Herbert Diemer

Jugendgerichtsgesetz


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– BtMG: OLG Hamm StV 2001, 178; vgl. aber BGH NStZ 2001, 381. – Die Tatsache, dass der Tatbestand der Kindestötung (§ 217 StGB) zum 1.4.1998 entfallen ist, hat keinen Einfluss auf den Bestand der Jugendstrafe, weil der Strafrahmen des § 217 Abs. 2 StGB milder als der des § 213 StGB n.F. ist, BGH Beschl. v. 27.11.1998 – 3 StR 332/98; – § 250 Abs. 2 Nr. 1 StGB n.F. ist beim Einsatz einer Schreckschusspistole als Drohmittel nur erfüllt, wenn die Waffe geladen war und in einer das Opfer gefährdenden Weise eingesetzt wurde. Sonst findet § 250 Abs. 1 Nr. 1 Bst. b) StGB Anwendung, der möglicherweise zu einer milderen Jugendstrafe geführt hätte, BGH Beschl. v. 1.12.1998 – 4 StR 566/98. 2. Begrenzungen

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      § 46 Abs. 3 StGB, der die Berücksichtigung von Umständen verbietet, die schon Merkmale des gesetzlichen Tatbestandes sind, gilt im Jugendstrafrecht nicht (BGH NStZ-RR 2009, 155), weil die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts sowie die Strafrahmenänderungen (benannte obligatorische Strafänderungsgründe, besonders schwere oder minder schwere Fälle einschließlich der Regelbeispiele, benannte fakultative Strafänderungsgründe) keine unmittelbare, sondern nur eine mittelbare Bedeutung haben; BGH NStZ-RR 2001, 322 f. (Böhm) und NStZ-RR 2000, 322; OLG Köln StV 2001, 178; vgl. auch Eisenberg NStZ 2001, 335. Wenn bei der Strafzumessung im Jugendstrafrecht ausschließlich Kriterien wie bei Erwachsenen berücksichtigt werden, ist der Zumessungsvorgang unzureichend und der Strafausspruch unterliegt der Revision (BGH NStZ-RR 2020, 30; BGH StraFo 2016, 291; BGH StV 1998, 334 = NStZ-RR 1998, 86; NStZ-RR 1997, 281; StV 1993, 532 und 88, 307; OLG Hamm NStZ 2005, 646). Der in der Praxis häufig wie ein Textbaustein und als salvatorische Klausel verwendete Satz, die Jugendstrafe sei erforderlich, „um zu gewährleisten, dass auf den Angeklagten zur Stabilisierung seiner Persönlichkeit erzieherisch eingewirkt werden kann“, genügt den Anforderungen an die Darlegung nicht (BGH NStZ-RR 2001, 323 [Böhm]; BGH StV 1993, 531 zur unzureichenden Begründung, die verhängte Strafe „sei zur erzieherischen Wirkung auf den Angeklagten unerlässlich“, zu unzureichenden Darlegungen auch BGHR JGG § 18 Abs. 2 Erziehung 8 und BGH StV 1996, 269 – „hoher Erziehungsbedarf“; unzulässig ist auch die Verwischung der Grenze zwischen erzieherischer Einflussnahme durch Strafe und therapeutischer Behandlung durch Maßregelvollzug, BGH NStZ 1998, 86 = StV 1998, 340). Die Urteilsgründe müssen deshalb erkennen lassen, dass dem Erziehungsgedanken die ihm zukommende Beachtung geschenkt und bei der Bemessung der Jugendstrafe das Gewicht des Tatunrechts gegen die Folgen der Strafe für die weitere Entwicklung des Heranwachsenden abgewogen worden ist (BGH Urteil v. 19.2.2014 – 2 StR 413/13). Entscheidend ist die Frage nach dem „Warum“. Vor allem muss begründet werden, warum dem Erziehungsaspekt nur durch Verbüßung einer Haftstrafe Rechnung getragen werden kann (BGH NStZ 1988, 491 [Böhm] = StV 1988, 307). Diese Begründungslast gilt sowohl bei der Jugendstrafe wegen schädlicher Neigungen als auch bei Schwere der Schuld. Immer muss erkennbar sein, dass der Erziehungsgedanke beachtet worden ist, BGH NStZ-RR 2010, 88. Floskeln wie „erzieherisch ausreichend, aber auch erforderlich“ sind nur in Ausnahmefällen ausreichend, z.B. wenn sich aus den Urteilsgründen ergibt, dass sich der Angriff des Angeklagten gegen einen an einer vorangegangenen Auseinandersetzung Unbeteiligten richtet. Die für das Erziehungsbedürfnis bedeutsameren Bezüge zur charakterlichen Haltung und zum Persönlichkeitsbild können in den festgestellten Taten zum Ausdruck gekommen sein, vgl. BGH NStZ 2007, 522. Maßgeblich sind also begründete jugendspezifische Strafzumessungskriterien. Zu Recht warnt Albrecht S. 250 davor, die flexible Rechtsprechung des BGH zu nutzen, Zumessungsentscheidungen insgesamt an unzulässigen Strafzwecken zu orientieren, sie aber gleichzeitig mit spezialpräventiv-erzieherischen Begriffen zu verkleiden. Ein richtig verstandener Erziehungsgedanke sollte zur Einheitlichkeit von Herstellungs- und Darstellungsebene führen; vgl. auch Streng StV 1998, 336.

