Melanie Lane

Von Flammen & Verrat


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wollte ich mich abwenden, als Lucan nach meinem Arm griff. »Entschuldigt uns kurz.« Der Griff verstärkte sich. »Mitkommen, Prinzessin.«

      Unter den wachsamen Blicken der anderen Männer zog Lucan mich hinter sich her in den Palast. Zunächst dachte ich, er würde die Bibliothek oder eines unserer Zimmer ansteuern, dann aber fand ich mich im gigantischen Thronsaal wieder. Nicht unbedingt der Raum, den ich mir selbst ausgesucht hätte, um meine blankliegenden Nerven zu beruhigen. Der glitzernde, ganz in weiß gehaltene Saal war prachtvoll, aber einschüchternd. Insbesondere die beiden massiven Steinthrone, die auf einem kleinen Podest am anderen Ende des Saals standen.

      Lucan kam zum Stehen, und ich riss mich los.

      »Was in Abbadons Namen soll das, Lucan? Ich habe jedes Recht …«

      »Du magst jedes Recht haben, anwesend zu sein und dich an den Nachforschungen zu beteiligen«, unterbrach er mich ruhig, »aber nicht so. Nicht, wenn deine Gefühle Achterbahn fahren und du jeden Unsterblichen um dich herum mit deiner bloßen Anwesenheit nervös machst.«

      »Ich mache niemanden nervös!«

      »Meine Männer vielleicht nicht. Aber die Wachen deiner Garde? Oder Malik? Definitiv. Falls es dir nicht aufgefallen sein sollte, Prinzessin, Malik ist kurz davor, durchzudrehen. Er hat Schuldgefühle und er versucht zu verstehen und herauszufinden, wie das alles hier passieren konnte. Das kann er nicht, wenn du neben ihm stehst und er die ganze Zeit Angst haben muss, dass dir etwas passiert.«

      »Aber ich …«

      »Lass Malik und die Wachen ihren Job machen.«

      Aber ich wollte doch nur helfen! Alles, was ich verdammt nochmal wollte, war helfen!

       Es geht hier nicht nur um dich.

      »Glaubst du, das weiß ich nicht?« Die Botschaft mochte mir gegolten haben, ebenso die Machtdemonstration, aber aktuell galt es, die Sicherheitslücke zu schließen. Wenn sie ungesehen bis zum See vordringen und jemanden umbringen konnten, konnten sie dann nicht auch in den Palast gelangen? Oder noch mehr Unheil in Arcadia anrichten? In ganz Alliandoan und womöglich auch in Anak und den anderen Welten?

      »Du bist zu wichtig, als dass du da draußen fröhlich rumspazieren kannst, Prinzessin.«

      »Ich habe nicht darum gebeten!«

      Lucans Augen verdunkelten sich bei meinem kleinen, spontanen Ausbruch noch weiter und er erstarrte.

      »Wie bitte?«

      »Ich habe nicht darum gebeten!«, rief ich erneut. »Weder um diese Position noch darum, rund um die Uhr beschützt zu werden.«

      Fassungslos starrte er mich an.

      Sogar in meinem eigenen Kopf klangen meine Worte unüberlegt und dumm. Mein Verhalten war kindisch und dennoch konnte ich nicht anders. Ich war einfach … überfordert. Diese letzten Tage, Himmel, die letzten Wochen … endlich hatte ich das Gefühl gehabt, die Kontrolle zu bekommen. Sogar meine Magie hatte mitgespielt und dann passierte so etwas und ich war erneut am Schwimmen.

      »Ich habe nicht darum gebeten«, flüsterte ich leise.

      »Nein, das hast du nicht«, erwiderte Lucan und ich hörte die unterdrückte Wut in seiner Stimme. »Aber du hast dich deiner neuen Realität gut angepasst, nicht wahr?«

      »Was soll das denn jetzt heißen?«, fragte ich, dabei wusste ich genau, was er meinte.

      »Die Prinzessin, die mit der Balance spricht. Die Retterin der Welten … tu nicht so, als ob dir diese Rolle nicht gefällt. Niemand hat gesagt, dass es leicht wird, aber du hast dich aktiv für den schweren Weg entschieden, Prinzessin, und dafür respektiere ich dich. Also hör auf mit diesem unnötigen Drama und benimm dich wie die Monarchin, die du bist und sein willst.«

      Verdammt.

