Robert Wagner

Die Grump-Affäre


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ging zum bereitgestellten Buffet und nahm sich einen Hamburger vom silbern glänzenden Tablett. Während er aß, musste er schmunzeln: Ob die ominöse Organisation auch wusste, dass er sein berühmtes Buch gar nicht selbst geschrieben hatte? Er war gespannt, auf welche Fehltritte aus seiner Vergangenheit Steve das nächste Mal zu sprechen kommen würde. Sie konnten unmöglich alles über ihn wissen.

      Riskantes Unterfangen

      Am nächsten Morgen saßen die drei Männer bereits um sieben Uhr gemeinsam am Küchentisch und frühstückten. Es gab Espresso aus der kleinen Bialetti und gefüllte Brioches. Keiner sprach ein Wort, jeder hing seinen Gedanken nach. Was der Tag wohl bringen würde?

      Für Toni und Marco stellte das Ausspionieren von Menschen sowohl in ethischer als auch in praktischer Hinsicht kein Problem dar. Offenbar hatten beide so etwas schon häufiger getan. Johns Zuversicht stieg, gleichzeitig machte er sich Sorgen, als Laie grundlegende Fehler zu begehen.

      „Brauche ich irgendwelche spezielle Ausrüstung, oder muss ich auf bestimmte Dinge achtgeben?“, durchbrach er die Stille.

      „Nun, es wäre gut, wenn man dich nicht sehen würde. Besser noch, wenn man dich nicht erwischte“, sagte Toni lachend.

      „Nein, John, bleibe unauffällig und beobachte nur, ob die Zielperson sich so verhält, wie in dem FBI-Bericht geschrieben steht. Wir wollen auf Nummer sicher gehen, das ist alles. Notiere dir die wichtigsten Zeiten, wie Ankunft und Abfahrt, und wenn möglich mache ein paar Fotos mit deinem Handy, damit wir unbekannte Leute noch identifizieren können, vielleicht hat er ja seine Sicherheit erhöht. Wir treffen uns dann spätestens heute Abend wieder hier. Ich mache eine vorzügliche Pasta mit Thunfisch und Kapern, und wir bringen uns auf den neuesten Stand. Das Ziel von heute ist lediglich eine Überprüfung der Angaben aus dem FBI-Bericht. Hält sich Belaqua an den Zeitplan, oder haben wir mit massiven Abweichungen zu rechnen?“

      Als die Männer das Haus verließen, bemerkte keiner von ihnen das zivile Polizeifahrzeug auf der anderen Straßenseite.

      John fuhr mit dem Taxi zum Golfplatz. Der Weg über die Washington Bridge, vorbei am Crotona Park über den Westchester Creek war eine angenehme Gelegenheit, über die nächsten Schritte nachzudenken. Er beschloss, sich im Clubhaus an die Bar zu setzen und auf die Ankunft seiner Zielperson zu warten. Johns Plan war, Belaqua in einem Golf-Cart zu folgen und möglichst wie ein Golfspieler zu wirken, der sich die Anlage vor dem ersten Abschlag genau anschaut. Während der Fahrt überprüfte er erneut, ob das Handy ausreichend geladen war und ob er etwas zu schreiben dabeihatte. Alles war vorbereitet, die erste Überwachung seines Lebens konnte beginnen.

      John stieg aus dem Taxi, überlegte kurz, ob er in das Restaurant Waterfront gehen sollte oder doch direkt ins Clubhaus. Am Ende entschied er sich, mit einem Blick auf die Uhr, hier auf dem Parkplatz zu warten. Er bestellte für 13:45 Uhr online ein Golf-Cart.

      Fünf Minuten nach halb eins fuhr ein Cadillac Escalade vor dem Clubhaus vor.

      Tatsächlich stiegen der Mafiaboss und zwei Bodyguards aus dem SUV. John folgte den drei Männern ins Clubhaus und ging an die Bar, um die Beobachtung unentdeckt fortsetzen zu können. Er bestellte sich ein Bier und schlenderte auf die Terrasse, um auf die Abfahrt des Flight zu warten. Er wollte die Verfolgung erst aufnehmen, wenn die Männer mindestens an Loch zwei angekommen waren. John musste nicht lange warten, und Belaqua und ein weiterer ihm unbekannter Mann stiegen in ein Golf-Cart. Die beiden hatten sich im Clubhaus getroffen, in einem Bereich, der nur für Mitglieder reserviert war.

      Sofort machte John einige Aufnahmen mit seinem Handy, wobei er versuchte, möglichst nahe an das Gesicht des unbekannten Mannes heranzuzoomen. Ein Basecap und der schlechte Winkel verhinderten Fotos, die zur Identifizierung hätten benutzt werden können. Die beiden Bodyguards stiegen in ein eigenes Cart. Belaqua fuhr mit dem Fremden an Bord los, und der ganze Tross setzte sich in Bewegung. Zu seiner Überraschung startete ein weiteres Golf-Cart, besetzt mit zwei Männern im Anzug, das den beiden ersten folgte. Aufgrund der Statur vermutete John ebenfalls Bodyguards. Drei Carts für zwei Golfer, viel Schutz für einen Mafiapaten. Sie wirkten wie Fremdkörper. Alle Spieler und Gäste liefen in weißer oder bunter Spielkleidung von Loch zu Loch. Bei den Männern in dunklen Anzügen war schnell klar, dass sie nicht des Golfes wegen hier waren. Sie bewachten Belaqua und seinen Begleiter.

