Melanie Lane

Von Flammen & Verrat


Скачать книгу

»Wie viel hast du gehört?«

      Ich zuckte mit den Schultern. »Keine Ahnung. Ein wenig.«

      »Ich wusste doch, dass ich etwas oder eher jemanden gespürt habe.« Er trat näher und lehnte sich an einen der kunstvoll geschnitzten Pfosten meines riesigen Himmelbetts. »Er kriegt sich schon wieder ein, Lilly. Der Tod des Ministers ist für uns alle ein Schock, aber Malik trifft es besonders hart.«

      »Wieso hast du mir nicht erzählt, dass ihr euch geküsst habt? Und was ist gestern Abend passiert, nachdem Lucan und ich gegangen sind?«

      Eine zarte Röte breitete sich auf Duncans Gesicht aus. »Äh. Du hast genug eigene Probleme, ich vermute, ich wollte dich nicht noch mehr belasten.«

      »So ein Schwachsinn, Duncan! Wenn du nicht mit mir über eure Beziehung reden willst, okay, aber tisch mir keine Lügen auf.«

      Er ließ den Kopf gegen den Bettpfosten fallen und schloss für einen Moment die Augen. »Ich habe dich nicht angelogen, Lilly, niemals. Aber Malik und ich, das ist … kompliziert. Und Lucan und du, das ist ebenfalls kompliziert … Vesteria, Thaumas, die Ratssitzung, ich bin einfach nicht dazu gekommen, okay?«

      Duncan blinzelte. Ich kniff die Augen zusammen. Er blinzelte erneut und seufzte dann.

      »Und vielleicht habe ich mich auch dazu entschlossen, es erst einmal für mich zu behalten und zu gucken, wie sich alles entwickelt.«

      Damit konnte ich schon eher leben. »Habt ihr euch vertragen?«

      »Keine Ahnung. Malik ist ein sehr komplexer Mann.«

      »Er ist ja auch uralt!«

      Das brachte Duncan zum Lachen und die angespannte Atmosphäre zwischen uns verflüchtigte sich. »Ich meine, er ist älter als Lucan.«

      »Viel älter. Er ist über sechshundert Jahre älter als ich«, sagte Duncan und stieß sich vom Bettpfosten ab, um sich neben mich zu setzen. »Ich weiß, ich sollte das nicht so heiß finden, aber verdammt, ich finde es superheiß!«

      Kichernd lehnte ich mich an Duncan und er schlang einen Arm um meine Schultern.

      »Tut mir leid, dass ich es nicht erzählt habe.«

      »Muss es nicht. Es ist deine Entscheidung und nur deine. Ich bin heute einfach etwas sensibel.«

      »Hast du mit Lucan über gestern gesprochen?« Ich schüttelte den Kopf. »Nein.«

      »Aber …«

      »Es gibt nichts zu bereden.«

      »Wer redet jetzt Schwachsinn, hm?«

      »Nick und ich berufen eine Ratssitzung ein. Morgen. Ich möchte, dass ihr dabei seid, in den Schatten«, erklärte ich und erläuterte Duncan meinen Plan.

      »Falls Nick noch nicht bei Lucan war, erledige ich das, versprochen.«

      »Kommst du danach wieder?«

      »Na klar!« Duncan grinste. »Und ich bringe Alina und Cora direkt mit. Einen entspannten Abend unter Freunden können wir alle gut gebrauchen.«

       KAPITEL 3

      Am nächsten Morgen um Punkt Neun betrat ich, begleitet von Nick und Malik, das Ratsgebäude im Herzen von Arcadia. Die Assassinen lauerten bereits in den Schatten und die Minister erwarteten uns. Da mein ganzes Auftreten, inklusive meiner Kleidung, bewertet werden würde und ich direkt von Anfang an ein Statement setzten wollte, trug ich eine leger sitzende, weiße Seidenhose und eine wunderschöne goldfarbene Tunika mit Perlenknöpfen. Meine Haare fielen mir glatt den Rücken hinab und auf meinem Kopf thronte das übliche Flügeldiadem.

      Obwohl die Kleider aus Arcadia stammten, fühlte ich mich überraschend wohl in ihnen. Sie waren luftig und schick und ich hatte nicht das Gefühl, in einem mörderisch hochgeschlossenen Kleid zu ersticken.

      Eine ganze Armee an Wachen erwartete uns im Inneren des Gebäudes und Malik erwiderte meinen fragenden Blick mit stoischer Miene. Er würde nicht nachgeben, so viel stand fest. Auch wenn er genau wusste, wer um uns herum in den Schatten lauerte.

