aber zu formulieren braucht (nochmal: im B-Gutachten!):
„In dem abgeschlossenen Strafverfahren mit dem Aktenzeichen 21 Js 532/19 ist ein Antrag auf Anordnung der Wiederaufnahme des Verfahrens zuungunsten des Beschuldigten zu stellen. Es liegen – wie dargelegt – die Voraussetzungen der Wiederaufnahme des Verfahrens gem. §§ 373a Abs. 1, 2 StPO i.V.m. §§ 359 ff. StPO vor.“
3. Nach Nichteröffnung des Hauptverfahrens
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Wurde der Erlass des Strafbefehls durch Beschluss abgelehnt (§ 408 Abs. 2 S. 1 StPO) oder hat das Gericht nach Anklageerhebung das Hauptverfahren durch Beschluss nicht eröffnet (sog. Nichteröffnungsbeschluss, § 204 StPO), und ergibt sich aus der Klausurakte, dass die Staatsanwaltschaft es versäumt hat, innerhalb einer Frist von einer Woche (§ 311 Abs. 2 StPO) nach Zustellung dagegen sofortige Beschwerde einzulegen (§ 408 Abs. 2 S. 2 i.V.m. § 210 Abs. 2 StPO), gilt: Nach Ablauf der einwöchigen Beschwerdefrist erwächst der Ablehnungs- bzw. Nichteröffnungsbeschluss in formelle und teilweise materielle Rechtskraft. Als Staatsanwalt können Sie die vom abgelehnten Strafbefehl erfasste prozessuale Tat nur noch auf Grund neuer Tatsachen oder Beweismittel („sachliche Nova“) verfolgen, siehe § 211 StPO. Liegen die Voraussetzungen vor, ist eine neue Anklage zu erheben.[12]
4. Nach Verurteilung wegen einer Ordnungswidrigkeit
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In der Klausur kann auch das Ordnungswidrigkeitenrecht relevant werden. Hat beispielsweise das Amtsgericht nach Einspruchseinlegung gegen den Bußgeldbescheid über eine Ordnungswidrigkeit des Betroffenen[13] entschieden (Urteil bzw. Beschluss gem. § 72 OWiG lägen der Klausurakte bei), sollte Ihnen die Regelung des § 84 OWiG bekannt sein. Gem. § 84 Abs. 2 S. 1 OWiG kann die prozessuale Tat weder als Ordnungswidrigkeit noch als Straftat verfolgt werden. Aber Achtung: Rechtskraft wird – wie bereits erläutert – nur erzeugt, wenn das Gericht in der Sache geurteilt hat (Sachurteil), sodass Einstellungsentscheidungen des Amtsgerichts z.B. wegen fehlender Prozessvoraussetzungen die Strafklage gem. § 84 Abs. 2 OWiG nicht verbrauchen (Prozessurteil).[14] So liegt es, wenn der Betroffene in der Hauptverhandlung unentschuldigt fehlt und das Gericht infolgedessen den Einspruch gem. § 74 Abs. 2 OWiG durch Urteil verwirft.
Für Nutzer des Onlinekurses: Das Thema wird im Kursfall „Sachentscheidung“ behandelt.
Die Rechtskraft des Urteils kann durch die Wiederaufnahmegründe, insbesondere bei Vorliegen eines Verbrechens (§ 85 Abs. 3 S. 2 OWiG), durchbrochen werden. Bedenken Sie, dass Sie in einem solchen Fall das Wiederaufnahmeverfahren anstrengen müssen und nicht (erneut) Anklage erheben dürfen.
B. Strafantrag bei absoluten Strafantragsdelikten
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Für Nutzer des Onlinekurses: Das Thema wird im Kursfall „Strafantrag“ behandelt.
Der praktische Umgang mit Antragsdelikten wird in Klausuren bisweilen gezielt abgeprüft, weshalb Sie in Klausurakten absolute Strafantragsdelikte wie die Beleidigung oder den Hausfriedensbruch – zum Teil erkennbar umständlich eingebaut – finden.[15]
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Verbreitet wird zwischen den sog. absoluten und den sog. relativen Antragsdelikten unterschieden (zum Unterschied siehe Rn. 16). Gemeinsam ist beiden, dass sie in der Regel auch Privatklagedelikte darstellen, was für den § 376 StPO-Filter (siehe Rn. 115) im B-Gutachten bedeutsam ist. Aufbautechnisch ist zwischen den Antragsdelikten aber zu unterscheiden. Das Strafantragserfordernis bei absoluten Strafantragsdelikten sollte stets vor der Deliktsprüfung angesprochen werden.[16] Der Prüfungsstandort von relativen Antragsdelikten ist demgegenüber streitig (siehe Rn. 16).
