Irmgard Gleußner

Zivilprozessrecht


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für die Prozesshandlung eine Frist bestimmt, muss sie innerhalb dieser Frist vorgenommen werden. Dabei gibt es gesetzliche Fristen (z.B. für die Berufungseinlegung § 517 ZPO oder für die Einlegung der Revision § 548 ZPO) oder richterliche Fristen (z.B. Prozesskostensicherheit § 113 ZPO). Nach Ablauf der Frist ist die Partei mit der Prozesshandlung ausgeschlossen (§ 230 ZPO = Präklusion). Das kann für den Betroffenen äußerst nachteilig sein, etwa wenn er die Frist für die Berufungseinlegung aus „Schusseligkeit“ versäumt hat. Daher gewährt die ZPO in bestimmten Fällen die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand (§ 233 ZPO). Die Prozesshandlung kann dann trotz Verspätung nachgeholt werden. Statthaft ist die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nur in den in § 233 ZPO aufgeführten Fällen (Fristen für die Einlegung von Rechtsbehelfen = Notfristen, Fristen für die Begründung von Rechtsbehelfen und Frist für den Wiedereinsetzungsantrag selbst). Neben dem Wiedereinsetzungsantrag muss die versäumte Prozesshandlung innerhalb der Antragsfrist nachgeholt werden (§ 236 ZPO). Der Antrag auf Wiedereinsetzung ist begründet, wenn die Partei ohne ihr Verschulden (z.B. schwerer Autounfall) an der Einhaltung der Frist gehindert war.[18] Das Verschulden ihres Rechtsanwalts wird der Partei zugerechnet (§ 85 Abs. 2 ZPO). Ist der Wiedereinsetzungsantrag zulässig und begründet, wird die rechtzeitige Vornahme der Prozesshandlung fingiert. Die Präklusion nach § 230 ZPO wird rückwirkend beseitigt.

      Hinweis

      Fristen spielen in der ZPO eine wesentliche Rolle. Die Berechnung von Fristen ist daher ebenso relevant wie die Kenntnis über die Folgen ihrer Versäumung. Grundsätzlich kann eine versäumte Frist durch den Rechtsbehelf der Wiedereinsetzung nachgeholt werden. Die Parteien können sich allerdings nicht auf die Vergesslichkeit ihres Anwalts berufen, da dessen Verschulden der Partei stets zugerechnet wird (§ 85 Abs. 2 ZPO).

      b) Angriffs- und Verteidigungsmittel

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      Beispiel

      2. Teil ErkenntnisverfahrenE. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage › II. Prozessverhalten des Beklagten im Überblick

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      Die Möglichkeiten des Beklagten auf die Klage zu reagieren, sind vielfältig. Er kann den Kopf in den Sand stecken und überhaupt nichts tun. In diesem Fall ergeht Versäumnisurteil (hierzu Rn. 268 ff.). Der Beklagte kann auch aktiv den Rechtsstreit beenden, indem er den prozessualen Anspruch des Klägers anerkennt. Dann ergeht Anerkenntnisurteil (hierzu Rn. 207 ff.). In beiden Fällen gewinnt der Kläger auf ganzer Linie. Der Beklagte kann außerdem versuchen, sich mit dem Kläger in dieser Phase noch gütlich zu einigen. Für einen Prozessvergleich braucht er allerdings die Mitwirkung des Klägers. Schließlich kann der Beklagte den Ehrgeiz entwickeln, die Klage zu Fall zu bringen. Für diese Art der Verteidigung stehen ihm im Wesentlichen drei prozessuale Möglichkeiten zur Verfügung. Diese sind der Klageabweisungsantrag, die Aufrechnung sowie die Widerklage.

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      2. Teil ErkenntnisverfahrenE. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage › III. Der Klageabweisungsantrag

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      Ausgangsfall

      Die V-GmbH bestreitet den von Mona geltend gemachten Gewährleistungsanspruch. Die GmbH trägt vor, dass kein Sachmangel der Fliesen vorliege. Zudem seien die Verfärbungen erst durch ein falsches Putzmittel verursacht worden. Außerdem würden die Austauschkosten maximal 200 € betragen. Prinzipiell muss nun Mona sämtliche streitigen Tatsachen beweisen. Allerdings hat sie ein wenig Glück. Mona muss nicht beweisen, dass der Mangel bereits bei Gefahrübergang vorlag (§ 477 BGB n.F.).

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      Bestreitet der Beklagte die vom Kläger behaupteten Tatsachen nicht, ist das prozessual nicht ungefährlich. Damit gelten die Tatsachen als zugestanden (§ 138 Abs. 3 ZPO). Für den Beklagten