Sigrid Kraft

Ardeen – Band 10 | Teil 1


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stolz präsentierte.

      „Hier, sehen Sie. Wie wäre es mit: ‚Lichtzauber als Kunstwerke‘ oder ‚Verschollene magische Schätze‘, dann habe ich noch ‚Gefährliche magische Monster‘, und als Letztes ‚Der Kreis der Magie‘.“

      Eryn fand die dargebotene Auswahl nicht gerade überwältigend, doch er wollte dem Laden auch nicht erfolglos den Rücken kehren, darum entschied er sich für die Schätze und die Monster. Der Händler strahlte über das ganze Gesicht und verkündete:

      „Das macht zusammen 250 Goldstücke. Soll ich Ihnen die Bücher gleich als Geschenk einpacken?“

      Was! „Das ist aber sehr teuer. Da sind ja Artefakte noch günstiger.“

      Nun erklärte der Händler Eryn lang und breit, wie immens schwierig es war, an diese besondere Fachliteratur heranzukommen. Fachliteratur, zu der normalerweise nur Magier Zugang hatten. Am Ende erwarb Eryn das Buch über die Schätze für 80 Goldstücke und verließ verärgert das Geschäft.

      Ich hätte ihn manipulieren sollen. Aber Eryn wusste auch, dass sich gerade die misstrauischen Händler gegen solche Versuche zu schützen wussten und außerdem galt dergleichen als Diebstahl im weiteren Sinne. Eryn wollte kein Aufsehen erregen und schließlich tröstete er sich damit:

      Der Bücherwurm verkauft sicherlich nicht viel und somit war das auch gleich eine gute Tat. Die Götter sehen das mit Wohlwollen. Außerdem sollte ich nicht so kleinlich sein, als Magier kann ich Gold aus der Erde ziehen und selbst Münzen prägen. Tatsächlich hatte Eryn das selbst noch nie ausprobiert, sondern lediglich Prinz Raiden davon reden hören.

      Aber wie sich herausstellte, war diese Art der Bereicherung gar nicht so schwer – wenn man die Schwierigkeit der Zauber betrachtete. Die weitaus größere Arbeit bestand darin, erst einmal ein Goldvorkommen in den Bergen zu entdecken und dann etwas von dem Metall an die Oberfläche zu ziehen. Je tiefer das Gold im Gestein verborgen lag, umso anstrengender wurde das Schürfen und Eryn konnte trotz Aufbietung all seiner Kräfte nur faustgroße Klumpen emporziehen. Allerdings waren zehn solcher Klumpen schon ein Vermögen wert und Eryn kehrte mit seinem Schatz auf die Insel zurück, wo er mit der Münzprägung begann.

      Nach getaner Arbeit ruhte sein Blick auf der prall gefüllten Holzkiste. Die Münzen hatten unterschiedliche Prägungen, die er mithilfe eines abgewandelten Kopierzaubers und seines restlichen Münzvorrats bewerkstelligt hatte. Warum habe ich mich früher mit einem kläglichen Gehalt zufriedengegeben, wenn ich hierzu imstande bin?

      Die Antwort war einfach. Weil er meine Arbeitskraft so oder so ausgebeutet hätte und das Gehalt war nur dazu da, mich nicht schlechter zu stellen als die andern. Aber wenn er gewusst hätte, dass ich mein eigenes Geld herstellen kann, dann hätte er mein Gehalt umgehend gestrichen und voller Überzeugung behauptet, dass ein wahrer Magier mit Wissen bezahlt wird und ich deswegen aus reiner Dankbarkeit für ihn arbeiten müsse.

      Die finanzielle Unabhängigkeit bescherte Eryn ganz legal ein paar weitere Bücher, die allerdings bestenfalls mittleres Magierwissen enthielten. Die Lektüre konnte ihm bei seinen schwierigen Problemen kaum weiterhelfen und er trat mit seinen Forschungen auf der Stelle. Nach mehreren Stunden vergeblichen Brütens sprang Eryn auf und verkündete:

      „Mir langt es für heute!“ Sein Weg führte ihn zunächst in die Küche und als er gestärkt zurückkam, griff er nach dem Buch über die Schätze. Das hatte sich als Ansammlung netter kleiner Geschichten herausgestellt, denen Eryn zwar keinen großen Wahrheitsgehalt zubilligte, die sich aber unterhaltsam lesen ließen und somit für etwas Zerstreuung sorgten. Da wurde von einem Füllhorn des fließenden Goldes berichtet, welches in die Hände eines armen, jungen Mannes fiel, der somit unerwartet zu großem Reichtum kam. Natürlich tat er mit dem Gold nur Gutes und die Götter belohnten ihn dafür. Er heiratete eine wunderschöne Prinzessin und wurde König des Landes.

