Tilman Janus

Sex-Götter zum Anfassen


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hat er weiterhin jeden Follower gefickt, den er kriegen konnte. Länger als vier Wochen hab ich das nicht ausgehalten.«

      Lukas umarmt mich zärtlich.

      »Zum Glück! Sonst wärst du ja nicht mit mir zusammen!«

      »Ja! Zum Glück!«

      »Dann wird es wohl Zeit fürs Bett!«, meint er, zieht mich vom Stuhl hoch und küsst mich heiß.

      Luca

      Als ich mein Erwachsenenleben begann, hätte ich nie gedacht, dass ich je als Lehrer in einem Internat landen würde. Da ich selbst eine Zeit lang Internatsschüler sein musste, waren mir solche Institute verhasst. Meine Eltern arbeiteten damals für ein Jahr im Ausland und konnten mich nicht mitnehmen. In diesem einen Jahr erlebte ich so viel Zwang, Unfreiheit und Demütigung, dass es an ein Wunder grenzte, dass ich nicht für immer traumatisiert wurde. Es ist schon schwierig, sich als schwuler Junge in einer normalen Schule zu outen. In einem Internat ist man dann aber sieben Tage pro Woche rund um die Uhr dem Mobbing der Mitschüler ausgesetzt. Warum ich so blöd war, mich zu outen? Weil ich Heimlichtuerei von jeher gehasst habe. Außerdem war ich davon ausgegangen, dass Schwulsein längst zum Alltag gehörte. Doch da hatte ich mich geirrt.

      Ich brauchte ein weiteres Jahr, um mich von der Tortur zu erholen. Deshalb studierte ich Kunst nach dem Abitur. Ich wollte maximale Freiheit, wollte weder bei der Arbeit noch im Privatleben jemals wieder drangsaliert werden.

      Leider braucht man zum Leben auch Geld, das hatte ich im zarten Alter von achtzehn übersehen. Da ich nicht genial genug war, um als freier Künstler zu überleben, und sich auch sonst nichts Passendes fand, wurde ich Kunstlehrer, als sogenannter Seiteneinsteiger. Während meines ersten Jobs gewöhnte ich mich sogar an den Schulbetrieb, denn es ist natürlich ein Unterschied, ob man die Schule als Schüler oder als Lehrer erlebt. Die Kolleginnen und Kollegen hatten nichts gegen Schwule. Nur der erzkonservative Direktor sagte mir den Kampf an, obwohl ich mich stets korrekt benahm und Arbeit und Privatleben streng trennte. Darum suchte ich mir zum Schuljahresende einen neuen Job – und fand ihn in einem Musik-Internat. Das ist ein Gymnasium, in dem der Schwerpunkt auf Musikerziehung und Förderung junger Talente liegt. Selbstverständlich werden auch alle anderen Fächer unterrichtet. Ich bekam also die Stelle als Kunstlehrer.

      Das »Musik-Internat Franz Schubert« lag weit draußen in einem idyllischen Naturpark. (Übrigens hatte der Komponist Schubert als Sängerknabe selbst eine Weile lang in einem Internat leben müssen.) Die nächste größere Stadt war mehr als vierzig Kilometer entfernt. Deshalb mussten alle Lehrer im Internatsgebäude wohnen, was mir gar nicht schmeckte. Ich war erst achtundzwanzig Jahre alt und wollte die Abende und Wochenenden in schwulen Clubs oder in den Betten attraktiver junger Männer verbringen. Da ich nicht schlecht aussah, hatte ich auch eine Menge Chancen. Mein braunes Haar passte gut zu meinen braunen Augen, mein ein Meter achtzig großer Body war schlank und gut in Form. Auch mit meinem allzeit bereiten Schwanz konnte ich zufrieden sein. Wie gesagt, ich wollte maximale Freiheit. Ich nahm mir also vor, so bald wie möglich wieder eine neue Stelle zu suchen. Aber erst einmal musste ich in den sauren Apfel beißen und in der Wildnis wohnen.

      Das Internat bestand aus drei alten Villen, die von einem weitläufigen Park umgeben waren. Je eine Villa wurde von Jungen, von Mädchen und vom Lehr- und Hauspersonal bewohnt. Der Unterricht fand in einem lichtdurchfluteten Neubau statt, der direkt an der Zufahrt lag. Dort wurde auch gegessen. Alles machte einen gepflegten Eindruck.

      Wer als Schüler in das Musik-Internat aufgenommen werden wollte, musste eine strenge musikalische Aufnahmeprüfung bestehen. Aber natürlich lernten nicht nur Genies in den Klassen. Immerhin konnten sich die Lehrer intensiv um jeden Gymnasiasten kümmern, denn es gab nur etwa zehn Schüler pro Jahrgang. Das ganze Internat hatte nicht mehr als neunzig Zöglinge, war also recht exklusiv und dementsprechend teuer.

