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Forschungsmethoden in der Fremdsprachendidaktik


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Transkripte, Basiskodierungen und Beurteilungen der Unterrichtsqualität von 105 Englischstunden beinhaltete. Auf dieser Grundlage konnten u.a. quantitative Aussagen zu einer Reihe von Aspekten des untersuchten Englischunterrichts (z.B. verwendete Unterrichtssprache, Sprechanteile von Lehrpersonen und Schüler_innen, Art und Länge der Schüleräußerungen, Fehlerkorrektur und Wartezeit) sowie auch Zusammenhänge dieser Unterrichtsmerkmale mit anderen Variablen wie Schülerleistungen (z.B. in einem C-Test oder Hörverstehenstest) herausgearbeitet werden.

      3.3.4 Qualitative Daten und interpretative Auswertungen

      Als fremdsprachendidaktische Beispiele für den Gegenpol, das explorativ-interpretativeexplorativ-interpretativ Paradigma, sollen hier die Dissertation von Haider (2010) zu Sprachbedürfnissen von Pfleger_innen mit Deutsch als Zweitsprache und die umfangreiche Studie zur mündlichen Fehlerkorrektur im Italienisch- und Spanischunterricht von Kleppin & Königs (1991) dienen.

      Haiders (2010) Untersuchung ist im Themenfeld Deutsch für den Beruf angesiedelt und wird von der Autorin selbst im Titel als kritische Sprachbedarfserhebung charakterisiert. Mithilfe von Erhebungsmethoden wie job-shadowing, also der Begleitung der Forschungspartner_innen im Arbeitsalltag, und insbesondere auf der Grundlage von 13 halbstandardisierten, interpretativ ausgewerteten Interviews arbeitet die Forscherin heraus, welchen sprachlichen Herausforderungen Gesundheits- und Krankenpfleger_innen in Österreich, die Deutsch als Zweitsprache erwerben, sich bei ihrer Berufstätigkeit ausgesetzt sehen. Charakteristisch für das explorativ-interpretativeexplorativ-interpretativ Paradigma ist u.a. ihre Zielsetzung, die Innenperspektive des Pflegepersonals zu erfassen: Im Gegensatz zu klassischen Bedarfsanalysen, die stärker die Außenperspektive einnehmen und beispielsweise Anforderungen des Arbeitsmarktes ins Zentrum der Untersuchung stellen, ist diese Studie der emischen Perspektive zuzuordnen. Anhand der Schilderungen des Berufseinstiegs will die Autorin sprachliche Probleme der Berufspraxis aufzeigen, die die Betroffenen selbst als relevant erleben; diese sollen als Grundlage für berufsorientierte Deutschkurse dienen – und letztlich auch in einem politisch-kritischen Sinn Mängel im System von Pflegeeinrichtungen mit Bezug auf Spracherwerbsmöglichkeiten offenlegen und auf deren Behebung drängen.

      Die umfassende Studie von Kleppin/Königs (1991: 117), in der sie „[d]er Korrektur auf der Spur“ sind – so der Titel –, kann als früher Meilenstein fremdsprachendidaktischer Empirie bezeichnet werden. Das untersuchte Datenkorpus besteht aus 97 videografierten Stunden Spanisch-Unterricht und 91 videografierten Stunden Italienisch-Unterricht; weiterhin wurden auch zwölf flankierende Lehrerinterviews ausgewertet. Ergänzend wurden „zu einem Teil der Unterrichtsaufzeichnungen“ (Kleppin/Königs 1991: 107) Daten nachträglichen Lauten Denkens als „unterrichtskommentierende Daten“ (ebd.) erhoben. Auch fokussierte Interviews und ein in elf Klassen verteilter und von 198 Lernenden ausgefüllter Fragebogen waren Grundlage der Analysen. Die Autor_innen erläutern, dass sie die an einem Datensatz gewonnenen Interpretationen an einem anderen Datensatz zu bestätigen gesucht haben, um die Reichweite der jeweiligen Interpretation zu erhöhen bzw. um bei Nicht-Bestätigung entsprechend vorsichtig mit der Interpretation umzugehen (Kleppin/Königs 1991: 117).

      Zentrale Aspekte der Auswertung betreffen die linguistisch basierte Fehlerkodierung und -auszählung nach Unterrichtsphasen, die diskursanalytische Auswertung von Initiation der Korrektursequenz, Reaktion auf Initiationen, Korrekturen und ihrer Art und Weise sowie von Reaktionen und Nachreaktionen auf die Korrekturen. Für 16 Unterrichtsstunden nehmen die Autor_innen detaillierte Quantifizierungen dieser Aspekte vor; darüber hinaus präsentieren sie Befunde zu den subjektiven Theorien der Lehrpersonen und zu Schülerwünschen und -erwartungen hinsichtlich der mündlichen Fehlerkorrektur.

      Die Autor_innen ordnen diese frühe, beeindruckende Videostudie des Fremdsprachenunterrichts explizit der explorativ-interpretativen Forschungsrichtung zu (ebd.) und dementsprechend würdigt Henrici (1992: 250) in seiner Rezension – neben vielen anderen Aspekten – auch „die vorsichtig zurückhaltende Darstellung der Ergebnisse, die dem verwendeten Paradigma und dessen Ansprüchen gerecht wird“.