      John wartete noch ein wenig ab, er wollte keinen Verdacht erregen. Mit einer Zeitverzögerung von fünf Minuten fuhr er mit seinem Golf-Cart der Fahrzeugkolonne hinterher.

      An Loch drei hatte er endlich Blickkontakt zu Belaqua und seinen Beschützern herstellen können. John blieb mindestens 50 Meter entfernt und wünschte sich, ein anderes Handy mit besserer Kamera gekauft zu haben.

      Der Versuch, Fotos zu machen, endete immer wieder mit verwackelten Bildern des fremden Mannes, die allesamt unscharf waren. Dabei möglichst nicht aufzufallen, war wesentlich schwerer, als er es sich vorgestellt hatte. Mit einem Mal hatte John die Idee, er würde sich vor die Gruppe setzen und an einem Loch seiner Wahl, bei dem er eine gute Kameraposition hatte, den Fremden fotografieren. So sprang John in das Cart und fuhr bis zu Loch fünf, immer Ausschau haltend nach Stellen, an denen er zum einen sein Gefährt stehen lassen konnte, ohne Aufsehen zu erregen, und zum anderen eine gute Perspektive hatte. Er fand lange nicht, was er suchte.

      Endlich, bei Loch sieben, kam er an eine passende Stelle.

      Hinter einem Abhang konnte er das Fahrzeug so im Dickicht verschwinden lassen, dass es nur noch sichtbar war, wenn man direkt davorstand. Ein paar Zweige und dichtes Unterholz verdeckten das Gefährt fast vollständig. Über einen Hügel hatte er eine gute Möglichkeit gefunden, den Weg zu fotografieren; die Fahne, die das Loch markierte, wehte gute 80 Meter hinter ihm auf dem Green.

      John kniete sich hin und versuchte, ein Bild von dem Mann im Golf-Cart zu machen, das auf ihn zufuhr, als er mit einem Mal das Gefühl hatte, das Fahrzeug steure genau auf ihn zu.

      Er sprang auf, als das Cart nur noch wenige Meter von ihm entfernt war, und musste zu seiner Bestürzung feststellen, dass die beiden anderen Carts dem ersten mit Belaqua am Steuer folgten.

      Mist, jetzt haben sie mich entdeckt, schoss es John durch den Kopf. Das erste Golf-Cart fuhr keinen Meter an ihm vorbei und kam direkt vor dem Dickicht zum Stehen, in dem John sein eigenes Cart versteckt hatte. Belaqua stieg aus, und auch die beiden anderen Carts stoppten nur wenige Meter entfernt. John war wie umzingelt. Alle Männer stiegen aus und begannen sich umzusehen. John fühlte sich ertappt, und sein Herz schlug bis zum Hals. War er entdeckt worden? In dem Moment hörte er eine Stimme.

      „Hier, Capo!“ Belaqua und der Fremde gingen zu der Stelle und fanden den gesuchten Ball vor dem Hinterreifen von Johns Golf-Cart.

      John hatte keine Wahl, er kam aus seiner Deckung und ging auf sein Fahrzeug zu.

      „Zum Glück habe ich ein paar starke Männer gefunden, ich bin mit meinem Drecksding in dieses Gestrüpp geraten. Ich hatte einen Streit mit meiner Frau, und während ich telefoniert habe, war ich so abgelenkt, dass ich mitten in das Dickicht gefahren bin. Könnten die Herren mir vielleicht helfen, das Cart wieder auf den Weg zu schieben? Es scheint festzustecken.“

      Die Männer schauten John erstaunt an. Belaqua wies seine beiden Bodyguards mit einem Kopfnicken dazu an, das Cart zurück auf den Weg zu schieben.

      Jetzt konnte John den Mann zum ersten Mal richtig sehen. Er traute seinen Augen nicht. Das Gesicht kannte in New York jeder.

      Es war Ronald Grump, der berühmte Baulöwe, Immobilienmogul, Veranstalter von Miss-Wahlen, bekannt aus dem Fernsehen und der Klatschpresse.

      John nahm allen Mut zusammen.

      „Mr. Grump, es ist mir eine Ehre, Sie kennenzulernen.“

      Ronald antwortete nicht, sondern erwiderte Johns Worte nur mit einem Kopfnicken.

      „Entschuldigen Sie, Mr. Grump, wäre es vielleicht möglich, ein Selfie mit Ihnen zu machen?“, fragte John.

      Ronald nickte jovial.

      Als die Bodyguards Johns Cart wieder auf den Weg zurückgeschoben hatten,