      Meine erste Unterrichtsstunde dort werde ich nie vergessen. Es war ein warmer Septembertag, der erste Schultag nach den Sommerferien. Ich erklärte gerade der fünften Klasse, wie man Wasserfarben so mischt, dass der gewünschte Farbton entsteht. Da wurde die Tür geöffnet, ohne Anklopfen. Ein junger Mann kam herein, der so schön war, dass ich für einen Moment den Atem anhielt. Und ich hatte wirklich schon viel Erfahrung mit Männern. Der Junge war nicht besonders groß, schlank und sehr anmutig. »Anmutig« schien mir das passende Wort zu sein, obwohl es altmodisch klingt. Sein Haar war schwarz wie glänzende Rabenfedern, es fiel ihm glatt in die Stirn, auch im Nacken war es nicht zu kurz. Das fein geschnittene, leicht gebräunte Gesicht wurde von großen, tiefblauen Augen dominiert. Ich bemerkte auch sofort seinen hübschen, frischrosa Mund. Den machte er in diesem Moment auf.

      »Hab meine Noten vergessen«, sagte er lässig, ohne Gruß, ohne Entschuldigung wegen der Störung. Er schlenderte zum Klavier – in jedem Klassenzimmer befand sich so ein Instrument – und wühlte auf dem Klavierdeckel in Notenblättern herum.

      Ich starrte ihn stumm an. Während meine Fünftklässler mit den Wasserfarben herummanschten, sah ich seine harmonische Gestalt von hinten, sein schimmerndes Haar, seinen kleinen, hübsch gewölbten Po. Nie, niemals hatte ich mit einem Schüler eine Beziehung angefangen, das war meine eiserne Regel. Und ich plante nicht, diesen Vorsatz zu ändern. Trotzdem grübelte ich darüber nach, wie alt er wohl sein mochte. Und wie er nackt aussehen würde …

      Endlich hatte er seine Noten gefunden. Er drehte sich so schnell um, dass ich die Augen nicht rechtzeitig abwenden konnte. Er bedachte mich mit einem spöttischen Grinsen, schwebte an mir vorbei wie ein unirdischer Götterbote und verließ das Klassenzimmer.

      So richtig konnte ich mich nicht mehr auf Wasserfarben konzentrieren. Ich ließ die Kleinen malen, wie sie wollten, und wartete sehnsüchtig auf das Mittagessen, das Lehrer und Schüler gemeinsam im großen Speisesaal einnehmen würden.

      Gegen ein Uhr nahm ich am Lehrertisch Platz, der im Speisesaal etwas abseits von den Schülertischen aufgestellt war. Ich zählte vierzehn Kolleginnen und Kollegen. Der freundliche und lockere Umgangston gefiel mir, alle duzten einander, bis auf den Direktor. Aber auch der wirkte sehr entspannt. Als ich beiläufig erwähnte, dass ich schwul sei, zeigte sich niemand verlegen oder abweisend. Das war also gut gelaufen.

      Nach dem ersten Kennenlernen ließ ich meine Blicke durch den Saal schweifen. Ich entdeckte den schönen Jungen mit dem rabenschwarzen Haar sofort. Er aß an einem Tisch mit offensichtlich älteren Schülern.

      »Sitzen die Schüler eigentlich beim Essen wie sie wollen, oder haben alle einen festen Platz?«, erkundigte ich mich bei meinem Nachbarn, dem Deutschlehrer Dr. Rankeburg.

      »Die sitzen so wie in den Klassen«, gab er zurück. »Speisetourismus ist nicht erwünscht. Da mit jedem neuen Schuljahr ein neuer Tisch besetzt wird und ein Abiturjahrgang das Internat verlässt, ergibt sich das auch automatisch. Das da«, er deutete auf den Tisch mit dem Schönen, »ist zum Beispiel seit heute die Abiturklasse. Du weißt sicher schon, Christian, dass wir hier kein Oberstufen-Kurssystem haben, das wäre bei so wenigen Schülern gar nicht durchführbar. Die Schüler mögen auch den festen Klassenverband.«

      Dann musste der wunderschöne Knabe ja bereits achtzehn sein! Er wirkte jünger. Achtzehn! Volljährig! Sexualmündig sozusagen!

      Ich rief mich innerlich zur Ordnung. Nie, niemals etwas mit einem Schüler anfangen … Und überhaupt … Warum sollte ausgerechnet er schwul sein?

      Am nächsten Tag durfte ich in der Abiturklasse unterrichten. Acht Schülerinnen und Schüler hockten an den Tischen und guckten mich erwartungsvoll an.

      »Mein Name ist Christian Grade«, stellte ich mich vor. »Wir werden heute, also immer in der ersten Wochenstunde, über die neuere Kunstgeschichte sprechen. In der zweiten Wochenstunde werden Sie dann selbst künstlerisch tätig sein. Zunächst möchte ich Sie gerne kennenlernen.«

      Die je vier Mädchen und Jungs nannten ihre Namen. Der Schöne mit dem Rabenhaar hieß Luca. Sicherheitshalber hatte ich morgens beim Duschen in meiner bescheidenen Lehrerunterkunft gewichst, damit ich nicht mit einem Ständer in der Hose vor der Klasse stehen würde. Doch ich spürte, dass das kaum half. Lucas Ausstrahlung ging mir sozusagen