Jörg-Martin Schultze

Compliance-Handbuch Kartellrecht


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oder Internet-Marktplätze?

       ✓ Nimmt das Unternehmen an Marktinformationssystemen oder Meldeverfahren mit Wettbewerbern, z.B. auf Verbandsebene, teil?

       ✓ Nimmt das Unternehmen an Benchmarking-Studien teil?

       6. Sonstige Absprachen zwischen Wettbewerbern

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      Nicht alle Vereinbarungen oder Kontakte zwischen Wettbewerbern sind verboten. Insbesondere Kooperationen, die es Unternehmen erst gemeinsam ermöglichen, einen Markt zu bedienen, den sie allein so hätten nicht betreten können, sind häufig kartellrechtlich zu rechtfertigen. Allerdings ist bei allen Kooperationen ein genaues kartellrechtliches Augenmerk erforderlich. Außerhalb der oben angesprochenen Hardcore-Kartelle und des unzulässigen Informationsaustauschs ist für die Beurteilung von wettbewerbsbeschränkenden Vereinbarungen das Regel-Ausnahme-Prinzip des europäischen und deutschen Kartellrechts, einschließlich der GVOen und der entsprechenden Leitlinien, besonders relevant. Dies bedeutet, dass es neben der konkreten inhaltlichen Ausgestaltung der jeweiligen Kooperation auch auf die Marktanteile und das Wettbewerbsumfeld der an der Absprache beteiligten Unternehmen ankommt.

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      In der Praxis müssen Kooperationen zwischen Wettbewerbern stets rechtlich geprüft werden. Das Kartellrecht muss dabei früh Beachtung finden, da es unmittelbare Auswirkungen auf die inhaltliche Ausgestaltung der Kooperation und nicht zuletzt deren Machbarkeit hat. Auch bereits seit langen Jahren bestehende Kooperationen müssen diese Prüfung durchlaufen.

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      Die Erfahrung zeigt: Gerade langjährige Kooperationen werden auf der Arbeitsebene als Muster für weitere Kooperationen ähnlichen Zuschnitts genutzt. Mit dem Argument, dass man ja „schon immer so gehandelt habe“ oder dass die Regelung gar „in der Industrie üblich“ sei, passiert es im Unternehmensalltag leicht, dass auch Vereinbarungen zwischen Wettbewerbern ohne Prüfung oder gar vollständig an der Rechtsabteilung vorbei geschlossen werden. Dies kann gravierende Folgen haben: Gerade auf der vertragskartellrechtlichen Ebene hat sich in den letzten Jahren durch die Reform der einschlägigen GVOen sowie die diese begleitenden Leitlinien Vieles verändert. Ältere Verträge spiegeln diese Veränderungen nicht wider. Dies gilt im besonderen Maße für Abreden, die vor der grundlegenden Reform des deutschen Kartellrechts im Jahr 2005 geschlossen wurden.

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      Nachfolgend werden insoweit nur die wichtigsten Rahmenbedingungen für eine solche Vertragsprüfung genannt. Die vertiefte Prüfung der jeweiligen Vereinbarung muss dann auf Ebene der Rechtsabteilung bzw. ihrer Berater im konkreten Einzelfall erfolgen.

       6.1 Kooperationen im Rahmen der Gruppenfreistellungsverordnungen

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      Die Kommission hat mit den GVOen typisierte Ausnahmen vom Kartellverbot für eine Reihe von Vertragskonstellationen geschaffen (siehe ausführlich oben Rn. B 104ff.).

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      Die folgenden, besonders praxisrelevanten GVOen sind dabei (auch) zwischen Wettbewerbern anwendbar:

       – Spezialisierungs-GVO: Erfasst einseitige und zweiseitige Produktionsabreden mit ein- oder zweiseitigen Belieferungs- und Bezugsvereinbarungen zwischen Wettbewerbern bis zu einem gemeinsamen Marktanteil von höchstens 20 %.175

       – F&E-GVO: Erfasst Forschungskooperationen und Auftragsforschung mit oder ohne gemeinsame Verwertung der Forschungsergebnisse. Die F&E-GVO gilt auch zwischen Wettbewerbern, sofern deren Marktanteil bei Abschluss der Vereinbarung höchstens 25 % beträgt.176

       – TT-GVO: Erfasst Technologietransfer in Form von Know-how und/oder Patentlizenzen zur Herstellung von Vertragsprodukten. Die TT-GVO gilt auch zwischen Wettbewerbern, sofern deren Marktanteil höchstens 20 % beträgt.177

       6.2 Kooperationen im Rahmen der Horizontal-Leitlinien

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       6.2.1 Einkaufskooperationen

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       6.2.2 Vermarktungskooperationen

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