punktuell, sondern nur vage. Ein Ort, den die blaue Magie des Wassers prägte, vermengt mit ein wenig Grau für Felsgestein und natürlich war etwas Weiß für die Luft an der Oberfläche notwendig. Schließlich wollte er nicht auf dem Grund des Meeres herauskommen, sondern eben auf einer Insel. Die Magie brachte ihn scheinbar wahllos an einen Ort und Eryn tastete sich an die Grenzlinie zur realen Welt heran. Vor ihm erstreckte sich eine zerklüftete Felslandschaft. Als er das Tor verließ, schlug ihm ein eisiger Wind entgegen und riss heftig an seinen Haaren und der dünnen Kleidung.
Ein unwirtlicher Ort, urteilte Eryn, bevor er dann das missliche Wetter mit einem Schild aussperrte. Der karge Fels hatte nichts von einem gemütlichen Heim, doch darum ging es ja auch nicht.
Einsam und verlassen, bestätigte sich Eryn beherzt in seiner Entscheidung und ließ dann ein Auge aufsteigen, um zu prüfen, ob dem auch wirklich so war. Ein paar Seevögel nisteten in den Felsspalten, ansonsten gab es keine Anzeichen von Leben auf der Insel. Doch als Eryn sein Auge in die Ferne schweifen ließ, entdeckte er Land. Eine dunkle, unregelmäßige Linie, die sich von Nord nach Süd zog und direkt in Richtung seines Spähauges erhob sich ein Turm in den Himmel. Aus der Entfernung war er nicht größer als ein schmaler Finger, dennoch war das Gebäude unverkennbar ein Turm und Eryn wusste sofort, wo er gerade war. Draegnok. Diese hässliche Insel liegt direkt vor Meister Savyens eigener Haustür. Eryn empfand keinerlei Bedauern, als er den Felsen wieder verließ und in die Wege zurückkehrte.
Wasser ist zwar eng mit dem Kreis Blau verbunden, doch es ist nicht dasselbe. Wasser ist ein Element und der Kreis Blau ein magischer Fluss. Draegnok liegt nicht von ungefähr in solch einem Gebiet.
Sein Hang zur Wissenschaft ließ ihn die Dinge derart analysieren. Dann wählte er deutlich weniger von der blauen Magie und fügte stattdessen noch etwas Orange für Wärme hinzu.
Das brachte ihn zu einem anderen kargen Felsen von rundlicher Form. Keine fünfzig Meter im Durchmesser und an seiner höchsten Stelle mochte er gerade mal an die Zehnmetermarke heranreichen. Hier war es genauso windig, jedoch nicht ganz so beißend kalt und auch das Spähauge konnte nichts und niemanden in der näheren Umgebung ausfindig machen.
Zufrieden nickte Eryn und beschloss, genau hier einen Neuanfang zu wagen.
„Mein neues Heim, hier soll es sein“, scherzte er. Er hatte keine genaue Einschätzung darüber, wie viel Zeit ihn die Suche gekostet hatte, doch mit Schrecken wurde ihm bewusst, dass er noch viel zu erledigen hatte, bevor die Wirkung des Rauschkrautes wiederkehrte und seinen Geist hoffnungslos benebeln würde.
Wenn man sich ranhielt, konnte man wirklich viel in kurzer Zeit erledigen und das tat Eryn. Nun gab es in der Felsnase auf mittlerer Höhe einen Raum mit einem Ausgang nach draußen und einem Fenster, welches natürliches Licht hereinließ. Nun, Fenster klang ein wenig übertrieben für das Guckloch mit der groben Scheibe davor, die das Licht bräunlich färbte und die Außenwelt lediglich schemenhaft erkennen ließ. Eryn hatte sie aus einem Kristall geschnitten, weil ihm die Herstellung von Glas nicht bekannt war und er konnte hier auch kaum etwas magisch einsammeln. Das war nämlich sonst die bevorzugte Methode der Magier etwas Neues zu erschaffen. Man stahl die Substanz von schon vorhandenen Gegenständen und kopierte dann das Muster. Aber da es hier nichts gab, stieß diese Methode rasch an ihre Grenzen und die Einrichtung der neuen Wohnung war äußerst primitiv. Links vom Eingang gab es drei Steinbecken. Das erste enthielt Trinkwasser, das mittlere war mit Salzwasser gefüllt und ein paar Fische schwammen darin. Das dritte enthielt einen Vorrat an gebratenem und getrocknetem Fisch und Eryn befürchtete, dass ihm dieses Nahrungsmittel schon bald zum Hals heraushängen würde. Fische, Muscheln und Seegras, mehr hatte er in der Eile nicht gefunden. Einen guten Teil des Seegrases hatte er getrocknet und in seinem Lager erst einmal gehortet. Vielleicht konnte es später daraus Matten oder andere brauchbare Dinge flechten. Doch während er seine Wohnstätte erschuf, hatte er für solche Spielereien keine Zeit. Nun lag also ein beträchtlicher Haufen auf der rechten Seite der Höhle, während sich in der Mitte des Raumes ein Steintisch mit einem Steinblock als Sitzgelegenheit befand. Der war nun mit Blechgeschirr und einfachstem Werkzeug vollgestellt. Denn zum Glück war das Felsgestein reich an Eisen. An der Wand gegenüber von Eingang und Fenster stand Eryns neues Bett. Eine rechteckige Aussparung, die er mit etwas Sand aus der Aushöhlung seiner Wohnstatt gefüllt hatte. Der Rest davon war ins Meer gewandert. Auf diesem Sandlager saß Eryn nun schweißgebadet und zitterte leicht. Er war total erschöpft und leichte Kopfschmerzen kündigten bereits das Verblassen von Meister Savyens Unterdrückungszauber an.
