Irmgard Gleußner

Zivilprozessrecht


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c)Konnexität

       MeinungsstreitRn. 200 f.

       II.Begründetheit der Widerklage

      2. Teil ErkenntnisverfahrenE. Prozessverhalten des Beklagten zur Klage › VI. Anerkenntnis

      207

      Neben den eben genannten Verteidigungsstrategien hat der Beklagte auch die Möglichkeit, dem Kläger Recht zu geben und den behaupteten Anspruch anzuerkennen (§ 307 ZPO). Mit diesem Instrument sollte der Beklagte vorsichtig umgehen. Denn durch sein Anerkenntnis ist der Prozess (endgültig) verloren. Es ergeht Anerkenntnisurteil, d.h. der Klage wird ohne Prüfung der materiellen Rechtslage statt gegeben. Der Beklagte geht als Verlierer nach Hause. Diese Niederlage kann allenfalls durch Kostenvorteile etwas versüßt werden. Ein Anerkenntnis sollte daher nur ausgesprochen werden, wenn die Rechtslage völlig eindeutig ist.

      Hinweis

      In der Praxis wird diese Prozesshandlung von erfahrenen Anwältinnen und Anwälten gemieden. Anerkenntnisurteile beruhen meist auf „Anfängerfehlern“.

      208

      Beispiel

      Mona verklagt die Firma V-GmbH auf Ersatz der Austauschkosten für die Fliesen. Die Firma V-GmbH lässt in der mündlichen Verhandlung durch ihren Anwalt vortragen, dass der Anspruch von Mona bestehe und keine Einwendungen erhoben werden. Hierin liegt ein Anerkenntnis (§ 307 ZPO). Die Erklärung bezieht sich auf den geltend gemachten Anspruch (auf die Rechtsfolge). Der Zusatz „unter Verwahrung gegen die Kostenlast“ schadet nicht. Nun muss das Gericht zunächst die Zulässigkeit der Klage prüfen. Ist die Klage zulässig und ist das Anerkenntnis wirksam erklärt (= Vorliegen der Prozesshandlungsvoraussetzungen), ergeht Anerkenntnisurteil. Ob die Klage begründet ist, muss das Gericht nicht mehr klären.

      Variante: Hätte die V-GmbH lediglich eingeräumt, dass die Fliesen mangelhaft sind, würde es sich lediglich um ein Geständnis handeln (§ 288 ZPO). Das Geständnis bewirkt, dass die eingeräumte Tatsache vom Gericht (Mangelhaftigkeit der Fliesen) als wahr unterstellt werden muss. Ob § 439 Abs. 1 BGB den Ersatz von Austauschkosten umfasst, bleibt zwischen den Parteien strittig. Daher muss das Gericht die materielle Rechtslage prüfen. Es darf kein Anerkenntnisurteil erlassen.

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      Sind die Voraussetzungen für ein wirksames Anerkenntnis erfüllt, erlässt das Gericht ein Anerkenntnisurteil (§ 307 S. 1 ZPO). Eine Prüfung der Schlüssigkeit der Klage und der materiellen Rechtslage unterbleibt. Eine mündliche Verhandlung ist seit 2004 nicht mehr nötig (§ 307 S. 2 ZPO). Das Gericht kann daher das Anerkenntnisurteil im schriftlichen Verfahren erlassen. Ein extra Antrag des Klägers („ich beantrage im Fall eines Anerkenntnisses Anerkenntnisurteil“) muss nicht gestellt werden (Ausnahme seit 2014: Revisionsinstanz § 555 Abs. 3 ZPO). Als normales Endurteil ist das Anerkenntnis mit Rechtsmitteln (Berufung, Revision) anfechtbar. Der Überprüfungsgegenstand im Berufungsverfahren ist allerdings darauf beschränkt, ob ein Restitutionsgrund (§ 580 ZPO) vorliegt.

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      Beispiel

      Mona vergisst, ihre Telefonrechnung für den Monat Dezember 2017 zu begleichen. Ihr Vertragspartner erhebt sofort Klage, ohne Mona auf die Säumnis hinzuweisen. Der Richter ordnet frühen ersten Termin an. Im Prozess erkennt Mona noch vor Stellung der Anträge den Anspruch an. Das Gericht prüft, ob das Anerkenntnis wirksam erklärt wurde und die Prozessvoraussetzungen vorliegen. Sodann ergeht Anerkenntnisurteil (§ 307 S. 1 ZPO). Wem muss der Richter die Kosten auferlegen? Nach § 91 ZPO trägt grundsätzlich die unterlegene Partei die (gesamten) Kosten des Rechtsstreits. Hier könnte aber die Spezialnorm des § 93 ZPO vorrangig sein. Danach trägt der Kläger die Kosten, wenn der Beklagte keinen Anlass zur Klage gegeben hat und den Anspruch sofort anerkennt. Anlass zur Klageerhebung besteht aus Sicht des Klägers dann, wenn er bei vernünftiger Betrachtungsweise annehmen darf, die Zahlung nur mittels gerichtlicher Hilfe zu erlangen. Dies ist der Fall, wenn sich der Beklagte in Verzug befindet. Da Mona auch ohne Mahnung in Verzug kommen kann (§ 286 Abs. 2 Nr. 2, Abs. 3 BGB), kommt es hier auf die materielle Rechtslage an. Ist Mona bereits in Verzug, trägt sie die Kosten (§ 91 ZPO). Liegt kein Verzug vor, trägt der Telefonanbieter die Kosten (§ 93 ZPO), da er nicht einmal den Versuch einer außergerichtlichen Rechtsdurchsetzung (Mahnung) unternommen hat. Im Übrigen ist das Anerkenntnis von Mona auch sofort erfolgt, da es noch vor Stellung der Anträge abgegeben wurde.

      Anmerkungen

       [1]

      Ausführlich Zeiss/Schreiber Zivilprozessrecht Rn. 211 f.; MüKo-Rauscher ZPO Einl. Rn. 372 f.

       [2]

      Adolphsen Zivilprozessrecht § 11 Rn. 2.