      Prinz Raiden musste eine widerliche Zicke heiraten und wollte nie König eines Landes sein. So haben ihn die Götter wohl für seine Missetaten bestraft, weil er den armen Eryn oftmals schlecht behandelt hat. Obwohl Eryn sich vorgenommen hatte, einen Schlussstrich unter sein altes Leben zu ziehen, ließen ihn die Geister der Vergangenheit nicht so schnell los. Vielleicht wäre es deutlich besser gewesen, wenn er sich in der Gesellschaft anderer Menschen befunden hätte. Doch er wagte es nur große, fremde Städte aufzusuchen, wenn er dringend etwas einkaufen musste. Auch suchte er vorsichtshalber dasselbe Geschäft nie zweimal auf.

      Eryn las die nächste Geschichte über einen Magier, der durch die Erschaffung des perfekten Golems berühmt geworden war. Sein wahrer Name war in Vergessenheit geraten und er wurde nur mehr ‚der Mechaniker‘ genannt. Das Buch wusste zu berichten, dass der Mechaniker sich in Wahrheit eine Gefährtin erschaffen wollte. Doch im Prozess des Entstehens kamen ihm immer neue Gedanken, was sein Golem alles können sollte. Putzen und Aufräumen standen an erster Stelle, denn schließlich hatte der Mechaniker für solch langweilige Dinge weder Zeit noch Lust. Darüber hinaus sollte der Golem kochen können und ihm stets Speisen und Getränke aufwarten, wenn es ihn danach verlangte. Natürlich sollte das Wesen auch nach seiner Erschaffung in der Lage sein, etwas dazuzulernen ... allerdings keine schlechten Dinge. Dabei sollte es stets heiter und höflich sein und sich anmutig wie eine Tänzerin bewegen. Der Mechaniker arbeitete viele Jahre an diesem Golem und als er ihn endlich fertiggestellt hatte, musste er erkennen, dass er sich von seinem ursprünglichen Ziel ziemlich entfernt hatte. Denn der Golem war nicht die perfekte Frau geworden, sondern der perfekte Helfer. Deswegen war der Mechaniker jedoch keineswegs traurig, denn er hatte dieses kleine Helferlein bereits sehr in sein Herz geschlossen, und er sagte sich:

      „Was brauche ich noch eine Gefährtin, wenn ich doch mein perfektes Helferlein habe?“

      Ein intelligenter Golem, also das möchte ich sehen. Oder hat diese Geschichte vielleicht einen moralischen Wert? Den verstehe ich allerdings auch nicht wirklich. Warum kann der Mechaniker nicht ein Helferlein und eine Gefährtin haben?

      Das nächste Kapitel handelte von einem verzauberten Schwert. Geschichten über verzauberte Waffen gab es in dem Buch viele und darüber hinaus noch eine Auflistung von verzauberten Gegenständen, die es einst gegeben haben soll. Eryn fand darunter sogar Dobrix’ Schwert und erinnerte sich, wie er mit Ravenor zusammen nach diesem Artefakt gesucht hatte. Der Erfolg ihrer Bemühungen förderte aber letztendlich nur eine total verrostete und lediglich schwach magische Klinge zutage.

      Trotzdem war es ein aufregendes Abenteuer – weil schließlich alles gut ausgegangen ist. Solch eine Schatzsuche ist schon spannend, vor allem, wenn man etwas findet. Und Eryn spielte schon mit dem Gedanken, sich auf die Suche nach einem dieser wertvollen Artefakte aus dem Buch zu machen. Es war mehr eine Träumerei als eine feste Absicht, da ihm die Aussichtslosigkeit dieses Unterfangens durchaus bewusst war. Aber noch jemand anderes hatte eine Meinung zu diesem Thema und meldete sich jetzt zu Wort:

      „Lächerlich, tausende von fähigen Magiern haben sich schon auf die Suche nach verschollenen Artefakten begeben und keines davon wurde jemals wiedergefunden. Wieso glaubst du, Nurin, dass gerade du derjenige sein wirst, dem die Götter des Schicksals Glück bescheren? Nur unwahrscheinliches Glück alleine kann dich zum Erfolg führen, denn wissenschaftliche Überlegungen werden es mit Sicherheit nicht sein. Pha, Eryn, der Schatzsucher.“

      Eryn sah auf und der verhasste Ador stand direkt neben dem offenen Kamin.

      „Lange nicht gesehen, Illusionsesel. Hältst du mich wieder einmal für einen Idioten, der nichts kann. Diese Meinung teilst du übrigens auch mit Meister Raiden. Dabei frage ich mich, woher dann das brennende Interesse an meiner Person kommt, und was sind das eigentlich für Leute, die sich gerne mit Idioten umgeben.“ Dieser Ador aus Eryns Unterbewusstsein hatte seinen Schrecken schon lange verloren und bot jetzt zumindest die Möglichkeit für ein Gespräch.

      „Und auch da liegst du falsch. Ich umgebe mich mit niemanden, da ich mir selbst genug bin. Außerdem, als Hybrid zählst du nicht zu den Personen, sondern bist lediglich ein Objekt. Ein Objekt der Forschung – und hier gilt es immer noch, meine Theorie zu beweisen“, argumentierte der illusorische Ador leicht verärgert.

      „So, so, da wirst du dich wohl auch auf die Hilfe der Glücksgötter verlassen