Eryn schloss kurz die Augen und stöhnte leise. Nicht mehr lange und die Hölle beginnt.
Es würde eine Zeit voller Schmerzen und Leiden werden, doch noch etwas anderes machte ihm dabei Sorgen. Wenn ich nicht mehr klar denken kann, kann ich dann trotzdem noch Magie wirken? Und dann entfaltete sich in seiner Fantasie ein ganzes Horrorszenario, wie ihm gerade die Magie großen Schaden zufügen könnte. Die Vorstellungen reichten von einem unbeabsichtigten Verraten seines Verstecks bis hin zu einem verpatzten Zauber, der ihn das Leben kostete.
Und selbst ohne Magie könnte ich mich von dieser Klippe stürzen und im Meer ertrinken. Die Kopfschmerzen wurden stärker und machten ein klares Denken immer schwerer. Am liebsten hätte er sich einfach hingelegt und versucht zu schlafen. Doch ihm war durchaus bewusst, wenn er noch etwas vorbereiten wollte, dann musste er es jetzt tun.
Ein Magieblocker, und ich kette mich an die Wand. Das sollte das Schlimmste verhindern. Seine Gedanken flossen bereits wie zäher Brei dahin und er brauchte zwei Anläufe, bevor er einen brauchbaren Magieblocker hergestellt hatte.
Den Reif hatte er mit einer Kette verbunden. Diese war in der Wand verankert und lang genug, damit er sich im ganzen Raum frei bewegen konnte. Mit einer gewissen Abscheu betrachtete er den Reif.
Es ist entwürdigend, aber notwendig, urteilte er und entschied dann: Ich lege ihn um den Fuß. Bei den Göttern, diese Kopfschmerzen bringen mich um. Ich bin so ausgelaugt. Er schloss seine Augen und fühlte, wie ihn die Erschöpfung zu übermannen drohte. Doch dann riss er sich zusammen. Ich kann mich noch nicht ausruhen. Ich muss den Reif anlegen. Ob es schlimmer wird, wenn meine Magie versiegt ist? Aber mit Magie ist es einfach zu gefährlich. Dann wirkte er noch einen letzten Dehnungszauber und schob den vergrößerten Reif schnell über seinen Fuß. Die Magie versiegte schlagartig, während sich der Reif um seinen Knöchel wieder zusammenzog.
Selbst eingesperrt, dachte er dümmlich und legte sich anschließend auf sein Sandbett. Noch war ihm angenehm warm, denn mit Magie hatte er den Raum aufgewärmt. Aber er hatte vergessen, diese Magie zu entkoppeln und so erstarb die Wärmequelle in dem Moment, in dem auch seine Adern versiegten. Eryn war das im Augenblick egal. Er war so müde, dass er fast augenblicklich in den Schlaf hinüberglitt. Aber erholsam war dieser Schlaf nicht. Unruhig wälzte er sich hin und her, während ihn wirre Träume heimsuchten und die permanenten Kopfschmerzen ihm eine entspannte Erholung versagten. Schließlich weckten ihn diese miserablen Schmerzen zusammen mit einer grausamen Übelkeit auf. Es musste tiefste Nacht sein, denn im Raum war es stockdunkel. Eryn wälzte sich auf die Seite, um aufzustehen. Doch der Versuch verschlimmerte seinen Zustand noch weiter und anstatt auf die Beine zu kommen, fiel er zurück auf die Knie und erbrach sich. Einmal, zweimal und obwohl nun nichts mehr in seinem Magen war, hörte der Würgereiz nicht auf. Seine Hände krallten sich in das gehortete Seegras und er war sich dessen nicht einmal bewusst.
Ich brauche den Trank. Bei den Göttern, ist mir schlecht. Gebt mir das Kraut. Aber niemand erhörte sein Flehen und schließlich beruhigte sich sein Magen wieder, während er sich unglaublich schwach fühlte und am ganzen Körper zitterte. Er sehnte sich nach Wärme und Geborgenheit und nach dem wohligen Trunk aus Rauschkraut. Aber er hatte nichts von alledem. Es war inzwischen ganz schön frisch in seinem neuen Refugium geworden und der Gestank seiner eigenen Kotze stieg ihm ekelerregend in die Nase. Auf allen vieren kroch er von dem widerlichen Geruch weg. Seine linke Hand griff versehentlich in das glitschige warme Nass am Boden, während seine andere den Haufen Seegras ertastete. Er grub sich in den Haufen Tang ein, denn sein trügerisches Hirn versprach ihm Wärme unter der Schicht trockener Pflanzen. Die sperrigen Blätter halfen nicht viel gegen die Kälte der Nacht, doch der intensive Geruch des Tangs überlagerte zumindest den anderen Gestank. Sein Kopf schmerzte nun nicht mehr ganz so stark,