Sigrid Kraft

Ardeen – Band 10 | Teil 1


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so gerne verlassen hätte.

      Ich bin gefangen, stellte Eryn ernüchtert fest, während Tiundor sein Sprüchlein aufsagte. Die beständige Selbstdarstellung ging Eryn mittlerweile dermaßen auf die Nerven, dass er sie mit einem simplen Ausblendungszauber ausschließen wollte. Doch statt der erwünschten Ruhe verdoppelte sich Tiundor daraufhin. Die zweite Version des Meisters setzte mit ihrem Sprüchlein ein, noch bevor die erste ihren Satz beendet hatte.

      Bei den Göttern, dieser Tiundor ist wirklich ein Arsch. Aber man kann ihm nicht vorwerfen, dass er mich nicht gewarnt hätte. Er versetzt sich in die Denkweise eines gewöhnlichen Magiers hinein und stellt uns dann Fallen. Deswegen muss ich mich von jetzt an vor jedem weiteren Standardvorgehen hüten. Und warum zum Teufel kann ich seine verfluchten Zauber nicht sehen? Niemand beantwortete ihm seine Frage und von selbst kam er auch nicht dahinter. In der darauffolgenden Stunde probierte er alles Mögliche aus, um der Falle zu entkommen. Schließlich trat er mit voller Wucht und ganz unmagisch gegen die Wand. Aber auch das bewirkte nichts.

      Natürlich, hätte ich mir denken können. Dieser Käfig ist so vollgestopft mit Magie und doch kann ich kein bisschen davon scannen. Wie macht der elende Sack das?

      „Ich, der große Meister Tiundor!“

      Ach halt doch die Klappe! Langsam glaube ich, es wäre besser gewesen, ich hätte mich auf das Bett gelegt. Die Stachelfalle hätte mein Leid zumindest schnell beendet. Nun sitze ich hier fest und werde irgendwann verhungern und verdursten. Nahrung hersammeln ist hier drinnen ebenfalls Fehlanzeige, das habe ich auch schon probiert. Oder ist dieser Käfig so gut versiegelt, dass mir vorher die Luft ausgeht? Diese Vorstellung war beklemmend, aber so schnell wollte er noch nicht aufgeben. Denk nach, Eryn. Vielleicht helfen mir die Artefakte, die ich heute eingesammelt habe. Er leerte seine Tasche und legte die Beute fein säuberlich nebeneinander auf dem Boden aus. Da er die Halskette schon untersucht hatte und er den Spiegel für eine absurde Spielerei hielt, richtete er sein Augenmerk zunächst auf die Ringe. Der goldene mit dem großen grünen Smaragd war ein starker Heilring. Die anderen zwei waren aus Silber und rundum mit kleinen Edelsteinen besetzt. Der eine mit Diamanten und der andere mit Rubinen. Das deutete auf Schild- und Abschirmungszauber hin.

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      Vielleicht bewirken die Artefakte eine Störung des Feldes. Eryn schob sich die silbernen Ringe auf den Zeigefinger und aktivierte sie. Doch die Magie entfesselte einen dritten Tiundor und Eryn fluchte ungehalten. Wenn das so weitergeht, dann wird es hier drinnen bald eng.

      Er griff nach dem Spiegel. Ob der aus diesem hässlichen Magier eine Schönheit macht, oder verdoppelt der Knilch sich dann gleich wieder? Eryn hatte noch nicht einmal das Spiegelbild Tiundors eingefangen, als er stutzig wurde.

      Was ist das? Primitive Holzbretter. Eryn änderte den Winkel des Spiegels ein wenig, doch auch die andere Wand schien aus unbehandeltem Holz zu bestehen. Kurz hob er seinen Blick und senkte ihn dann wieder. Dieselbe Holzverkleidung? Und ich dachte, dieses Ding würde nur wahllos Illusionen erzeugen.

      Nun hielt er sich den Spiegel vor das Gesicht und ein nachdenklicher Eryn mit roten Haaren sah ihm entgegen. Doch die Holzwand hinter ihm fesselte sein Interesse weitaus mehr. Denn dort konnte man nun einen gespiegelten Schriftzug erkennen.

