3. Überleitung der Vertragsbeziehungen
a) | Der Erbe überträgt mit wirtschaftlicher Wirkung zum Vollzug des Vermächtnisses im Wege der Vertragsübernahme sämtliche Rechte, Ansprüche und Verbindlichkeiten aus den zu dem Unternehmen gehörenden Verträgen auf den diese Übertragung annehmenden Vermächtnisnehmer. |
b) | Der Erbe und der Vermächtnisnehmer werden gemeinsam die für die Übertragung der Verträge erforderlichen Zustimmungserklärungen der dritten Vertragsparteien einholen. |
c) | Sollte eine Zustimmung nicht erteilt werden, gilt die Übernahme der Vertragsverhältnisse zum Vollzug des Vermächtnisses als wirksam vollzogen. Der Erbe wird im Innenverhältnis aber ausschließlich für Rechnung und auf Weisung des Vermächtnisnehmers unentgeltlich tätig. Der Vermächtnisnehmer verpflichtet sich, alles zu unternehmen, um dem Erben die Erfüllung der vertraglichen Verpflichtungen zu ermöglichen. Der Erbe tritt dem Vermächtnisnehmer für diesen Fall mit Wirkung zum Zeitpunkt des Vollzugs des Vermächtnisses alle Ansprüche und Rechte aus den übernommenen Vertragsverhältnissen ab. |
d) | Der Erbe muss spätestens zum Vollzug des Vermächtnisses alle Unterlagen und Informationen betreffend das Unternehmen an den Vermächtnisnehmer übergeben. |
4. Arbeitnehmer
a) | Der Vermächtnisnehmer wird nach § 613a BGB in alle Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Vollzugs des Vermächtnisses bestehenden Arbeitsverhältnisse mit den Arbeitnehmern des Unternehmers eintreten. |
b) | Der Erbe und der Vermächtnisnehmer werden in geeigneter Form die Arbeitnehmer gemäß § 613a Abs. 5 BGB unterrichten. In diesem Schreiben sind die Arbeitnehmer schriftlich aufzufordern, gemäß § 613a Abs. 6 BGB gegenüber dem Erben oder dem Vermächtnisnehmer innerhalb eines Monats nach Zugang des Unterrichtungsschreibens zu widersprechen, falls ihre Arbeitsverhältnisse nicht auf den Vermächtnisnehmer übergehen sollen. |
5. Testamentsvollstreckung
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Praxishinweis:
Insgesamt ist die vermächtnisweise Zuwendung eines einzelkaufmännischen Unternehmens mit zahlreichen Nachteilen verbunden: Der Erblasser muss alle Gegenstände des Aktiv- und Passivermögens genau bezeichnen. Diese Aufstellung wird sich aber regelmäßig zwischen Testamentserrichtung und Todesfall noch ändern und löst damit einen ständigen Anpassungsbedarf aus. Weiter bedarf die Übernahme von Verbindlichkeiten bzw. Vertragsverhältnissen der Zustimmung der jeweiligen Gläubiger/Vertragspartner. Schließlich sind auf eine vermächtnisweise Übertragung eines Einzelunternehmens die haftungsträchtigen §§ 25 HGB, 613a BGB anwendbar.
b) Herausgabevermächtnis/Nachvermächtnis am einzelkaufmännischen Unternehmen
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Mittels eines Herausgabevermächtnisses wird der Erbe aufschiebend befristet durch seinen Tod verpflichtet, den gesamten ererbten Nachlass oder bestimmte Vermögensgegenstände an einen Dritten herauszugeben, § 2177 BGB. Einen Unterfall eines solchen befristeten Vermächtnisses stellt das Nachvermächtnis dar, bei dem nicht der Erbe, sondern ein Vermächtnisnehmer (i.e. Vorvermächtnisnehmer) seinerseits mit einem Vermächtnis beschwert wird, § 2191 BGB. Die folgenden Ausführungen gelten entsprechend.
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Der mit dem aufschiebend befristeten Vermächtnis Bedachte hat zwischen Erbfall und Vermächtnisanfall eine Anwartschaft. Diese Anwartschaft ist grds. frei vererblich, übertragbar, pfänd- und verpfändbar.[109] Dies wird der Erblasser regelmäßig nicht wünschen, so dass er den Ausschluss der Vererblichkeit und Übertragbarkeit unter gleichzeitiger Benennung von Ersatzvermächtnisnehmern regeln muss. Die Anwartschaft des Vermächtnisnehmers ist nach § 2179 BGB gesichert. Danach sind in der Zeit zwischen Erbfall und Anfall des Vermächtnisses die §§ 160 Abs. 1, 162 BGB anwendbar.[110] Dies bedeutet, dass Verfügungen des Erben über das ererbte Unternehmen zwar wirksam sind, aber einen Schadensersatzanspruch gegen den Erben nach § 160 BGB auslösen können. Gehört Grundbesitz zum Unternehmen, kann der Vermächtnisnehmer sein Recht sogar durch Vormerkung sichern lassen.[111] Damit wäre der Unternehmensnachfolger aber faktisch noch mehr gebunden als bei Anordnung einer Vor- und Nacherbfolge. Will der Erblasser dem Unternehmensnachfolger hinsichtlich der Unternehmensführung größtmögliche Flexibilität einräumen, muss er folglich den Anspruch des Vermächtnisnehmers nach § 2179 BGB ausschließen bzw. den Vermächtnisnehmer mittels Untervermächtnis verpflichten, auf etwaige Schadensersatzforderungen zu verzichten.
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Nach § 2185 BGB kann der Erbe für Verwendungen auf den Vermächtnisgegenstand (hier: Unternehmen) vom Vermächtnisnehmer Ersatz nach § 994 BGB verlangen. Dies erscheint zumindest im unternehmerischen Bereich angesichts der freien Verfügungsmöglichkeit des Erben als nicht sachgerecht, so dass kautelarjuristisch ein solcher Verwendungsersatzanspruch ausgeschlossen werden sollte. Gezogene Nutzungen sind bis zum Vermächtnisanfall nicht zu ersetzen.[112] Für schuldhafte Substanzbeeinträchtigungen vor dem Vermächtnisanfall hat der Beschwerte einzustehen, jedoch nicht für im Übermaß gezogene Früchte.
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Anders als die Nacherbschaft (§ 2111 BGB) kennt das Vermächtnisrecht keine dingliche Surrogation. Die vom Erben in Ersatz für das ererbte Unternehmen angeschafften Gegenstände gehören damit nicht zum Nachlass. Soll der Vermächtnisnehmer auch Surrogate des Unternehmens erlangen, lässt sich dies nur durch ein Verschaffungsvermächtnis erreichen. Dies sollte der Erblasser ausdrücklich anordnen, um die ansonsten eintretende Vermutung der §§ 2169 Abs. 1, 2103 BGB zu widerlegen.[113]
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Das Herausgabevermächtnis stellt eine vorrangig zu befriedigende Erblasserschuld des Unternehmensnachfolgers dar.[114] Das Herausgabevermächtnis ist damit vor Pflichtteilsansprüchen der gesetzlichen Pflichtteilsberechtigten des Unternehmenserben zu erfüllen. Die Anordnung des Herausgabevermächtnisses führt dazu, dass pflichtteilsberechtigte Personen des Unternehmensnachfolgers (z.B. uneheliche Kinder) keinerlei Ansprüche am Unternehmen geltend machen können und damit nicht am Unternehmenserfolg partizipieren.
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Die unter Rn. 90 dargestellten