dagegen für rein geschäftsmäßiges Handeln, wie es bei der Verweigerung der Zustimmung zur Zusammenveranlagung in Rede steht.“[32]
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 6 Eheliche Pflichten und Haftung bei Pflichtverletzungen › II. Pflicht zur Rücksichtnahme › 3. Gestattung der Mitbenutzung von Ehewohnung und Haushaltsgegenständen
3. Gestattung der Mitbenutzung von Ehewohnung und Haushaltsgegenständen
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Auch die allgemein anerkannte Verpflichtung jedes Ehegatten, dem anderen die Mitbenutzung der ihm gehörenden oder von ihm angemieteten ehelichen Wohnung sowie der ihm gehörenden Haushaltsgegenstände zu gestatten,[33] ist dogmatisch vorzugswürdiger Weise aus § 241 Abs. 2 abzuleiten. Trotz des sachlichen Zusammenhangs mit dem persönlichen Aspekt einer häuslichen Lebensgemeinschaft der Ehegatten hat diese Pflicht überwiegend vermögensrechtlichen Charakter.[34] Dies zeigt sich schon daran, dass sie – insbesondere in Bezug auf den Wohnbedarf – Teil des Familienunterhalts ist (dazu Rn. 177, 180). Haben die Ehegatten die im Alleineigentum eines Ehegatten stehende Wohnung zur gemeinsamen Ehewohnung bestimmt, so entstehen auch für den einziehenden Ehegatten berechtigte (persönliche und finanzielle) Interessen daran, die Ehewohnung selbst nutzen zu dürfen. Auf diese Interessen hat der Eigentümer-Ehegatte gemäß § 241 Abs. 2 Rücksicht zu nehmen, wobei zu beachten ist, dass die Ehe als zugrundeliegendes Schuldverhältnis eine Verantwortungsgemeinschaft (§ 1353 Abs. 1 S. 2 Hs. 2) ist. Der Gesetzgeber kann den Eigentümer-Ehegatten zwar nicht gegen seinen Willen verpflichten, seine Wohnung (weiterhin) mit dem anderen Ehegatten zu teilen und mit ihm zusammen wohnen zu bleiben (Autonomiebereich, vgl. Rn. 33 ff.), aber er kann ihm ein Verhalten untersagen, das auf die schutzwürdigen Interessen des anderen Ehegatten keine Rücksicht nimmt. Will der Eigentümer-Ehegatte nicht länger unter einem Dach mit dem anderen in seiner Wohnung leben, muss er dem anderen zumindest eine von den Umständen[35] abhängige Übergangsfrist gewähren, damit sich dieser auf die neue Situation einstellen und entsprechend disponieren kann. Eine schuldhafte Verletzung dieser Pflicht löst Schadensersatzansprüche gemäß § 280 Abs. 1 aus, z.B. wenn der Eigentümer-Ehegatte den anderen ad hoc „vor die Tür setzt“ und dieser sich vorübergehend ein Hotelzimmer suchen muss. Gegen die Rücksichtnahmepflicht verstößt es außerdem, wenn der Eigentümer-Ehegatte gegen den Willen des anderen Ehegatten einen neuen Lebensgefährten in die Ehewohnung aufnimmt (vgl. Fall 10), solange die eheliche Lebensgemeinschaft noch fortbesteht; zieht der betroffene Ehegatte deshalb aus, kann er für ein übergangsweise genutztes Hotelzimmer Schadensersatz verlangen.
