Robert Esser

Handbuch des Strafrechts


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nur in Rechtsordnungen ihren Platz, in denen ein „imperatives“ Rechtsverständnis vorherrschend ist[113]. Im deutschen Kern- und Nebenstrafrecht einschließlich seiner Blanketttatbestände gilt dagegen, dass „Unrecht“ nicht nur „darum Unrecht [ist], weil es verboten ist, sondern es wird verboten, weil es Unrecht ist“[114]. Damit ist es auch hier die Missachtung oder sogar effektive Verletzung von Rechtsgütern, an dem Anstoß genommen werden muss. Dies gilt jedenfalls soweit, wie der Bürger in der Verantwortung ist, einen Lebenssachverhalt selbst unter das Gesetz zu subsumieren (anders bei strafbewehrten Verwaltungsakten, u. Rn. 53). Von „schlichten Nebenpflichten“[115] oder „Bagatellkriminalität“, so die Prämisse der Gegenansicht, kann bei alldem nicht die Rede sein[116], wenn man etwa an das endlose Weiterwirtschaften bei Zahlungsunfähigkeit (§ 15a Abs. 1 und 4 InsO), das Ausnutzen von Insiderinformationen (§ 38 Abs. 3 WpHG i.V.m. Art. 14 EU-Marktmissbrauchsverordnung), einen Müllexport nach Westafrika (§ 326 Abs. 2 StGB i.V.m. Art. 40 EG-Abfallverbringungsverordnung) oder gar an Waffenlieferungen an militärisch agierende Terrororganisationen (§ 17 Abs. 1 AWG i.V.m. §§ 80 i.V.m. 74 AWV) denkt.

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      1. Abschnitt: Das Strafrecht im Gefüge der Gesamtrechtsordnung§ 4 Anknüpfung des Strafrechts an außerstrafrechtliche Normen › C. Verweisung auf Verwaltungsakte und andere konstitutive Einzelanordnungen

C. Verweisung auf Verwaltungsakte und andere konstitutive Einzelanordnungen

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      Ist die Strafdrohung bei § 327 StGB, § 18 Abs. 2 AWG oder § 21 Abs. 1 Nr. 1 Alt. 1 StVG an die Vornahme einer Handlung ohne Einholung eines erforderlichen Verwaltungsakts, namentlich an eine Genehmigung geknüpft, ergeben sich dagegen keine Besonderheiten in Bezug auf Art. 103 Abs. 2 GG. Die Strafbarkeit wird durch den gesetzlichen Tatbestand schließlich vollständig beschrieben.

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