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Strafrecht Besonderer Teil


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Rettungsdienst, der den Bekannten ins Krankenhaus einliefert. Dort stirbt der Bekannte 3 Wochen später infolge seiner Verletzungen. – Auf der Grundlage des festgestellten Sachverhaltes hat der Wohnungsinhaber nicht vorsätzlich hinsichtlich des objektiven Tatbestandes des § 212 Abs. 1 StGB gehandelt, da keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür bestehen, dass er die Möglichkeit des Todes des Bekannten erkannt und billigend in Kauf genommen hat. Schläge auf den Rumpf eines Menschen lassen keinen Schluss auf einen zumindest bedingten Tötungsvorsatz zu, da sie nicht ohne Weiteres zu Verletzungen führen, die mit hoher oder gar sehr hoher Wahrscheinlichkeit zum Tode führen. Dass die Schläge infolge eines spontanen Entschlusses auf die Beleidigungen erfolgten, deutetet ebenfalls nicht auf eine billigende Inkaufnahme des Todeseintritts hin, da zugunsten des Wohnungsinhabers davon auszugehen ist, dass er annahm, die Beleidigungen unabhängig von einer etwaigen Lebensgefährlichkeit der Schläge durch diese beenden zu können. Zuletzt deutet die erhebliche BAK trotz der Trinkgewohnheit des Wohnungsinhabers darauf hin, dass er die Möglichkeit des Todeseintritts nicht erkannte.

      29BGH NStZ 2011, 339, 340; Minder schwerer Fall des Totschlags: Obgleich es zwischen dem Täter und seiner Lebensgefährtin häufig zu heftigen Auseinandersetzungen kommt, in denen der Täter sich nicht aggressiv verhält, während seine Lebensgefährtin ihm gegenüber gewalttätig wird, beziehen die beiden eine gemeinsame Wohnung. Dort wird die Lebensgefährtin wiederholt mit anderen Männern intim und bedroht den Täter mehrfach mit einem Schlagstock. Als es zwischen den beiden abermals zu einer Auseinandersetzung kommt, in deren Verlauf die Lebensgefährtin dem Täter Schläge und Tritte versetzt, versucht dieser vergeblich, die Wohnung durch die von seiner |15|Lebensgefährtin verschlossene Tür zu verlassen. Als seine Lebensgefährtin hierauf fortfährt, ihn zunächst mit einem Besenstiel und anschließend mit einem Antennenkabel zu schlagen, reißt der Täter ihr das Kabel aus der Hand und würgt seine Lebensgefährtin solange, bis diese verstirbt. Hierbei verspürt der Täter Wut, Aggression und Ohnmacht und will, dass seine Lebensgefährtin mit ihrem Verhalten aufhört. – Die Voraussetzungen des benannten minder schweren Falles nach § 213 Alt. 1 StGB liegen vor. Die über einen erheblichen Zeitraum andauernden Provokationen sowie die wiederholten ehrverletzenden Situationen erreichen bei objektiver Betrachtung einen Schweregrad, der das Entstehen von nachhaltiger Wut als verständliche Reaktion erscheinen lässt. Da der Täter zunächst vergeblich versucht hat, die Wohnung zu verlassen und die Tötung in unmittelbarem Zusammenhang mit den weiter andauernden Misshandlungen durch seine Lebensgefährtin erfolgte, ist ferner davon auszugehen, dass er gerade infolge seiner Wut und auf der Stelle zur Tat hingerissen wurde.

      3. Mord (§ 211 StGB)

      a) Einführung und verfassungsrechtliche Fragestellungen

      30Einen Mord begeht, wer sämtliche Voraussetzungen eines Totschlags nach § 212 StGB erfüllt, d.h. einen Menschen vorsätzlich tötet, und hierbei zusätzlich eines der in § 211 Abs. 2 StGB abschließend aufgezählten Mordmerkmale aufweist. Die Verwirklichung eines Mordmerkmales hat zur Folge, dass der vom Täter verübte Totschlag als sozialethisch besonders verwerflich angesehen wird,[64] worauf das Gesetz mit der absoluten Strafdrohung der Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe reagiert. Wie das BVerfG bereits zu einem frühen Zeitpunkt ausgeführt hat, darf die verhängte Freiheitsstrafe jedoch auch bei Verwirklichung eines Mordmerkmales nicht außer Verhältnis zur Schwere der Tat und der Schuld des Täters stehen.[65] Dies hat sich zum einen in der durch die Einführung des § 57a StGB erfüllten Forderung niedergeschlagen, dass »auch dem zu lebenslanger Freiheitsstrafe Verurteilten grundsätzlich eine Chance [verbleiben muss], je wieder der Freiheit teilhaftig zu werden. [Denn] das Rechtsstaatsprinzip [gebietet], die Voraussetzungen, unter denen die Vollstreckung einer lebenslangen Freiheitsstrafe ausgesetzt werden kann, und das dabei anzuwendende Verfahren gesetzlich zu regeln.«[66] Wie im Übrigen trotz der allein vorgesehenen Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe dem verfassungsrechtlichen Schuld- und Verhältnismäßigkeitsgrundsatz hinreichend Rechnung getragen werden kann, wird unterschiedlich beantwortet, |16|wobei die Auseinandersetzung schwerpunktmäßig im Zusammenhang mit den Mordmerkmalen der Heimtücke und der Verdeckungsabsicht geführt wird.[67]

