Martin R. Schulz

Compliance Management im Unternehmen


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zu verhelfen, ohne dass dies allein auf dem Rücken einzelner, möglicherweise aufgrund widerstreitender Vorgaben überforderter Mitarbeiter geschieht.

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      Gleichzeitig bleiben freilich systemische Reibungen zwischen Compliance und Arbeitnehmervertretungen unvermeidlich: Wenn beispielsweise Compliance im Namen einer neuen, etwas forschen Vorgabe umfassende Kontrollen oder Rotationen von im Außendienst, der Beschaffung oder der Projektvergabe tätigen Mitarbeitern fordert, könnten angestammte Betriebsräte dies leicht als übertriebenen Versuch interpretieren, langjährige und bewährte Kolleginnen und Kollegen unter Generalverdacht zu stellen oder sie untunlich einzuengen. Doch wird die Diskussion um die entsprechende neue Betriebsvereinbarung wesentlich leichter von der Hand gehen, wenn man sich vorher, gleichsam im „Normalbetrieb“, kennen- und hoffentlich auch schätzen gelernt hat.

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      Insgesamt sind daher Vertrauen, Professionalität und Sachlichkeit und die Bereitschaft zum Ausgleich unerlässlich, damit aus den durchaus ungleichen Funktionen Betriebsrat und Compliance wertvolle Partner werden können.

       6. Finanzfunktion

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      Daher sollte dieser, wenn er eine Compliance-Abteilung aufzubauen, auszubauen oder umzubauen hat, beizeiten Fühlung mit den Kollegen aus der Finanzfunktion aufnehmen und deren Rat suchen. Er selbst oder seine Mitarbeiter können sicherlich von den Kollegen aus der Finanzabteilung manches lernen. In dem Maße, in dem dann die Compliance-Abteilung Tiefe gewinnt, wird man die Zusammenarbeit mit den Kollegen von Accounting, Controlling oder Risk Management verstetigen und dann oft auch institutionalisieren, wie etwa bei der Bildung und Beschickung eines unternehmensweiten Compliance Committee oder eines Risk Committee oder bei der Koordination des Informationsaustauschs mit den Wirtschaftsprüfern. Auch gegenseitige Personalentwicklungschancen können sich eröffnen: Accounting oder Risiko-Know-how wird der Compliance-Abteilung gut tun und so tut sich vielleicht für den einen oder anderen „Finanzer“ hier sogar eine attraktive Berufsperspektive auf.

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      Was die Überwachungs- und Eingriffskomponente von Compliance angeht, so wird sich auch hier eine enge Zusammenarbeit mit der Finanzfunktion anbieten. Denn deren Mitarbeiter sind, oft im Zusammenwirken mit der Innenrevision, diejenigen, die am besten in der Lage sind, Zahlungsflüsse, Kontenbewegungen, Kassenbestände oder Bargeldverkehr daraufhin zu überprüfen, ob hinter möglichen Auffälligkeiten ein handfester Compliance-Verstoß steckt.

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      Möglicherweise stehen in der Finanzfunktion auch IT-Werkzeuge oder IT-Know-how zur Verfügung, das etwa für Compliance-Schulungen, deren Auswertung oder Darstellung genutzt werden können.

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      Manchmal mag auch zumindest eine Berichtslinie des Chief Compliance Officer zum Chief Financial Officer führen. Dieser wird hoffentlich eine verständige Affinität zum Thema Compliance-Risiken entwickelt haben und es wird ihm – durchaus auch im wohlverstandenen eigenen Interesse eines ordnungsgemäßen Risikomanagements – daran gelegen sein, dass Compliance im Unternehmen systematisch, wirkungsvoll und nachhaltig zum Einsatz kommen kann. Der CFO kann daher auch ein kraftvoller und krisenfester Fürsprecher und Alliierter der Compliance-Abteilung sein und mit dafür sorgen, dass Compliance auch in (vermeintlich) risikoärmeren Phasen oder Zeiten des konjunkturellen Abschwungs nicht zur „Schönwetterveranstaltung“ mutiert oder Gefahr läuft, das Opfer einer „Compliance nach Kassenlage“ zu werden.

       7. Innenrevision

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      Denkbar ist auch, dass ein unternehmensinternes Hinweisgebersystem mit „Hotlines“ oder „Helplines“ gemeinsam durch Compliance und Innenrevision organisiert und verantwortet wird. All dies setzt freilich auf Seiten der Innenrevision „Stärke“, vor allem im Sinne fachlicher Kompetenz, hinreichender Personal- und Sachmittel und auch weitestgehender Unabhängigkeit, voraus. Verfügt die Innenrevision neben einer guten Kenntnis des Unternehmens und seiner Branche auch über spezifische forensische Expertise und IT-Expertise? Besteht eine genügende Affinität zu komplexen juristischen Regelungen? Werden fremde Sprachen beherrscht und die dazugehörenden Kulturen verstanden?

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      Kaum zu überschätzen ist, wie bei allen Unternehmensbereichen, die sich mit Regelverstößen und deren Konsequenzen befassen müssen, auch die Unabhängigkeit der Innenrevision. Sollte etwa ihr Eingriffs- und Einflussbereich vor bestimmten Unternehmensebenen oder Einzelpersonen Halt machen, so ist das kein gutes Zeichen. Derartige systemische Schwächen sind dann oft nur durch externe Wirtschaftsprüfer oder Sonderermittler auszugleichen.

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