Gerhard Dannecker

Insolvenzstrafrecht


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Von der herrschenden Meinung[57] wird mit Blick auf die verfassungsrechtliche Legitimation[58] auch ein überindividuelles Interesse am Schutz des gesamtwirtschaftlichen Systems bejaht. Dafür spricht, dass die Insolvenz infolge der starken wirtschaftlichen Verflechtung der Gläubiger untereinander typischerweise einen Dominoeffekt zu Lasten weiterer Wirtschaftssubjekte weit über den Kreis der eigentlichen (aktuellen) Gläubiger hinaus auslöst.[59] Die Tatsache, dass die §§ 283 ff. StGB – anders als reine Vermögensdelikte – ein bloß abstrakt gefährliches Verhalten schon bei einfacher Fahrlässigkeit als strafrechtswidrig einstufen (vgl. etwa § 283b Abs. 2 StGB), ließe sich zudem ansonsten nicht rechtfertigen.[60] Weiter wird zu Recht auf die hohen Schäden und auf die Sog- und Spiralwirkung hingewiesen, die von Insolvenzdelikten verursacht werden bzw. von ihnen ausgehen.[61] Schließlich werde das Vertrauen in das Wirtschaftssystem insgesamt – zumindest aber sektoral – durch solche Delikte verletzt, was dieses in seiner Bestandskraft beeinträchtige und allein schon aus diesem Grund eine erhöhte Schutzwürdigkeit aufweise.[62] Zusammengefasst rekurrieren die angeführten Argumente zum einen auf die mögliche gesamtwirtschaftliche Bedeutung einer einzelnen Insolvenz, zum anderen auf das gestörte Vertrauen in den Kredit als ein notwendiges Instrumentarium einer modernen Wirtschaftsordnung.[63] Hierbei kommt es nicht auf das individuelle Vertrauen der Marktteilnehmer, sondern auf das institutionalisierte Vertrauen an.[64]

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      Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und InsolvenzstrafrechtsC. Geschützte Rechtsgüter und Systematik des Insolvenzstrafrechts › II. Systematik der Insolvenzdelikte

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      Hinsichtlich des Gegenstands und des Zwecks der Regelung der §§ 283 ff. StGB kann unterschieden werden zwischen den bestandsbezogenen Bankrotthandlungen, durch die eine Überschuldung, Zahlungsunfähigkeit oder Verringerung des Vermögensbestands, der im Falle einer Insolvenz zur Insolvenzmasse zählt, herbeigeführt wird, und den informationsbezogenen Bankrottdelikten, durch die der Täter unrichtige Informationen über seinen Vermögensbestand gibt oder die ihm obliegende Darstellung seines Vermögensbestands unrichtig oder überhaupt nicht ausführt.

      Teil 1 Grundfragen des Insolvenz- und InsolvenzstrafrechtsC. Geschützte Rechtsgüter und Systematik des Insolvenzstrafrechts › III. Sonderdelikte

III. Sonderdelikte

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