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      Aus der Tatsache, dass Strafrahmen und Strafänderungsgründe des allgemeinen Strafrechts nicht gelten, hat der BGH die Zulässigkeit einer achtjährigen Jugendstrafe in einem Fall hergeleitet, in dem ein Heranwachsender einen Totschlag unter den Voraussetzungen des § 213 StGB begangen hatte (zulässige Höchststrafe fünf Jahre) (BGH MDR 1955, 372; vgl. auch BGH StV 1982, 27). Diese Entscheidung ist falsch und dürfte inzwischen auch überholt sein. Es gibt zwar keine Bindung der Jugendstrafe an die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts, und die allgemeinen Zumessungskriterien sind auch keine Leitlinien, doch muss wegen der gesetzgeberischen Gewichtung des Tatunrechts eine Beziehung zu den Strafdrohungen des allgemeinen Strafrechts hergestellt werden (Schaffstein/Beulke/Swoboda S. 180 f.). Mit einer vergleichbaren Begründung hat der BGH eine Jugendstrafe von sechs Jahren wegen Totschlags i.S. von § 213 StGB aufgehoben (BGHR JGG § 18 Abs. 1 S. 3 minder schwerer Fall 2). Verhängt der Tatrichter eine verhältnismäßig hohe Jugendstrafe, so muss das Urteil erkennen lassen, dass er in seine Prüfung das Vorhandensein aller im Sinne des § 267 Abs. 3 StPO bestimmenden strafmildernden Umstände einbezogen hat, BGH StV 1993, 531; vgl. auch BGH StV 1996, 269 = DVJJ-J 1996, 300. Begrenzungen ergeben sich aus einer verfassungskonformen Auslegung von § 18 Abs. 2 gleich unter zwei Verfassungsgesichtspunkten. Das Schuldprinzip ist verfassungsrechtlich als Grundrecht anzusehen (BVerfGE 20, 329 f.; Loos 1990, S. 89 f.). Damit gilt auch im Jugendstrafrecht das verfassungsrechtliche Schuldüberschreitungsverbot (grundlegend Miehe 1964, S. 118 ff.). Auch bei einem besonderen Erziehungsbedürfnis darf deswegen die obere Grenze der schuldangemessenen Strafe nicht überschritten werden (BGH StV 1998, 334; NStZ 1990, 389 = StV 1990, 505 = DVJJ-J 1991, 167; BGH NStZ 1986, 71; BVerfGE 50, 214 f.). Trotz ihrer nur mittelbaren Bedeutung begrenzen die Strafrahmen des allgemeinen Strafrechts einschließlich ihrer Änderungen die Jugendstrafe nach oben.

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      Eine Parallelwertung zwischen allgemeinem und Jugendstrafrecht ist auch unter dem verfassungsrechtlichen Verbot der Benachteiligung junger Menschen gegenüber Erwachsenen in vergleichbarer Verfahrenslage geboten (Albrecht S. 255; Eisenberg § 18 Rn. 11; Nothacker ZfJ 1985, 337; Ostendorf § 18 Rn. 5; Streng GA 1984, 149, 163f.). Problematisch ist aber, wann eine Benachteiligung gegeben ist. Miehe schätzt Jugendstrafe erheblich milder als Freiheitsstrafe ein und legt einen Maßstab von 2 zu 3 zu Grunde (Miehe 1964, S. 122). Eine Jugendstrafe von sechs Monaten würde einer schuldangemessenen Freiheitsstrafe von vier Monaten entsprechen. Maßgebend ist jedoch der Verlust an persönlicher Freiheit, so dass Jugend- und Freiheitsstrafe insoweit gleichzusetzen sind. Im Beispielsfall dürfte dann im Hinblick auf das Mindestmaß überhaupt keine Jugendstrafe verhängt werden.

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      Aus § 18 Abs. 2 ergeben sich ebenso wie schon aus § 2 Abs. 1 Beschränkungen hinsichtlich der zulässigen Strafzwecke. Die Zumessungserwägung, Straftäter wie der Angeklagte seien dafür verantwortlich, dass sich normale Bürger bei Dunkelheit allein nicht mehr auf die Straße wagen könnten, ist rechtsfehlerhaft, wenn damit eine über den erzieherischen Zweck hinausgehende Dauer der Jugendstrafe begründet wird (BGH StV 1990, 505 = DVJJ-J 1991, 167). Die Berücksichtigung generalpräventiver Gesichtspunkte ist unzulässig (BGHSt 15, 224; 16, 263; BGH NStZ 1986, 160 [Theune]; BGH NJW 1994, 395 = NK 1994, 41). Gemeint ist damit die negative (Abschreckungs-)Generalprävention.