      3.3.5 Mixed methods

      Unter dem Begriff mixed methodsmixed methods ist die Möglichkeit der Kombination von Verfahren aus dem sogenannten qualitativen und quantitativen Paradigma (vgl. dazu Abschnitt 2) diskutiert worden und nach anfänglichen Zweifeln bezüglich der grundsätzlichen Vereinbarkeit von Ansätzen, die auf wissenschaftstheoretisch so unterschiedlichen Grundannahmen basieren (s. Kapitel 2), doch das besondere Potenzial einer solchen Verknüpfung betont worden (einführend – allerdings ohne fremdsprachendidaktischen Bezug – s. Kuckartz 2014). Dabei lassen sich in Anlehnung an Ivankova/Creswell (2009: 138) zur methodologischen Einordnung von mixed-methods-Studien die Aspekte (a) zeitliche Anordnung (timing), (b) Gewichtung (weighting) und (c) Mischung (mixing) qualitativer und quantitativer Verfahren unterscheiden.

      Mit dem ersten Begriff der zeitlichen AnordnungAnordnungzeitliche ist gemeint, dass eine qualitative und eine quantitative Teilstudie entweder sequentiell zeitlich aufeinander folgen (qualitativ -> quantitativ oder quantitativ -> qualitativ) oder dass sie gleichzeitig durchgeführt werden können (qualitativ + quantitativ). Der zweite Begriff der GewichtungGewichtung zielt darauf ab, die Bedeutung der qualitativen und der quantitativen Anteile der Studie zueinander in Beziehung setzen: Sind beide gleichgewichtet (QUAL, QUAN), ist der qualitative Anteil höher einzuschätzen (QUAL, quan) oder ist der quantitative Anteil stärker gewichtet (qual, QUAN)? Schließlich bezieht sich der dritte Begriff des Mischens auf die Forschungsphase, in der die qualitativen und quantitativen Anteile miteinander in Beziehung gesetzt werden; dies kann in der Phase der Erhebung, der Auswertung oder der Interpretation der Ergebnisse geschehen. Im Hinblick auf den letztgenannten Aspekt ist in der mixed-methods-Diskussion von einigen Forschenden die weitreichende Forderung vertreten worden, dass die Mischung alle Phasen des Forschungsprozesses betreffen müsse; auf diesen rigorosen Fall bezieht sich der Begriff mixed modelsmixed models.

      Auf der Grundlage der Kriterien zeitlicher Anordnung, Gewichtung und Mischung lassen sich in Anlehnung an Kuckartz (2014) folgende vier mixed-methods-Designs unterscheiden:

       VertiefungsdesignVertiefungsdesign (auch: explanatory designexplanatory design): Es ist sequenziell angeordnet und die Studie schreitet vom Quantitativen zum Qualitativen voran (QUAN -> qual, quan -> QUAL, QUAN -> QUAL). Die qualitativen Befunde der zweiten Teilstudie dienen dazu, die quantitativen Befunde der ersten Teilstudie vertiefend zu erklären. Beispielsweise könnte auf der Grundlage bestehender Forschungsergebnisse zunächst eine umfassende Fragebogenstudie erfolgen und im zweiten Schritt könnten überraschende Befunde in einer Interviewstudie zu Einzelfällen genauer beleuchtet werden.

       VerallgemeinerungsdesignVerallgemeinerungsdesign (auch: exploratory designexploratory design): Es ist ebenfalls sequenziell, aber bei diesem Design ist die qualitative Forschung der quantitativen vorgeschaltet (QUAL -> quan, qual -> QUAN, QUAL -> QUAN). Dies ist beispielsweise der Fall, wenn zunächst in explorativer Absicht eine Studie einzelner Fälle durchgeführt und auf der Grundlage dieser Exploration dann ein Fragebogen entwickelt und bei einer weitreichenderen Stichprobe eingesetzt wird. Die quantitative Teilstudie dient dabei dem Ziel, die qualitativen Befunde zu verallgemeinern oder Zahlenangaben über einzelne Aspekte der qualitativen Befunde zu erhalten.

       Das parallele Designparalleles Design (auch: triangulatory designtriangulatory design): Es handelt sich nicht um ein sequenzielles Design, sondern um eins, das auf der Gleichzeitigkeit bzw. Parallelität einer qualitativen und einer quantitativen Teilstudie beruht (QUAL + quan, qual + QUAN und QUAL + QUAN). Hierbei bauen die Teilstudien nicht aufeinander auf, sondern sie werden unabhängig voneinander durchgeführt und erst danach werden beim Mixing die parallelen Ergebnisse und Schlussfolgerungen miteinander verglichen oder kontrastiert. Der aus beiden Teilstudien integrierte Forschungsbericht soll somit möglichst gut validierte Forschungsergebnisse erbringen.

       Das TransferdesignTransferdesign (auch: embedded designembedded design): Es zeichnet sich dadurch aus, dass entweder qualitative Daten quantifiziert werden (wenn beispielsweise bei einer qualitativen Inhaltsanalyse