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 6 Eheliche Pflichten und Haftung bei Pflichtverletzungen › II. Pflicht zur Rücksichtnahme › 4. Mitarbeit im Gewerbe des anderen Ehegatten
4. Mitarbeit im Gewerbe des anderen Ehegatten
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Eine Ausprägung der Pflicht zur Rücksichtnahme in Vermögensangelegenheiten ist ferner die in Ausnahmefällen bestehende Pflicht zur Mitarbeit im Gewerbe des anderen Ehegatten. Aus § 1356 folgt – anders als früher – keine generelle Pflicht mehr, im Beruf oder Geschäft des Ehepartners mitzuarbeiten. Aber es können im Laufe der Ehe Situationen entstehen, in denen ein erwerbstätiger Ehegatte auf Hilfe und Beistand durch den anderen in seinem Betrieb angewiesen ist, vor allem, wenn vorübergehend Personalmangel besteht. Aus § 241 Abs. 2 kann dann die Pflicht zur Mithilfe und Mitarbeit im Betrieb oder Geschäft des anderen folgen, sofern und soweit dies dem anderen Ehegatten unter Berücksichtigung der gewählten Rollenverteilung und der übrigen persönlichen und tatsächlichen Umstände zumutbar ist.[36] Dies wird man im Regelfall nur in Notsituationen eines Ehegatten annehmen können.[37] Durch die Mitarbeit leistet der aushelfende Ehegatte nicht nur einen Beitrag zur ehelichen Lebensgemeinschaft, sondern er erbringt auch einen Teil seiner Unterhaltspflicht gemäß § 1360. Verweigert er eine ihm zumutbare Mitarbeit ohne berechtigten Grund, kann er sich gemäß §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 schadensersatzpflichtig machen.
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 6 Eheliche Pflichten und Haftung bei Pflichtverletzungen › II. Pflicht zur Rücksichtnahme › 5. Aufklärungspflicht
5. Aufklärungspflicht
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Im Übrigen, d.h. insbesondere im persönlichen Bereich, wirkt sich die Rücksichtnahmepflicht aus § 241 Abs. 2 als Pflicht zur Aufklärung über alle Umstände aus, die für den jeweils anderen Ehegatten erkennbar von Bedeutung sind, aber ihm nicht (in gleichem Maße) bekannt sind wie dem aufklärungspflichtigen Ehegatten. Anders als eine Auskunftspflicht, wirkt eine Aufklärungspflicht retrospektiv: Es geht um Informationen, die einem Teil unbekannt sind, an denen er jedoch – bei rechtzeitiger Kenntnis – sein früheres Verhalten ausgerichtet hätte, um eine Selbstschädigung zu vermeiden. Im Ehegattenverhältnis bedeutet dies, dass jeder den anderen z.B. über (ansteckende) Krankheiten oder über eine geänderte Einstellung zur Familienplanung (z.B. heimliches Absetzen von Verhütungsmitteln) informieren muss. Unterbleibt dies, verletzt der aufklärungspflichtige Ehegatte seine Rücksichtnahmepflicht gegenüber dem anderen und macht sich nach § 280 Abs. 1 schadensersatzpflichtig. Gleiches gilt für „Seitensprung“-Konstellationen: Hier muss die Mutter den „Scheinvater“ ab der Schwangerschaft, spätestens ab der Geburt des Kindes, darüber unterrichten, dass er möglicherweise nicht der biologische Vater ist, damit dieser frei entscheiden kann, ob er eine Klärung der biologischen Vaterschaft herbeiführen und Unterhalt oder sonstige Aufwendungen für das Kind leisten will. Eine – in der Rechtsprechung angenommene – Auskunftspflicht über die Identität des Erzeugers wird den Interessen des Scheinvaters nicht hinreichend gerecht (zum Regress nach § 1607 vgl. Rn. 640 ff.) und greift zudem in die Intimsphäre der Mutter ein, was durch rein finanzielle Interessen des Scheinvaters schon aus verfassungsrechtlicher Sicht nicht gerechtfertigt werden kann.[38]
Dritter Teil Eheliche Lebensgemeinschaft › § 6 Eheliche Pflichten und Haftung bei Pflichtverletzungen › III. Pflichten kraft Parteivereinbarung?
III. Pflichten kraft Parteivereinbarung?
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Folgt man der hier vertretenen Ansicht, dass es im höchstpersönlichen Bereich keine gesetzlichen Rechtspflichten zwischen Ehegatten gibt, so ist damit noch nicht geklärt, ob die Ehegatten in diesem Bereich nicht durch Rechtsgeschäft echte Rechtspflichten begründen können. Für die Haushaltsführung bzw. die Aufgabenverteilung in der Ehe ergibt sich aus § 1356 Abs. 1 S. 1, dass sie im gegenseitigen Einvernehmen geregelt werden. Dieses Prinzip gilt darüber hinaus in allen Bereichen des Eherechts, die der autonomen Gestaltung der Ehegatten unterliegen. Die dogmatische Einordnung bzw. Rechtsnatur des Einvernehmens ist jedoch insbesondere im Hinblick auf seine Bindungswirkung streitig.[39] Aus dem