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Handbuch des Strafrechts


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(§ 348 StGB), so gibt es kein sinnvolles Argument für die These, dass dies zwar bei eigenhändiger Beurkundung, nicht aber dann strafbar sein soll, wenn er sich eines professionellen Fälschers bedient.

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      Das gilt für alle Pflichtdelikte. Ein Pflichtdelikt ist z.B. auch § 288 StGB (Vereitelung der Zwangsvollstreckung). Denn der Täter handelt in der sozialen Rolle eines Vollstreckungsschuldners, aus der ihm die Pflicht erwächst, sein Vermögen für die Befriedigung des Gläubigers bereitzuhalten. Befindet er sich auf Reisen und beauftragt er seinen Freund, Vermögensstücke beiseitezuschaffen, so ist er mittelbarer Täter des § 288 StGB, während der Freund als qualifikationsloses doloses Werkzeug und damit als Gehilfe zu bestrafen ist.[191] Die Gegenmeinung, die in einem solchen Fall die Straflosigkeit beider befürwortet, führt, wie Fischer[192] mit Recht sagt, zu einem nicht akzeptablen Ergebnis: „Diese Lösung müsste die kriminelle Energie potentieller Täter auf die risikolose Gewinnung von außenstehenden Komplizen verlagern.“ So etwas zuzulassen, darf man dem Gesetzgeber nicht unterstellen.

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      Pflichtdelikte sind auch die unechten Unterlassungen. Denn Täter kann nur sein, wer in einer sozialen Pflichtenstellung als Garant für die Nichtabwendung des Erfolges einzustehen hat. Das bedeutet nach der hier vertretenen Lehre, dass ein Garant, der die Abwendung des Erfolges unterlässt, den Tatbestand des betreffenden Deliktes als Täter verwirklicht, auch wenn ein Begehungstäter den Tatbestand durch aktives Handeln erfüllt. Wenn also ein Vater gegen die Tötung des neugeborenen Kindes durch die Mutter nicht einschreitet, ist er Täter eines Tötungsdeliktes durch Unterlassen, obwohl natürlich auch die Mutter den Tatbestand als Täterin verwirklicht.

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      Man kann darüber streiten, ob man hier von einer mittelbaren oder unmittelbaren Täterschaft des Unterlassenden sprechen sollte. Für die Annahme einer unmittelbaren Täterschaft lässt sich geltend machen, dass die Täterschaft des Vaters unabhängig davon ist, ob der Tod des Kindes durch einen Menschen oder durch ein Naturereignis herbeigeführt wird. Im letzten Fall liegt zweifelsfrei eine unmittelbare Unterlassungstäterschaft vor. Doch das ist eine terminologische Frage ohne praktische Bedeutung.

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      Eine Ausnahme von der Täterschaft des unterlassenden Garanten gilt nur für den Fall, dass ein bestimmter Tatbestand nicht durch Unterlassen verwirklicht werden kann. So liegt es bei eigenhändigen Delikten (man kann z.B. keinen Meineid durch Unterlassen begehen), vor allem aber bei Absichtsdelikten. Wenn jemand während seiner Abwesenheit seine Wohnung durch einen Aufseher bewachen lässt und dieser gegen einen Dieb nicht einschreitet, hat der Aufseher trotz seiner Garantenstellung nur eine Beihilfe zum Diebstahl durch Unterlassen begangen. Denn ihm fehlt die für die Tatbestandserfüllung erforderliche Zueignungsabsicht.

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      Der Auffassung, dass das Garantenunterlassen schon als solches täterschaftsbegründend wirkt, nähert sich in zunehmendem Maße auch der Bundesgerichtshof. Er hatte ursprünglich darauf abgestellt, ob der unterlassende Garant einen Täter- oder Teilnehmerwillen habe[193] – ein bei Unterlassungsdelikten besonders untaugliches Abgrenzungskriterium, weil bei völliger Untätigkeit ein irgendwie gearteter Wille nach außen überhaupt nicht hervortreten kann.

