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Handbuch des Strafrechts


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      Eine mittelbare Täterschaft scheidet hier aus, weil vom Vorsatz des A nur eine Anstiftung erfasst war. Eine Anstiftung liegt aber auch nicht vor, weil diese nach § 26 StGB eine vorsätzliche Haupttat voraussetzt. So kann A nur wegen versuchter Anstiftung zur Tötung (§ 30 Abs. 1 StGB) bestraft werden. Bei Vergehen und bei einer geplanten Beihilfe fehlt jede Bestrafungsmöglichkeit, weil in diesen Fällen der Versuch nicht unter Strafe steht.

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      Das Ergebnis ist sehr unbefriedigend, weil der Hintermann in diesen Fällen eine vollendete Tatbestandsverwirklichung wollte und auch erreicht hat. Der Entwurf 1962 hatte deshalb eine Sondervorschrift (in § 32) vorgesehen:

      (1) Wie ein Anstifter wird bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen rechtswidrig begangener Tat in der irrigen Annahme bestimmt hat, der Täter werde bei der Begehung vorsätzlich handeln.

      (2) Entsprechendes gilt für die Beihilfe.

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      Die Vorschrift ist bei den Gesetzesberatungen gestrichen worden, weil sie „zu sehr ins Detail“[207] ginge. Der Versuch einiger Autoren, dennoch eine Teilnahmebestrafung anzunehmen,[208] ist untauglich, weil nach dem Wortlaut der §§ 26, 27 StGB eine Teilnahme zwingend den Vorsatz des Täters erfordert und weil der Gesetzgeber die Strafbarkeitslücke bewusst in Kauf genommen hat.

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      Ein solcher Fall liegt vor, wenn z.B. A dem vermeintlich gutgläubigen B eine tödliche Spritze mit der Bitte gibt, sie dem C zu injizieren, B aber den Sachverhalt durchschaut und dem Wunsch des A trotzdem entspricht. Dasselbe Problem ergibt sich, wenn A den B irrtümlich für geisteskrank hält.

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      Bei diesem Sachverhalt scheidet eine mittelbare Täterschaft aus, weil der unmittelbar Handelnde in eigener Verantwortung tätig wird und selbst die Tatherrschaft innehat. Es liegt aber eine versuchte mittelbare Täterschaft und damit ggf. eine Versuchsstrafbarkeit vor, wenn man mit der hier vertretenen Meinung bei der mittelbaren Täterschaft einen – in diesem Fall untauglichen – Versuch bejaht, sobald der Hintermann das Geschehen aus seiner Einflusssphäre entlassen hat, wie es im Beispielsfall durch das Aus-der-Hand-geben der Spritze geschehen ist.[209]

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      Daneben liegt immer auch eine Anstiftung zum vollendeten Delikt vor. Das ist verhältnismäßig leicht begründbar, wenn der unmittelbar Handelnde entgegen der Annahme des Hintermannes zurechnungsfähig ist. Denn der Hintermann hat, wie § 26 es verlangt, „vorsätzlich einen anderen zu dessen vorsätzlich begangener rechtswidriger Tat bestimmt“. Dass er sogar mittelbarer Täter sein wollte, hindert eine Teilnahmebestrafung nicht. Denn diese setzt keinen „Teilnehmerwillen“ voraus. Teilnahme ist vielmehr ein „akzessorischer Rechtsgutsangriff“[210], der nach dem Grundsatz der limitierten Akzessorietät sowohl bei einem geisteskranken wie bei einem zurechnungsfähigen unmittelbaren Täter gegeben ist. Die weitergehende Täterschaftsvorstellung des Veranlassers beeinträchtigt also das gleichzeitige Vorliegen einer Anstiftung nicht.[211]

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      Schwieriger ist es, eine Anstiftung zu begründen, wenn der Hintermann irrig vom fehlenden Vorsatz des unmittelbar Handelnden ausgeht. Denn in einem solchen Fall ist die Vorstellung des Veranlassenden nicht auf eine tatbestandsmäßig-rechtswidrige Haupttat i.S.d. § 26 StGB gerichtet, da diese einen Tätervorsatz des Ausführenden verlangt. Gleichwohl lässt sich auch hier eine Anstiftung bejahen.[212] Denn A hat den B vorsätzlich zu einer Tat bestimmt, die dieser auch vorsätzlich begangen hat, so dass den Anforderungen des § 26 StGB Genüge getan ist. Ein akzessorischer Rechtsgutsangriff liegt also vor, sofern man auf einen speziellen Anstiftervorsatz verzichtet. Dies aber ist geboten, weil es nicht angeht, dass ein vorsätzlicher Tatverursacher ggf. (d.h. bei fehlender Versuchsstrafbarkeit) nur deshalb straflos sein soll, weil er sich sogar in einer Täterposition wähnte.

      12. Abschnitt: Täterschaft und Teilnahme§ 52 Mittelbare Täterschaft › Ausgewählte Literatur

Achenbach, Hans Aus der 2003/2004 veröffentlichten Rechtsprechung zum Wirtschaftsstrafrecht, NStZ 2004, 549 ff.
Ambos, Kai Tatherrschaft durch Willensherrschaft kraft organisatorischer Machtapparate – Eine kritische Bestandsaufnahme und weiterführende Ansätze, GA 1998, 226 ff.
Ambos, Kai Journal of International Criminal Justice (JICJ), 2007.
Amelung, Knut (Hrsg.) Individuelle Verantwortung und Beteiligungsverhältnisse in bürokratischen Organisationen des Staates, der Wirtschaft und der Gesellschaft, 2000.
Bloy, René Die Beteiligungsform als Zurechnungstypus im Strafrecht, 1985.
Bloy, René Grenzen der Täterschaft bei fremdhändiger Tatausführung, GA 1996, 424 ff.
Bottke, Wilfried Probleme der Suizidbeteiligung, GA 1983, 30 ff.
Bottke, Wilfried Täterschaft und Gestaltungsherrschaft, 1992.
Brandts, Ricarda/Schlehofer, Horst Die täuschungsbedingte Selbsttötung im Lichte der Einwilligungslehre, JZ 1987, 442 ff.
Charalambakis, Aristoteles Selbsttötung aufgrund Irrtums und mittelbare Täterschaft, GA 1986, 485 ff.
Chen, Jyh-Huei Das Garantensonderdelikt, 2003 (Diss. veröffentl. 2006).
Conde, Francisco Muñoz Die Verleitung zum Suizid durch Täuschung, ZStW 106 (1994), 547 ff.
Geilen, Gerd Suizid und Mitverantwortung, JZ 1974, 151 ff.
Greco, Luís Organisationsherrschaft und Selbstverantwortungsprinzip, ZIS 2011, 9 ff.
Heinrich, Manfred Rechtsgutszugriff und Entscheidungsträgerschaft, 2002.
Herzberg, Rolf Dietrich Abergläubische Gefahrabwendung und mittelbare Täterschaft durch Ausnutzung eines Verbotsirrtums, Jura 1990, 16 ff.
Herzberg, Rolf Dietrich Das Fujimori-Urteil: Zur Beteiligung des Befehlsgebers an den Verbrechen seines Machtapparates, ZIS 2009, 576 ff.
Herzberg, Rolf Dietrich Beteiligung an einer Selbsttötung oder tödlichen Selbstgefährdung als Tötungsdelikt,