Gerhard Dannecker

Insolvenzstrafrecht


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beigemessene Wirkung auch in den übrigen Mitgliedstaaten. Obwohl die Wirkung der Eröffnung eines Partikularinsolvenzverfahrens grds. territorial begrenzt ist, wird sie auch in den anderen Mitgliedstaaten gem. § 17 Abs. 2 EuInsVO anerkannt.[60] Daraus können sich mit Blick auf die objektive Bedingung der Strafbarkeit in § 283 Abs. 6 StGB[61] Bindungswirkungen ergeben. Die Erstreckung eines deutschen Hauptinsolvenzverfahrens auf das ausländische Vermögen des Schuldners hat auch dessen strafrechtlichen Gläubigerschutz für dieses Vermögen zur Folge. Verschiebungen ausländischer Vermögensteile und sonstige unmittelbar das Schuldnervermögen schmälernde und damit Gläubiger gefährdende Bankrotthandlungen im Vorfeld oder während eines Hauptinsolvenzverfahrens sind daher in Deutschland strafbare Tathandlungen, soweit die Voraussetzungen der strafanwendungsrechtlichen Regelung des § 7 StGB vorliegen.[62] Ob auch Buchführungs- und Bilanzdelikte, die im Ausland begangen worden sind, dem deutschen Strafrecht unterliegen, ist hingegen zweifelhaft. Grundsätzlich wird dem Hauptinsolvenzverfahren Vorrang eingeräumt, in dem nicht nur die Eröffnungsentscheidung nach Art. 16 EuInsVO automatisch gilt, sondern nach Art. 25 Abs. 1 EuInsVO auch für alle zur Durchführung und Beendigung des Insolvenzverfahrens ergangenen Entscheidungen des zuständigen Gerichts einschließlich eines Vergleichs gelten. Entsprechend kann auch der im Hauptinsolvenzverfahren bestellte Insolvenzverwalter in den anderen Mitgliedstaaten alle Befugnisse ausüben, die ihm nach dem Recht des Staates der Verfahrenseröffnung zustehen.

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      Anmerkungen

       [1]

      Zur historischen Entwicklung der Konkurs-/Insolvenzstraftaten vor dem 1. WiKG vgl. NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 9 ff.; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 33 ff.; Schönke/Schröder-Heine/Schuster Vorbem. §§ 283 ff. Rn. 1, jeweils m.w.N.; Dohmen S. 49 ff.; Weyand/Diversy Rn. 15 ff.

       [2]

      BGBl. I, S. 2034; vgl. dazu NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 14 ff.; LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 40 ff. m.w.N.; Wabnitz/Janovsky-Dannecker/Bülte 1. Kap. Rn. 81 f.

       [3]

      Vgl. dazu die amtl. Begründung BT-Drucks. 7/3441, S. 19; Stree JuS 1965, 465, 470 ff.; Tiedemann ZRP 1975, 129, 130; Schlüchter MDR 1978, 977 ff.

       [4]

      So verlangte der Wortlaut der §§ 209 ff. a.F. KO keine Gefährdung der Gläubigerinteressen und konnte somit auch rechtlich neutrale Handlungen zu strafrechtlich relevantem Unrecht aufwerten.

       [5]

      NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 14.

       [6]

      Diese Sachverständigenkommission wurde 1972 vom damaligen Bundesjustizminister Gerhard Jahn einberufen und nahm am 29.11.1974 ihre Arbeit auf.

       [7]

      Wabnitz/Janovsky-Dannecker/Bülte 1. Kap. Rn. 82 ff.

       [8]

      So die amtliche Begründung BT-Drucks. 7/3441, S. 34; vgl. auch LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 43.

       [9]

      Vgl. insgesamt zu Ziel und Inhalt dieser Reform NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 15 f.

       [10]

      Dazu und zur zögerlichen Reaktion in der Praxis s. den Hinweis von LK-StGB-Tiedemann Vor § 283 Rn. 42.

       [11]

      BT-Drucks. 7/5291, S. 18.

       [12]

      NK-StGB-Kindhäuser Vor §§ 283–283d Rn. 16; vgl. auch zur Auslegung Steinberg/Valerius/Popp-Hagemeier S. 129, 131 ff.

       [13]

      Vgl. AE § 192.

       [14]

      Vgl. Begr. AE S. 81.

       [15]

      BVerfG NJW 2011, 1578; BGHZ 143, 301, 304; BGH NJW 1986, 1104.

       [16]

      Bittmann-Sperling § 13 Rn. 17.

       [17]

      Brand wistra 2012, 92.