geregelt, das deliktische bzw. schadensrechtliche Ansprüche verdränge. Solche Ansprüche würden außerdem dem Wesen der Ehe als sittlich-ideeller Lebensgemeinschaft und dem innerehelichen Vorgang eines Ehebruchs nicht gerecht, da sie nicht vom Schutzzweck der deliktischen Haftungstatbestände umfasst seien.[17] Ein Ersatz der durch das ehewidrige Verhalten des M verursachten Arztkosten (Fall 10) scheidet danach unter dem Gesichtspunkt des ehewidrigen Verhaltens oder der Verletzung des räumlich-gegenständlichen Bereichs der Ehe aus.
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In Betracht kommen Schadensersatzansprüche aber bei Verletzungen anderer absoluter Rechte und Rechtsgüter, wie z.B. der körperlichen Unversehrtheit (Nervenzusammenbruch des betrogenen Ehegatten). In diesem Fall besteht auch zwischen Ehegatten grds. Rechtsschutz nach den allgemeinen Regeln, so dass F die Arztkosten (Fall 10) – soweit eine Beeinträchtigung der Gesundheit nachweisbar durch das Verhalten des M eingetreten ist – erstattet verlangen kann. Daneben besteht nach hier vertretener Ansicht auch eine Haftung nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 wegen Verletzung der Pflicht zur Rücksichtnahme (dazu noch Rn. 141 f., 144) auf die Rechtsgüter (Gesundheit, Psyche) und Interessen (Ungestörtheit in der Ehewohnung[18]) des anderen Ehegatten.
b) Ansprüche gegen den Drittstörer
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(1) Unterlassungsansprüche
Im Verhältnis des betroffenen Ehegatten zum Ehestörer beschränkt sich der Rechtsschutz von vornherein auf das Deliktsrecht. Konsequenterweise verneint der BGH auch gegenüber dem Dritten einen Unterlassungsanspruch im Hinblick auf ein absolutes Recht am „ungestörten Fortbestand der ehelichen Lebensgemeinschaft“[19] sowie im Hinblick auf Gesundheits- und andere durch ehestörendes Verhalten eingetretene Rechtsgutsverletzungen.[20] Würde gegen den Drittstörer zwangsweise vorgegangen, so der BGH,[21] müsste dies auf den anderen Ehepartner jedenfalls mittelbar Druck ausüben, der sich mit den eherechtlichen Vorschriften (§ 1353 Abs. 1 S. 2; § 120 Abs. 3 FamFG) nicht vereinbaren ließe. So verbleibt es gegenüber dem mitwirkenden Drittstörer nach der Rechtsprechung ebenfalls bei einem Unterlassungs- und Beseitigungsanspruch allein wegen der Beeinträchtigung des absolut geschützten Rechts am räumlich-gegenständlichen Ehebereich (§ 1004 Abs. 1 analog, § 890 ZPO).
(2) Schadensersatzansprüche
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Auch dem Dritten gegenüber werden Schadensersatzansprüche aus § 823, die neben Gesundheitsschäden z.B. hinsichtlich der Kosten für ein Scheidungsverfahren oder ein Vaterschaftsanfechtungsverfahren relevant werden können, durchgehend abgelehnt.[22] Ein solcher Anspruch müsste, so der BGH, über den Gesamtschuldnerausgleich (§§ 840 Abs. 1, 426 Abs. 1) zu einem dem Eherecht widersprechenden Druck auf den mitbetroffenen Partner führen.[23]
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 6 Eheliche Pflichten und Haftung bei Pflichtverletzungen › II. Pflicht zur Rücksichtnahme
II. Pflicht zur Rücksichtnahme
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 6 Eheliche Pflichten und Haftung bei Pflichtverletzungen › II. Pflicht zur Rücksichtnahme › 1. Rechtliche Grundlage
1. Rechtliche Grundlage
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Als echte Rechtspflicht bleibt für den persönlichen Bereich der Ehegatten nach hier vertretener Ansicht nur die (allgemein-schuldrechtliche) Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2, die bei schuldhafter Verletzung eine Haftung nach § 280 Abs. 1 zur Folge haben kann. Es handelt sich dabei zwar nicht um eine spezifisch eherechtliche Pflicht, weshalb diese Pflicht grundsätzlich mit all ihren Ausprägungen gleichermaßen auch im Rahmen anderer Lebensgemeinschaften bzw. familienrechtlicher Rechtsverhältnisse Geltung erlangt (Rn. 142), aber sie kann und muss mit Blick auf den eherechtlichen Kontext im Einzelfall näher konkretisiert werden.[24] Zu unterscheiden ist zwischen der Rücksichtnahmepflicht in vermögensrechtlichen Belangen[25] und in persönlichen Bereichen.
