Hans Max Freiherr von Aufseß

Tagebuch aus der Okkupationszeit der britischen Kanalinseln


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in der Süddeutschen Zeitung. Dort heißt es bewundernd im Titel nur: »Eine Stimme Frankens«.158

       Hans Max von und zu Aufseß im Spiegel der Tagebücher

      Tagebücher können damit nicht ›naiv‹ als direkte Zugänge zu geschilderten Ereignissen gelesen werden. Vielmehr besteht ihr eigentlicher Quellenwert darin, dass sie Einblicke in zwei Aspekte erlauben, die jenseits von historischer Faktizität auf einer Metaebene liegen. Zum einen ermöglichen sie in begrenztem Maß Aussagen über die Wahrnehmung von Ereignissen durch den Tagebuchschreiber, zum anderen zeigen sie aber stärker noch, dass dieser Ereignisse erinnernd so gestaltet, wie er sie auch später noch rezipiert wissen möchte. Dieser bewusste oder unbewusste Wunsch nach Steuerung einer späteren Rezeption von Ereignissen, Gefühlen, Gesprächen kann sich an das in der Zukunft liegende Ich des Schreibers, aber eben durchaus auch an spätere weitere Leser wenden.

      Die Tagebücher des Hans von Aufseß sind so nicht primär Quelle für die Ereignisse auf den Inseln. Diese Ereignisse ließen sich durch andere Quellen – Akten, dienstliche Briefe, Verordnungen, Verwaltungsakte – deutlich besser rekonstruieren. Die Tagebücher können in Einzelfällen bei bestimmten Ereignissen als Referenz oder zum Abgleich hinzugezogen werden, sie selbst erzählen aber nichts Ereignisgeschichtliches, das nicht durch andere Dokumente besser belegt wäre. Sie geben aber in begrenztem Umfang Bericht von der Sicht des Freiherrn auf die Besatzung und auf seine deutschen Kameraden. Sie legen ebenfalls begrenzt Zeugnis ab von seinen Interessen, Taten, Gedanken und Gefühlen. Sie zeigen bei oberflächlicher Betrachtung in gewisser Weise auch das zuweilen wenig gedankenvolle, dafür aber den schönen Seiten zugewandte Leben eines adeligen ›Dandys‹ und Flaneurs auf einer britischen Ferieninsel.

      Am meisten verraten die Tagebücher aber zwischen den Zeilen darüber, wie sich Hans Max von Aufseß an die Zeit auf den Kanalinseln später erinnern wollte. Dass die Tagebücher im Hinblick auf eine 1943 bereits absehbare Kriegsniederlage einer apologetischen Stilisierung vor späteren Anklägern dienen sollten, ist denkbar. Sollte dies nicht schon 1943 im Blick des Freiherrn gelegen haben, wie Joe Mière vermutet, so doch spätestens 1985, als es ihm nach jahrelangem Bemühen gelingt, sie – wenigstens auf Englisch und in Großbritannien – veröffentlichen zu lassen. 1985 muss sich von Aufseß keinen juristischen Klägern mehr stellen, sein Bild von der Zeit auf den Inseln möchte er aber dennoch beeinflussen. Die zunächst unkritische Rezeption des Freiherrn und seiner Rolle auf den Kanalinseln zeigt, dass diese Stilisierung gelungen ist. Dieser Erfolg bedeutet keineswegs, dass alles im Tagebuch des Freiherrn Erzählte erfunden ist und er sich seinen guten Ruf nicht in Teilen verdient hätte. Für die Begründung seiner Reputation als ›guter Deutscher‹ kann nur bedauerlicherweise nicht das Tagebuch als Quelle dienen. Aus subjektiven Zeugnissen lassen sich kaum objektive historische Urteile herleiten.

      Das Bild, das Hans Max von Aufseß in den Tagebüchern abgibt, ist von mehreren deutlich erkennbaren Tendenzen geprägt.