Jörg-Martin Schultze

Compliance-Handbuch Kartellrecht


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im Falle fahrlässigen Verhaltens (§ 17 Abs. 2, § 30 Abs. 2 OWiG).

       2. Strafrechtssanktionen gegen Mitarbeiter

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      Ein Verstoß gegen das europäische Kartellrecht ist keine Straftat.75

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      Seit Februar 2012 hat das Bundeskartellamt einen fortwährenden Austausch mit den Staatsanwaltschaften ins Leben gerufen, um dafür zu sorgen, dass die Behörden effektiver zusammenarbeiten. Kartellrechtswidrige Absprachen im Zusammenhang mit Ausschreibungen werden vom Bundeskartellamt automatisch an die zuständige Staatsanwaltschaft gemeldet. Diese verfolgt dann die handelnden Individualpersonen, während das Bundeskartellamt gemäß § 82 GWB für die Verfolgung und Ahndung der juristischen Person, sprich des Unternehmens zuständig bleibt, sofern das Bundeskartellamt gemäß § 82 S. 2 GWB das Verfahren nicht insgesamt an die Staatsanwaltschaft abgibt.

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      Diese ausschließliche Zuständigkeit der Kartellbehörden zur Bebußung des Unternehmens wegen Verstoßes gegen das Kartellrecht sollte durch das geplante, jedoch vorerst gescheiterte Gesetzesvorhaben zur Einführung eines Verbandssanktionengesetzes (VerSanG-E) Änderungen unterliegen. Da bei Vorliegen eines Wettbewerbsverstoßes in den meisten Fällen nur eine Ordnungswidrigkeit vorliegt, ermittelt grundsätzlich die Kartellbehörde gegen das Unternehmen und setzt ein Bußgeld fest. Ist aber mit dem Wettbewerbsverstoß gleichzeitig ein Straftatbestand erfüllt, sah der VerSanG-E die Möglichkeit vor, dass bei Untätigkeit der Kartellbehörde die Staatsanwaltschaft nicht nur gegen die Mitarbeiter, sondern auch gegen das Unternehmen ermittelt und es zur Festsetzung einer Verbandssanktion durch ein Strafgericht käme.82

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       3. Zivilrechtliche Nichtigkeit

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      Die zivilrechtliche Nichtigkeit kartellrechtswidriger Vereinbarungen ist im Kontext von Hard-core-Kartellen nur selten relevant. Die wenigsten Unternehmen sind heute noch derart unbedarft, den Versuch zu unternehmen, die Einhaltung dieser Abreden gerichtlich einzuklagen. Passiert es doch, wird sich auch das Bundeskartellamt der Sache annehmen: Gemäß § 90 i.V.m. § 87 GWB sind die Zivilgerichte verpflichtet, das Bundeskartellamt über Rechtsstreitigkeiten zu informieren, deren Ausgang ganz oder teilweise von Normen des deutschen oder europäischen Kartellrechts abhängt.

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      Von besonderer Bedeutung ist die zivilrechtliche Nichtigkeit kartellrechtlicher Verträge dagegen im Zusammenhang mit Lizenzverträgen, Forschungs- und Entwicklungskooperationen, Liefer- oder Vertriebsverträgen oder auch im Transaktionskontext. Hier hat die Nichtigkeit beschränkender Klauseln oder gar des ganzen Vertrages (etwa bei einem Verstoß gegen das fusionskontrollrechtliche Vollzugsverbot) erhebliche kommerzielle Konsequenzen, da mit diesen Verträgen oft ein hohes Investitionsvolumen einhergeht.

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      Auch der Verstoß gegen das Missbrauchsverbot ist verboten und ein entsprechendes Verhalten folglich nach § 134 BGB nichtig.

       4. Wettbewerbsregister

      Am 29.7.2017 ist das Gesetz zur Einführung des Wettbewerbsregisters in Kraft getreten.90 Im März 2021 hat das Bundeskartellamt den Betrieb des Registers, das in Form einer elektronischen Datenbank geführt wird, aufgenommen; die Mitteilungs- und Abfragungspflichten sind jedoch erst anwendbar, sobald sie im Bundesanzeiger veröffentlicht werden. Öffentliche Auftraggeber sind