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Unter einem Strafantrag ist der unbedingte Wille des Verletzten zu verstehen, dass die Strafverfolgung eingeleitet werden soll.[17] Davon zu unterscheiden ist die Strafanzeige, die lediglich die Mitteilung eines Lebenssachverhalts darstellt und von jedermann gestellt werden kann.[18]
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Die Abgrenzung zwischen Strafanzeige und Strafantrag kann auch in der Klausur bedeutsam werden, etwa dann, wenn Sie in der Klausurakte einen polizeilichen Vordruck mit der Überschrift „Strafanzeige“ finden, der vom Verletzten unterschrieben wurde. Es ist durch Auslegung der wahre Wille des Verletzten zu ermitteln: Verlangt er die Einleitung der Strafverfolgung?[19] Lassen Sie sich nicht von fälschlich gebrauchten Begriffen irritieren. In der Regel wird man darauf schließen dürfen, dass in der „Strafanzeige“ des Verletzten zugleich ein „Strafantrag“ enthalten ist, da dieser die Einleitung von Strafverfolgungsmaßnahmen begehrt. Dafür spricht auch, dass der Verletzte die „Strafanzeige“ unterschrieben hat und damit das Formerfordernis eines Strafantrags erfüllt.
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Antragsberechtigt ist im Grundsatz der Verletzte (zu den sonstigen Berechtigten siehe §§ 77 Abs. 1-4, 77a StGB). Er ist der Inhaber des Rechtsguts, das beeinträchtigt wurde. Die Verletzteneigenschaft kann in der Klausur zu problematisieren sein.
Beispiel (KG, Beschluss vom 3. August 2015 – (2) 161 Ss 160/15 (44/15)):
B wollte sich bei den Berliner Verkehrsbetrieben beschweren. Er suchte hierzu das auf dem Gelände des Bahnsteigs befindliche Aufsichtshäuschen auf. In dem Häuschen hielten sich zwei S-Bahn-Mitarbeiter auf. B versuchte sich gegen deren Willen Zugang zu verschaffen, was ihm teilweise gelang. Der alarmierte Sicherheitsdienst konnte B aus dem Aufsichtshäuschen herausziehen. Der Leiter des Bahnhofsmanagements der DB Station & Service AG, die das Aufsichtsgebäude der S-Bahn Berlin GmbH vermietet hatte, stellte gegen den Angeklagten form- und fristgerecht Strafantrag wegen Hausfriedensbruchs.
Ist der Strafantrag wirksam?
KG (a.a.O.): „Gemäß § 123 Abs. 2 StGB wird die Tat des Hausfriedensbruchs nur auf Antrag verfolgt. Antragsberechtigt ist gemäß § 77 Abs. 1 StGB der Verletzte der Straftat, im Falle des § 123 Abs. 1 StGB der Inhaber des durch den Hausfriedensbruch verletzten Hausrechts (…). Die DB Station & Service AG war im Tatzeitpunkt nicht Inhaberin des Hausrechts. Mit Abschluss des Mietvertrages hat sie das Hausrecht an die Mieterin – die S-Bahn Berlin GmbH – übertragen. Letztere hat keinen Strafantrag gestellt. Bei privaten Räumen ist Inhaber des Hausrechts stets der unmittelbare Besitzer, der nicht der Eigentümer zu sein braucht, solange er die Sachherrschaft rechtmäßig begründet hat (…). Bei vermieteten Räumen steht das Hausrecht grundsätzlich allein dem Mieter zu, und zwar auch gegenüber dem Vermieter (…). Er und nicht der Vermieter ist es, der andere vom Betreten der genannten Räumlichkeiten ausschließen kann. Der Vermieter darf ohne Erlaubnis des Mieters die vermieteten Räume grundsätzlich weder selbst betreten noch ist er befugt, anderen wirksam den Zutritt zu gestatten oder zu versagen. Umgekehrt steht es dem Mieter zu, einer anderen Person den Zutritt zu den gemieteten Räumen zu erlauben, und zwar auch gegen den Willen des Vermieters. Einschränkungen hinsichtlich der Alleinzuständigkeit des Mieters sind nur in Ausnahmefällen denkbar. So soll der Vermieter bei größeren Mietshäusern hinsichtlich der Gemeinschaftseinrichtungen (Treppenhaus, Aufzüge und Flure) in der Regel jedenfalls eine Mitberechtigung behalten (…). Nach diesen Grundsätzen stand das Hausrecht an den gemieteten Räumen des Aufsichtsgebäudes allein der S-Bahn Berlin GmbH zu.“
Der Strafantrag kann gem. § 158 Abs. 2 StPO schriftlich oder – bei Gericht oder der Staatsanwaltschaft (diese müssen