      „Falle 4 – Seitenwand 2“, entzifferte Eryn und langsam ergab die Sache einen Sinn. Dieser Spiegel ist nützlicher, als ich dachte. Er verwandelt die Realität in Trugbilder, doch fremde Illusionszauber zerstört er. Die Magie geht immer zwei Wege. Ein weiser Spruch aus meiner Magiergrundausbildung. Nun fing Eryn die Illusionen Tiundors ein und, wie er erwartet hatte, sah er im Spiegel keine Gestalt, sondern lediglich die primitive Bretterwand dahinter.

      Ein klares, unmagisches Bild der Realität ... Und wie ist das nun mit einem Scan? Diesmal wurde er nicht enttäuscht und der Spiegel enthüllte, wonach er die ganze Zeit gesucht hatte. Hier flossen sie, die Kräfte der Magie. In kunstvoller Weise verwoben und versiegelt, sodass sie nicht aufgebrochen werden konnten.

      Jeder Zauber hat einen Abschlusspunkt. Eine weitere Magierweisheit und obendrein eine, die mich hier herausbringen kann.

      Voller Eifer sah sich Eryn den Raum durch den Spiegel an und nun enthüllte sich ihm auch der Mechanismus der Falle. Ein simpler eiserner Haken an der Decke, welcher das Gitter gehalten hatte, und den unmagischen Auslösemechanismus der Falle direkt unter dem Kopfkissen. Das Fallgitter hatte das wackelige Bett beim Aufprall teilweise zerschlagen, obwohl die Illusion weiterhin eine heile Welt vorgaukelte.

      Überhaupt war das Bettgestell sehr dürftig zusammengezimmert und einzig Kissen und Decke schienen ihr wahres Erscheinungsbild gezeigt zu haben.

      Ein guter Handwerker war dieser Magier nicht. Da habe ich schon weitaus bessere Möbel gebaut. Doch die zerbrochenen Bretter der Pritsche gaben noch etwas anderes preis. Denn unter ihnen konnte Eryn das erkennen, wonach er bisher vergeblich gesucht hatte: einen magischen Wirbel. Eryn grinste breit.

      Natürlich, unter dem Bett. Wo auch sonst? Das ist doch das Versteck Nummer eins. Nur wie komme ich da jetzt ran? Negation war die Lösung und genau so, wie er zuvor die Zacken des Gitters zerstört hatte, vergrößerte er nun auch das Loch im Bett. Er arbeitete über das Spiegelbild im Handspiegel, bis der Farbwirbel gut sichtbar vor ihm lag. Wand und Boden hingegen waren gegen jegliche Negationszauber geschützt, was Eryns Fluchtversuch schon zuvor vereitelt hatte. Aber wenn man einmal den Abschlusspunkt der Magie gefunden hatte, dann eröffneten sich andere Möglichkeiten und nun konnte nicht einmal mehr der große Meister Tiundor Eryn aufhalten.

      Vermutlich hängt das ganze Gebilde an dieser seltsamen Säule und der Fels ist mit der Kammer verbunden. Ich darf nicht vergessen, dass ich mich in ein paar Metern Höhe befinde und wenn der Zauber kollabiert, dann heißt das: Ganz schnell Luftkissen raus und Schilde hoch.

      Seine Magie bohrte sich in den Wirbel und brach die Struktur auf. Dann wurde der Zauber instabil und löste sich anschließend rasend schnell auf. Eryns Vorsichtsmaßnahmen waren berechtigt, denn ohne die permanente Magie galten wieder die Gesetze der unmagischen Welt. Genau in dem Augenblick, da die Holzkiste auch für Unmagische sichtbar wurde, begann sie zu fallen. Sie krachte zunächst auf die Spitze des Monuments und ein paar Bohlen brachen, dann kippte alles zur Seite weg und stürzte die restlichen Meter hinab. Am Boden zerbarsten die Bretter und Eryn wurde in seiner Schutzblase herumgeschleudert. Als finaler Akt krachte das Stachelgitter gleich neben ihm auf den harten Felsboden und kippte dann seitlich in Richtung Eryn. Doch geballte Energien schirmten den jungen Magier ab.

      Du hattest deine Chance, Unding, und jetzt hau ab. Ohne die Schutzzauber Tiundors war das Gitter nichts weiter als ein unförmiges schweres Eisenteil und Eryn schleuderte die Reste der Falle magisch beiseite. Dann sammelte er alles noch Brauchbare ein, bevor er den Ort mit der gemeinen Falle verließ. Diese Schatzsuche hatte ihm so zumindest ein paar kostbare Bücher beschert.

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