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      In neuerer Zeit hat sich das aber geändert. Das Urteil BGHSt 38, 325 ff. bestraft einen Bürgermeister, den die Entscheidung als Garanten für die Abwendung der von ortsansässigen Grundeigentümern ausgehenden Gewässerverunreinigungen ansieht, als Unterlassungstäter, ohne die Möglichkeit einer bloßen Beihilfe auch nur in Erwägung zu ziehen. „Demgemäß hat der Bürgermeister den Tatbestand der Gewässerverunreinigung (§ 324 Abs. 1 StGB) durch Unterlassen verwirklicht, soweit die pflichtwidrige Verabsäumung der von ihm zu ergreifenden Maßnahmen für den Eintritt des Erfolges ursächlich war.“[194] Nestler[195] zieht daraus mit Recht die Folgerung, die These, dass der BGH Täterschaft und Teilnahme bei Unterlassungen immer nach der subjektiven Theorie abgrenze, lasse sich „für den Bereich der Amtsträgergarantenstellungen gem. § 324 StGB … nicht mehr aufrechterhalten“. Der BGH bejahe „mit der Feststellung einer Garantenstellung gleichsam automatisch die Täterschaft des Bürgermeisters“.

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      Diese Rechtsprechung beschränkt sich aber keineswegs auf Amtsträger. So wird in BGHSt 41, 113 ff. ein Vater, der gegen Misshandlungen seines Kindes nichts unternommen hatte, ohne weiteres als Täter einer Körperverletzung bestraft. „Indem er nicht in der geforderten Weise eingeschritten ist und dadurch Schädigungen des Kindes verhindert hat, hat der Angeklagte durch Unterlassen das seiner Fürsorgepflicht unterstehende Kind … gequält.“[196] Auch in einem Fall der Untreue[197] hat der BGH den Garanten als mittelbaren Täter bestraft. Eine ausdrückliche Anerkennung der Lehre von den Pflichtdelikten fehlt freilich bisher auch im Bereich der unechten Unterlassungen.

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      Man wird eine Täterschaft des Garanten auch dann annehmen müssen, wenn er sich nicht auf ein Unterlassen beschränkt, sondern einen aktiven, aber nicht herrschaftsbegründenden Tatbeitrag leistet. Wird ein Kind getötet, ist der Vater also auch dann Täter, wenn er dabei in geringfügiger Weise aktiv mitgewirkt hat.[198]

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      In der Literatur ist die Frage der Abgrenzung von Täterschaft und Teilnahme bei Unterlassungen heillos umstritten. Eine verbreitete Meinung folgt der Tatherrschaftslehre auch hier und sieht ein garantenpflichtwidriges Unterlassen neben einer Begehungstat stets nur als Beihilfe an. Aber damit wird nicht nur der Charakter der unechten Unterlassungen als Pflichtdelikte verkannt. Es ist auch nicht einzusehen, warum ein gegen äußere Umstände nicht einschreitender Garant stets Unterlassungstäter sein soll, während derjenige, der gegen eine von Menschen drohende Gefahr nicht vorgeht, in den Genuss der milderen Beihilfebestrafung kommen soll. Denn von Menschen ausgehende Gefahren sind meist leichter abzuwenden (durch Anruf und erforderlichenfalls Drohung mit Anzeige) als ein durch äußere Umstände sich anbahnendes Unglück.

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      Andere differenzieren nach der Art der Garantenstellung: Der unterlassende Schutzgarant soll im Verhältnis zum Begehungstäter ebenfalls Täter, der Überwachungsgarant nur Gehilfe sein. Aber diese Lösung ist, soweit sie eine Beihilfe annimmt, denselben Einwänden ausgesetzt. Auch liegen Schutz- und Überwachungsgarantenstellungen oft gemeinsam vor und gestatten dann keine Differenzierung. Die Wasserwacht hat die vom Meer ausgehenden Gefahren zu kontrollieren, ist aber gleichzeitig Schutzgarant der Badegäste. Auch der BGH hat eine solche Unterscheidung nicht getroffen, wie das Beispiel des seine Überwachungspflicht versäumenden Bürgermeisters zeigt.

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      Auch mit Hilfe der Entsprechungsklausel des § 13 StGB wird eine differenzierende Abgrenzung versucht. Das alles gehört freilich in die Unterlassungsdogmatik und kann deshalb hier nicht in allen Einzelheiten behandelt werden.[199]

      12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme§ 52 Mittelbare Täterschaft › H. Mittelbare Täterschaft bei Wegnahme ohne Zueignungsabsicht?

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      Früher wurde in Teilen der Literatur die