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Bei anderen Lebensgemeinschaften bzw. familienrechtlichen Rechtsverhältnissen (z.B. nichtehelichen Lebensgemeinschaften) ist die Begründung eines Schuldverhältnisses als Voraussetzung einer Rücksichtnahmepflicht nach § 241 Abs. 2 etwas schwieriger, weil es keine Primärleistungspflichten i.S.v. § 241 Abs. 1 gibt, die Ausdruck eines Schuldverhältnisses sind. Allerdings ist unstreitig, dass es auch Schuldverhältnisse geben kann, die sich auf die Pflichten i.S.v. § 241 Abs. 2 beschränken: Zwischen zwei Personen existiert immer dann ein Schuldverhältnis mit den Pflichten aus § 241 Abs. 2, wenn das Integritätsinteresse der Beteiligten besonders schutzwürdig und -bedürftig ist. Das ist vor allem in Fällen anzunehmen, in denen im Rahmen einer Sonderverbindung zwischen zwei Personen erhöhte Einwirkungsmöglichkeiten auf die Integritätssphäre des jeweils anderen und eingeschränkte Verteidigungsmöglichkeiten (bzw. eine eingeschränkte Verteidigungsbereitschaft) zum Schutz der eigenen Sphäre bestehen;[26] dem in solchen Fällen gegebenen besonderen Schutzbedürfnis der Beteiligten kann durch die Annahme eines (vom Gesetzgeber vorausgesetzten bzw. an die Tatsache der Existenz einer nichtehelichen Lebensgemeinschaft anzuknüpfenden) Schuldverhältnisses mit den besonderen Rücksichtnahmepflichten nach § 241 Abs. 2 Rechnung getragen werden.[27] Gerade in familienrechtlichen Verhältnissen, insbesondere in der nichtehelichen Lebensgemeinschaft, kommt der Sinn und Zweck von Rücksichtnahmepflichten besonders zum Tragen, weil sich die Lebensgefährten in vertrauter Atmosphäre treffen, sich gegenseitig Vertrauen entgegenbringen und jeder daher erhöhte Einwirkungsmöglichkeiten auf (und Einblicke in) den Rechts- und Interessenkreis des jeweils anderen hat.
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 6 Eheliche Pflichten und Haftung bei Pflichtverletzungen › II. Pflicht zur Rücksichtnahme › 2. Mitwirkung bei der steuerlichen Veranlagung
2. Mitwirkung bei der steuerlichen Veranlagung
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Praktisch relevant ist vor allem die Pflicht zur Mitwirkung bei der gemeinsamen Steuerveranlagung.[28] Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist ein Ehegatte dem anderen gegenüber verpflichtet, in eine von diesem gewünschte Zusammenveranlagung zur Einkommensteuer einzuwilligen, wenn dadurch die Steuerschuld des anderen verringert und der auf Zustimmung in Anspruch genommene Ehegatte keiner zusätzlichen steuerlichen Belastung ausgesetzt wird.[29] Diese Verpflichtung ist klagbar und vollstreckbar.[30] Wird die Zustimmung ohne berechtigten Grund verweigert, entsteht eine Schadensersatzpflicht. Davon geht auch die Rechtsprechung aus,[31] obwohl sie im Grundsatz Schadensersatzansprüche bei einer Verletzung der Pflicht zur ehelichen Lebensgemeinschaft verneint (dazu Rn. 137 f.,