Klaus Malek

Verteidigung in der Hauptverhandlung


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dass sein Mandant von anderen Verfahrensbeteiligten mit Umgangsformen bedacht wird, die sich der Grenze zur Beleidigung nähern, darf sich nicht wundern, wenn er als Verfahrensgegner nicht mehr ernst genommen wird. Gerade in der Hauptverhandlung, in der meist die erste direkte Konfrontation des Angeklagten mit Staatsanwaltschaft und Gericht stattfindet, erweist sich die Wichtigkeit des couragierten Verteidigerbeistandes für den Mandanten. Der Verteidiger muss daher gegenüber der Staatsanwaltschaft und dem Gericht mit dem Anspruch und dem Bewusstsein eines gleichgeordneten Verfahrensbeteiligten auftreten. Insbesondere unterliegt die Art seiner Verteidigungsführung nicht deren Kontrolle.[14] Im Verhältnis zum Staatsanwalt gilt der Grundsatz der Waffengleichheit zwischen Anklagebehörde und Verteidigung, der aus Art. 6 Abs. 1 S. 1 EMRK herzuleiten ist, und der gewährleisten soll, dass den Beteiligten eines Strafverfahrens nicht ohne sachliche Notwendigkeit unterschiedliche Rechtspositionen im Prozess eingeräumt werden.[15] Dass die StPO selbst zahlreiche Regelungen enthält, die einem solchen Anspruch nicht gerecht werden,[16] sollte den Verteidiger nicht daran hindern, in geeigneten Situationen an die Existenz dieses Grundsatzes zu erinnern.

      

      Hinweis

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      Hinweis

      Die praktische Erfahrung zeigt, dass die Bereitschaft der Verteidigung, durch einseitige Nachgiebigkeit, etwa durch ein frühes Geständnis des Angeklagten ohne Taktieren und ohne die Vorteile einer Vereinbarung nach § 257c, dem Gericht die Arbeit zu erleichtern, in der Regel nicht honoriert wird. Über die Gründe für diese Erfahrung (von der es selbstverständlich Ausnahmen gibt!) kann nur spekuliert werden: Möglicherweise „verbindet“ eine lange dauernde Hauptverhandlung auch die Kontrahenten eines Strafverfahrens in dem Sinne, dass eine harte Bestrafung des Gegners schwerer fällt als in einem sprichwörtlich „kurzen Prozess“; vielleicht ist es in psychologischer Hinsicht auch einfacher, jemanden zu bestrafen, dessen Täterschaft durch das eigene Geständnis „einwandfrei“ feststeht und nicht nur aufgrund der gerichtsbekannt irrtumsanfälligen Würdigung von Indizien und Beweismitteln. Der Verteidiger darf sich deshalb bei Richtern, die er nicht kennt und nicht einzuschätzen vermag, nicht etwa durch mehr oder weniger deutliche Versprechungen ködern lassen („diese Kammer weiß ein Geständnis stets zu würdigen“[!]) und der naheliegenden Versuchung erliegen, durch eine „weiche“ Verteidigungslinie die Milde des Gerichts einhandeln zu wollen.

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      Teil 2 AllgemeinesIV. Die Stellung des Verteidigers und sein Verhältnis zu den Prozessbeteiligten › 3. Verhältnis zum Angeklagten

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Durch Nichts und Niemanden darf sich der Vertheidigerabhalten lassen, das für den Schutz seines Clienten Nothwendigevorzukehren, auch nicht durch den Beschuldigten selbst(Vargha Die Vertheidigung in Strafsachen, 1879, § 215)

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