      31Der Große Senat für Strafsachen des BGH hat in unmittelbarer Reaktion auf die Rechtsprechung des BVerfG entschieden, dass der sich im Zusammenhang mit § 211 StGB stellenden verfassungsrechtlichen Problematik mit einer Rechtsfolgenlösung zu begegnen sei. Hiernach soll der Täter zwar auch in den Fällen, in denen die Verhängung einer lebenslangen Freiheitsstrafe wegen des Vorliegens außergewöhnlicher Umstände unverhältnismäßig erscheint, wegen Mordes verurteilt, die Strafe jedoch nach § 49 Abs. 1 Nr. 1 StGB gemildert werden. Dass die Voraussetzungen für eine analoge Anwendung der Vorschrift an sich nicht vorliegen, hält der Große Strafsenat in diesem Zusammenhang für unbeachtlich. Denn das BVerfG habe aufgrund »der Wertvorstellungen der Verfassung und des sich aus dem Rechtsstaatsprinzip ergebenden Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit […] eine Regelungslücke festgestellt, die zwar nicht als ursprüngliche ›planwidrige Unvollständigkeit des Gesetzes‹ […] angesehen werden [könne], die aber einer solchen Unvollständigkeit auf Grund eines Wandels der Rechtsordnung gleichzuachten [sei]. Die Behebung dieser Lücke [habe] das BVerfG dem BGH überlassen. Dem Großen Senat [sei] es nicht verwehrt, sie dadurch zu schließen, daß er in Heimtückefällen auf der Rechtsfolgenseite des Mordes (§ 211 I StGB) an die Stelle lebenslanger Freiheitsstrafe den Strafrahmen des § 49 I Nr. 1 StGB treten lässt, wenn außergewöhnliche Umstände vorliegen, die das Ausmaß der Täterschuld erheblich mindern«[68]. Außergewöhnliche Umstände in diesem Sinne sollen beispielsweise eine vom Tatopfer verschuldete Konfliktsituation, lang andauernde Kränkungen sowie eine notstandsähnliche Tatsituation darstellen.[69] Abgesehen von dem Umstand, dass dieser von Seiten der Rechtsprechung gewählte Ansatz keinerlei Grundlage im Gesetz findet,[70] ist ihm insbesondere entgegenzuhalten, dass der Begriff der »außergewöhnlichen Umstände« wegen seiner weitestgehenden Unbestimmtheit kein verlässliches Kriterium für die Entscheidung konkreter Einzelfälle liefert.

      32Auch von Seiten der Literatur ist es bislang nicht gelungen, die durch die absolute Strafandrohung in § 211 StGB aufgeworfenen verfassungsrechtlichen Fragestellungen einer zufriedenstellenden Lösung zuzuführen. Dies gilt zunächst für die Lehre der negativen Typenkorrektur, der zufolge trotz Verwirklichung eines Mordmerkmales eine Verurteilung wegen Mordes nicht erfolgen soll, wenn der Tatrichter unter Abwägung aller Umstände des jeweiligen Einzelfalls zu der Überzeugung gelangt, dass die Tatbestandsverwirklichung |17|nicht als besonders verwerflich anzusehen ist.[71] Entsprechend der bereits an der Rechtsprechung geäußerten Kritik liefert auch dieser Ansatz mit dem Merkmal der »besonderen Verwerflichkeit« kein hinreichend präzises Abgrenzungsmerkmal. Insbesondere ist der Lehre von der Typenkorrektur jedoch entgegen zu halten, dass nach ihr die Verwirklichung eines Mordmerkmales nur indizielle Bedeutung haben und die letztendliche Entscheidung über die Verurteilung wegen Mordes von einem moralischen Wertungsakt des Richters abhängen soll; dies ist mit dem Prinzip der Tatbestandsbestimmtheit nicht zu vereinbaren.[72] Soweit von anderer Seite vorgeschlagen wird, die absolute Strafdrohung durch die analoge Anwendung des § 213 StGB auf den Mordtatbestand zu umgehen, spricht hiergegen bereits der eindeutige Gesetzeswortlaut.[73]

      33Als Ergebnis der vorstehend skizzierten Auseinandersetzung bleibt festzuhalten, dass auf Grundlage der gegenwärtigen Gesetzessystematik und entsprechend der in der Literatur vorherrschenden Auffassung die verfassungsrechtlich gebotene Einschränkung des § 211 StGB nur durch eine möglichst restriktive Auslegung der einzelnen Mordmerkmale erzielt werden kann.[74]

      b) Die einzelnen Mordmerkmale

      34Die einzelnen Mordmerkmale werden in § 211 StGB in drei Fallgruppen eingeteilt. Die 1. Gruppe erfasst Fälle, in denen das der Tötung zugrundeliegende Motiv besonders verwerflich erscheint. Demgegenüber folgt die gesteigerte Verwerflichkeit in der 2. Gruppe aus der Art der Tatausführung und in der 3. Gruppe aus der Zielsetzung des Täters. Bestehen in der Klausur Anhaltspunkte dafür, dass der Täter mehrere Mordmerkmale erfüllt haben könnte, ist auf sämtliche Tatbestandsvarianten einzugehen, auch wenn bereits die Prüfung des ersten