      Ich hatte doch gewusst, dass Lucan mich mit ein paar wohl überlegten Worten auf den Boden der Tatsachen zurückholen würde. Das musste ich ihm jedoch nicht gleich unter die Nase reiben.

      »Im Gegensatz zu dir habe ich nicht hunderte von Jahren Erfahrung mit Morden, Intrigen und Machtspielchen.«

      »Dafür machst du das aber ganz gut.« Huch. »Wie bitte?«

      Lucan seufzte. Wie immer, wenn er das tat, war das Geräusch irgendwie fremd und gleichzeitig furchtbar … menschlich.

      »Lilly«, begann er und fuhr sich mit beiden Händen durch die dichten, schwarzen Haare. »Du bist jung und impulsiv …« Ich wollte protestieren, aber Lucans strafender Blick hielt mich davon ab. »Du bist jung«, wiederholte er, »und voller Tatendrang. Idealistisch. Das ist etwas Gutes, Prinzessin, also sieh mich nicht so an. Aber in Momenten wie diesen musst du innehalten und dich daran erinnern, was deine Entscheidungen nicht nur für dich, sondern auch für dein Volk bedeuten. In deinem Fall für die gesamte Anderswelt.«

      »Eine Lektion in Sachen Politik vom großen Lucan Vale, hm?«

      »Ich weiß, wie du dich fühlst«, murmelte er, eher zu sich selbst.

      »Die Verantwortung, die du trägst, ist groß, aber gerade jetzt, wo du anfängst etwas zu verändern und einen bleibenden Eindruck in den Welten hinterlässt, darfst du keine Schwäche zeigen.«

      »Was genau ist dein Rat?«

      »Reiß dich zusammen«, sagte er, ohne jegliche Schärfe in der Stimme. »Trauer von mir aus. Schieß ein paar Magazine leer oder betrink dich mit Duncan, aber morgen bist du wieder du selbst.«

      »Keine Schwäche zeigen«, wiederholte ich seine Worte leise.

      »Nicht den Ministern und den anderen Herrschern gegenüber, nein.«

      Und dir? Beinahe hätte ich die Worte laut ausgesprochen. Beinahe.

      Aber ich wollte nicht darüber reden, was gestern zwischen uns passiert war oder was ich gelernt hatte, jedenfalls nicht jetzt.

      »Lilly …«

      »Danke, Lucan. Für deinen Rat.«

      Wie so oft waren seine Worte hart, aber fair. Und sie halfen. Seine reine Präsenz half mir, mich zu beruhigen und wieder klarer zu denken. Gereizt wischte ich mir meine leicht feuchten Hände an meiner Hose ab. Was für ein beschissener Tag.

      »Ich soll mich also aus den Nachforschungen raushalten?«

      »Vorerst, ja.« Er nickte. »Sobald die Zauberer aus Dhanikans und Runak die Leiche untersucht haben, wird Malik dir Bericht erstatten. Solange wir aber nicht wissen, womit wir es zu tun haben, hältst du dich raus und machst weiter im Text.«

      »Weiter im Text?« Unwillkürlich begann ich zu grinsen.

      »Wenn mich nicht alles täuscht, warst du gerade dabei, Olli den Befehl zu geben, eure Handelsverträge mit Crinaee zu kündigen, als man euch störte …«

      »Woher … ach, egal.« Ich winkte ab und beschloss, mich nicht darüber zu wundern, woher Lucan diese Information hatte. »Sind wir denn jetzt sicher im Palast?«

      Lucans schwarze Augen blitzten.

      »Ja.«

      Ich musterte ihn zähneknirschend. Die Arme vor der Brust verschränkt sah er stur auf mich herab. »Ein wenig mehr Informationen bitte.«

      »Meine Männer haben sich rund um den Palast positioniert. Niemand kommt unbemerkt hier rein.«

      Das hatten wir vor dem Tod des Ministers auch gedacht. Aber wenn Laurenti wirklich dahintersteckte, dann hätte er es vielleicht gar nicht so weit gehabt. Immerhin lagen das Adelsviertel und die Villen direkt hinter dem See der Balance und …

      Ich kniff die Augen zusammen.

      »Die Villen.«

      Lucan nickte. »Laurentis Villa ist nicht einmal hundert Meter vom See entfernt.«

      »Und er ist bereits in Arcadia, das heißt, er hätte die Schutzzauber nicht umgehen müssen.« Nervös sah ich mich im Thronsaal um. Mein