      Nick warf mir einen fragenden Blick zu. »Bereit?«

      Ich nickte und gemeinsam betraten wir, gefolgt von Malik, den Ratssaal. Meine zweite Ratssitzung. Wer hätte noch vor ein paar Tagen ahnen können, dass wir so schnell wieder zusammenfinden würden, und vor allem, warum.

      Mit so viel Selbstbewusstsein und Würde wie möglich schwebte ich in den Saal. Anstatt mich jedoch zu den Ministern auf die Empore zu gesellen, blieb ich unten, auf der Redeplattform, wie ich sie nannte, stehen. Das Mosaik zu meinen Füßen war wunderschön. Es zeigte einen Krieger, ähnlich gekleidet wie Malik, mit gigantischen, weißen Flügeln, der, das Schwert hoch erhoben, in Richtung Himmel flog.

      Die glorreichen Engel. An der gesamten vergangenen Woche war jedoch wenig glorreich gewesen.

      »Eure Hoheit«, begrüßte Laurenti mich mit schmierigem Grinsen und gelben, fliegenden Haaren, als er die kleine Wendeltreppe herunter geeilt kam.

      »Bemüht Euch nicht, Minister. Ich stehe genau dort, wo ich stehen will.«

      »Aber …«

      »Setzt Euch, Minister«, wies Malik Laurenti in scharfem Ton an. Sichtlich irritiert von unserem Auftreten, zog der Minister sich auf die Empore zurück. Nicht jedoch, ohne mich oder das Diadem auf meinem Kopf, noch einmal abfällig zu mustern. Es war das erste Mal, dass wir uns seit dem kleinen Zwischenfall in seinem Haus wiedersahen und der Hass in seinen Augen loderte energischer denn je.

       Showtime.

      Langsam hob ich den Blick und sah in die Gesichter jener Männer, die womöglich den Tod eines ihrer eigenen Mitglieder verursacht hatten. Den Ministern, die mir bei der ersten Ratssitzung freundlich entgegengetreten waren, nickte ich höflich zu, ehe ich mich auf Laurenti konzentrierte.

       Lucan?

      Links von dir, hörte ich seine tiefe Stimme in meinem Kopf. Direkt unter Laurenti. Duncan und King sind auf der Empore. Alex hinter dir. Bowen rechts von euch und Kjiel, Víctor und Rio sind vor dem Gebäude.

      Sag Duncan und King, dass sie Laurenti im Auge behalten sollen, wies ich ihn stumm an.

      Ich konnte Lucan nicht sehen, ich sah keinen der Assassinen, dennoch spürte ich, wie sein Bewusstsein sanft gegen meines strich. Er war hier und unsere Verbindung war stark. Was immer passieren mochte, die bloße Anwesenheit der Krieger gab mir zusätzliche Kraft.

      Nick verschränkte die Arme hinter dem Rücken und sah sich geduldig um. Er überließ mir die Führung, so, wie wir es besprochen hatten.

      »Minister Meyer ist tot«, begann ich mit lauter, klarer Stimme.

      »Er wurde ermordet … hingerichtet«, verbesserte ich mich und ließ die erste Bombe platzen. »Direkt am See der Balance. Vor unser aller Augen.«

      Das erste Raunen ging durch die Menge und mein Blick glitt von Laurenti, der die Zähne zusammenbiss, bis sein Kiefer kurz vorm Zerbersten sein musste, zu den anderen Ministern, die während der letzten Ratssitzung wie brave Chihuahuas an Laurentis Rockzipfel gehangen hatten. Den Blick starr geradeaus gerichtet sahen sie nicht mich, sondern einen Punkt hinter meiner linken Schulter an.

      »Hingerichtet, Eure Hoheit?« Einer der netten Minister wurde ein wenig blass um die aristokratische Nase. »Ihr meint doch sicherlich …gestorben?«

      »Leider nein …« Aus den Augenwinkeln sah ich Nicks Lippen lautlos einen Namen formen »Minister Emres. Unser geschätzter Minister Meyer«, der Himmel möge sich auftun und mich strafen, »wurde hingerichtet. Mit einem uralten und seit Jahrhunderten illegalen Blutzauber.«

      Und Raunen Nummer Zwei ging durch den Saal. Diesmal aber überraschte Laurenti mich, indem er aufstand und sich lässig an die