Irmgard Gleußner

Zivilprozessrecht


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überhaupt nicht ihren Vorstellungen. Auch den Ausschluss ihrer muslimischen Freundin aus dem Gerichtssaal wegen Tragen eines Kopftuches findet Mona überzogen.[1] Mona beschließt daher, sich kundig zu machen, welche (verfassungsrechtlich) bedeutsamen Grundsätze in einem Zivilprozess zum Tragen kommen. Diese Vorgaben für das richterliche Tätigwerden kann Mona unter dem Stichwort „Verfahrensgrundsätze“ genauer nachlesen.

      2. Teil ErkenntnisverfahrenB. Verfahrensgrundsätze › I. Die Verfahrensgrundsätze im Überblick

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      2. Teil ErkenntnisverfahrenB. Verfahrensgrundsätze › II. Dispositionsgrundsatz

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      a) Verfahrensbeginn

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      Ein Zivilprozess wird nur durch Erhebung einer Klage gem. § 253 ZPO eingeleitet. Jeder Zivilprozess beruht auf der aktiven Handlung einer Partei („wo kein Kläger, da kein Richter“). Kein Gericht ist befugt, von Amts wegen ein Zivilverfahren in Gang zu setzen.

      Beispiel

      Der Vater von Thomas zahlt keinen Unterhalt. Das Familiengericht in Köln ist nicht befugt, von Amts wegen einen Prozess gegen den Vater einzuleiten. Das ist allein Sache von Thomas.

      b) Bestimmung des Streitgegenstandes

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      Ausgangsfall

      c) Verfahrensbeendigung

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      Die Parteien haben es auch in der Hand, dem Gericht den Rechtsstreit „wieder wegzunehmen“. So kann der Kläger seine Klage zurücknehmen (§ 269 ZPO) oder auf den geltend gemachten Anspruch verzichten (§ 306 ZPO). Im Fall eines Verzichts darf der Kläger nicht mehr mit der gleichen Sache zu Gericht. Er ist endgültig ausgeschlossen. Der Beklagte kann den Anspruch des Klägers nach § 307 ZPO anerkennen und damit einen Schlussstrich ziehen. Das prozessuale Anerkenntnis wirkt, egal ob der Anspruch in Wahrheit tatsächlich besteht oder nicht. Die Parteien können zusammen einen Prozessvergleich schließen (§ 794 Abs. 1 Nr. 1 ZPO) oder den Rechtsstreit übereinstimmend nach § 91a ZPO für erledigt erklären. In sämtlichen Fällen darf das Gericht nicht mehr über den ursprünglichen Antrag des Klägers entscheiden. Es muss lediglich eine Kostenentscheidung treffen.

      a) Höherrangige Interessen

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      In bestimmten Situationen muss der Dispositionsgrundsatz (zum Teil) durchbrochen werden, vor allem wenn es um überparteiliche, staatliche Interessen geht. In Ehe- und Kindschaftssachen ist der Grundsatz beispielsweise eingeschränkt (kein Anerkenntnis im Scheidungsprozess, § 113 Abs. 4 Nr. 6 FamFG). Da in Mietsachen sozialpolitische Erwägungen eine erhebliche Rolle spielen, ist das Gericht bei der Entscheidung über die Fortsetzung eines Mietverhältnisses (§ 308a Abs. 1 ZPO) oder über die Frist zur Räumung von Wohnraum (§ 721 ZPO) nicht an die Anträge der Parteien gebunden. Auch die Kostenentscheidung (§§ 91 ff. ZPO) ergeht von Amts wegen. Das Gericht entscheidet also unabhängig von den Parteianträgen, ob die Kosten des Rechtsstreits vom Kläger allein, vom Beklagten allein oder von beiden anteilig getragen werden müssen. Ebenso ergeht die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit (§§ 708 ff. ZPO) von Amts wegen. Das Gericht entscheidet frei darüber, ob der Kläger gegen den Beklagten sogleich vollstrecken darf, auch wenn der Beklagte in die Berufung geht und der endgültige Ausgang des Rechtsstreits ungewiss ist.

      b) Richterliche Hinweispflicht

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      2. Teil ErkenntnisverfahrenB. Verfahrensgrundsätze › III. Verhandlungsgrundsatz

III. Verhandlungsgrundsatz

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