anders gestaltet werden."
"Und wie?"
"Das weiß ich nicht. Ich kann es bestenfalls ahnen. Nicht umsonst habe
ich Sie ja vorhin gefragt, was es ist, was Sie geil macht."
"Was glauben Sie denn, was es ist, worauf eine Frau anspringt?"
"Ich kann mir vorstellen, dass man die Szenen in eine Handlung packen
muss. Außerdem müssen die Personen glaubwürdig sein. Es stimmt ganz
einfach nicht, dass die Frauen nimmersatte Nymphomaninnen sind, denen
die Männer eigentlich nur einen Gefallen tun, wenn sie sie vögeln. So
nämlich werden sie in den Filmen dargestellt. Dieses Bild entspricht
aber nur den Wunschvorstellungen vieler Männer. Jedenfalls der Männer,
die Freude an den Pornofilmen haben."
"Also Sie?"
"Eben nicht. Ich bin nach wie vor auf der Suche nach einem guten
Pornofilm. Ich kann mir vorstellen, dass ich bei einem gut gemachten
Pornofilm so angeregt werde, dass ich die Wände hochgehe. Aber diesen
gut gemachten Pornofilm gibt es nicht."
"Und wie muss ein Porno gemacht sein, damit Sie ihn gut finden?"
"Das will ich Ihnen genau sagen: Die gezeigten Szenen müssen weitgehend
meinen Phantasien entsprechen. Es dürfen keine Praktiken gezeigt
werden, die mir zuwider sind. Der Film sollte in eine glaubwürdige
Handlung verpackt werden. Der Film muss so gestaltet sein, dass die
sexuelle Erregung der Darsteller auf mich als den Zuschauer
überspringt. Ich muss den Wunsch haben, die Rolle des Darstellers zu
übernehmen."
Sie antwortete nicht, sondern lächelte ihn listig an.
Er stutzte und meinte dann: "Jetzt haben Sie aus mir herausgelockt, was
ich eigentlich von Ihnen wissen wollte. Eigentlich stehen Sie jetzt in
meiner Schuld."
"Das stimmt nicht. Ich habe Ihnen ja schon erklärt, was ich von
Pornofilmen halte. Und Sie haben mir eben erklärt, wie Sie gerne einen
Pornofilm haben würden. Ich würde sagen, wir sind quitt."
"Eigentlich ist ein guter Pornofilm der Film, der die eigenen sexuellen
Phantasien des Betrachters ins Bild setzt." Er sprach mehr zu sich
selbst als zu ihr. Dann aber wandte er sich ihr wieder zu. "Können Sie
sich vorstellen, dass Sie von einem Film erregt werden, der ihre
heimlichen Träume zeigt. Der eine Situation zeigt, von der Sie sagen:
Da möchte ich dabei sein.‘ Oder sogar: Die Frau dort bin ich?'
Vielleicht ist es schon eine Art Identifikation, wenn die Betrachterin
sagt: So macht man das nicht.‘"
Er schaute ihr fragend in die Augen. "Stimmt das?"
"Ich weiß nicht," antwortete sie. "Soweit habe ich darüber noch niemals
nachgedacht."
"Gehen wir doch einfach einmal ins Eingemachte. So manches Mal habe ich
mir schon gesagt. Mein Gott, was macht die mit dem Pimmel?!", wenn ich
gesehen habe, wie manche Frau das beste Stück des Mannes bearbeitet
hat. Ich glaube sogar, dass viele Frauen keine Ahnung haben, wie sie
einen Mann richtig in Fahrt bringen können."
"Und wie, glauben Sie, ist es richtig?"
"Die Sexualität steht auf drei Säulen: Die eine ist das Herz. Vielleicht
sollte man es auch Liebe oder wenigstens Zuneigung nennen. Die zweite
ist die Phantasie. Vielleicht am besten an einem Beispiel zu erklären.
Der Mann wird sexuell erregt, wenn er eine gut gebaute nackte Frau
sieht. Oder wenn er zum Beispiel einen Pornofilm sieht. Die dritte
Säule ist die körperliche Reizung. Also das Reizen der Nerven. An den
erogenen Zonen und an den Geschlechtsteilen."
Er machte eine Pause und schaute ihr in die Augen.
"Stimmen Sie mir zu?" fragte er.
"Bis jetzt stimmt alles, was Sie sagen," antwortete sie. "Und wie geht
es weiter?"
"Der Unterschied zwischen Mann und Frau liegt darin, dass die Gewichtung
auf den verschiedenen Säulen unterschiedlich ist. Der Mann zum Beispiel
kann sexuell aktiv sein, ohne das Herz einzuschalten. Er kann zur Hure
gehen, dort vögeln - das ist in diesem Fall wohl der richtige Ausdruck
- und anschließend die ganze Sache vergessen. Die Frau kann so etwas
nicht. Bei ihr spielt in jedem Fall das Herz mit. Sie kann sich einem
Mann nicht hingeben, ohne dass sie für ihn etwas empfindet."
Er sah sie an und als sie nichts sagte, fragte er: "Richtig?"
"Das dürfte für die meisten Frauen zutreffen," antwortete sie.
"Sehen Sie. Und jetzt kehren wir zurück zu den Filmen. Das Herz ist dort
stets ausgeklammert. Dort wollen die Frauen nur gebumst werden. Sie
wollen einen Schwanz haben. Wem er gehört, ist einerlei. Und das stimmt
eben nicht. So wird es niemals gelingen, einer Frau Spaß an einem