Handelsbilanz. Hier steckt freilich ein erhebliches Streitpotential zwischen Erben und Vermächtnisnehmer. Der Erblasser sollte daher genaue Berechnungsgrundlagen hinsichtlich des entnahmefähigen, dem Nießbraucher zustehenden, bzw. nicht entnahmefähigen Gewinns festlegen. Damit ist zugleich definiert, mit welchen Teilen des Gewinns Nießbraucher und Erbe zur Einkommensteuer heranzuziehen sind. Ferner sollte der Erblasser bestimmen, ob bzw. inwieweit der Erbe und der Vermächtnisnehmer zu Entnahmen zur Begleichung einer anfallenden Einkommensteuer berechtigt sind.[137]
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Ordnet der Erblasser einen echten Unternehmensnießbrauch und Testamentsvollstreckung an (sog. Dispositionsnießbrauch, vgl. Rn. 119), muss Erblasser im Testament klarstellen, in welcher Funktion der Nachfolger das Unternehmen führen soll, als Nießbraucher oder Testamentsvollstrecker. Im Zweifel soll der Bedachte das Unternehmen als Nießbraucher und nicht als Testamentsvollstrecker führen.[138] Die Testamentsvollstreckung gilt dann als normale Verwaltungstestamentsvollstreckung angeordnet. Bezüglich des Unternehmens hat der Testamentsvollstrecker die alleinige Aufgabe, das Nießbrauchsvermächtnis gegenüber sich selbst zu erfüllen.[139] Die Fragen, die es bei einer Testamentsvollstreckung über ein Unternehmen zu beantworten gilt, stellen sich hier nicht.
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Formulierungsbeispiel:[140]
Meiner Ehefrau … vermache ich auf Lebenszeit den vollen dinglichen Nießbrauch, also nicht nur den Ertragsnießbrauch, an dem von mir unter der Firma … einzelkaufmännisch betriebenen Unternehmen, eingetragen im Handelsregister des Amtsgerichts … unter HRA Nr. … Der Nießbrauch endet im Falle ihrer Wiederheirat. Der Nießbrauch ist wie folgt auszugestalten:
Der Nießbrauch ist der Nießbraucherin an dem Betriebsgrundstück in…, derzeit vorgetragen im Grundbuch des Amtsgerichts …, Blatt … sowie an allen beweglichen Wirtschaftsgütern des Betriebsvermögens, somit an allen Gegenständen, die steuerlich bei dem Einzelunternehmen aktiviert sind, einzuräumen. Alle Gegenstände des Umlaufvermögens gehen in das Eigentum der Nießbraucherin über. Sie ist verpflichtet, sie nach Beendigung des Nießbrauchs entsprechend in Natur zu erstatten; eine etwaige Wertdifferenz zum Wert des Umlaufvermögens zu Beginn des Nießbrauchs ist in Geld auszugleichen. Alle betrieblichen Forderungen sind an die Nießbraucherin abzutreten. Entsprechend ist die Nießbraucherin verpflichtet, alle zum Zeitpunkt meines Todes bestehenden betriebsbedingten Verbindlichkeiten zu übernehmen bzw. falls die Gläubiger einer befreienden Schuldübernahme nicht zustimmen sollten, die Erben von jeglicher Inanspruchnahme freizustellen. Die Nießbraucherin ist im Rahmen einer ordnungsgemäßen Wirtschaft und mit der Verpflichtung zur Ersatzbeschaffung, berechtigt auch über Gegenstände des Anlagevermögens zu verfügen.
Die Vermächtnisnehmerin hat in ihrer Eigenschaft als Nießbraucherin die Firma mit oder ohne Beifügung eines Nachfolgezusatzes im eigenen Namen und unter eigener Haftung fortzuführen.
Diejenigen persönlichen Steuern, die die Erben hinsichtlich des nießbrauchsbelasteten Unternehmens und die Nießbraucherin auf Erträge, die zivilrechtlich nicht ihr, sondern den Erben zustehen, zu zahlen haben, können aus den jährlichen Gewinnen des Unternehmens entnommen werden. Bei der Berechnung der auf solche Erträge entfallenden Einkommensteuer sind diese jeweils als Spitzeneinkünfte anzusehen.
Die Nutzungen der Nießbraucherin errechnen sich wie folgt:
Auszugehen ist vom jährlichen Steuerbilanzgewinn. Davon sind zunächst diejenigen persönlichen Steuern in Abzug zu bringen, die die Erben und die Nießbraucherin auf Grund der obigen Regelung zu entnehmen berechtigt sind. Danach sind etwaige Verluste vergangener Jahre auszugleichen, soweit dies nicht bereits in der Steuerbilanz geschehen ist. Danach ist für die Erben ein Betrag in Höhe von 20% der in der Steuerbilanz vorgenommenen Abschreibungen abzuziehen als Ausgleich für die erhöhten Wiederbeschaffungskosten der Ergänzungsinvestitionen. Der danach verbleibende Rest steht der Nießbraucherin zu 75 % und den Erben zu 25 %, letzteren zur Sicherung des Wachstums des Unternehmens, zu. Die Erben dürfen die ihnen zugerechneten Beträge nicht entnehmen. Verluste trägt die Nießbraucherin nur insoweit, als sie durch die obige Regelung bis zur Beendigung des Nießbrauchs wieder durch Gewinne ausgeglichen werden können.
Ich ernenne meine Ehefrau A zu meiner Testamentsvollstreckerin. Ihr stehen dabei alle Rechte zu, die ihr nach dem Gesetz eingeräumt werden können. Sie ist von den Beschränkungen des § 181 BGB befreit. Eine besondere Vergütung erhält die Testamentsvollstreckerin nicht. Einzige Aufgabe der Testamentsvollstreckerin ist die Erfüllung des vorstehenden Nießbrauchsvermächtnisses.
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Praxishinweis:
Die rechtliche Behandlung des echten Unternehmensnießbrauchs ist in vielen Bereichen noch nicht abschließend geklärt. Der Erblasser sollte daher die Rechtstellung zwischen Nießbraucher und Eigentümer möglichst detailliert festlegen. Will der Erblasser die Unwägbarkeiten eines Nießbrauchs an seinem Einzelunternehmen vermeiden, wäre überlegenswert, das Unternehmen in eine GmbH umzuwandeln. Der Nießbrauch an GmbH-Anteilen ist weitestgehend unproblematisch (vgl. 3. Kap. Rn. 96 ff.).
bb) Ertragsnießbrauch am Unternehmen
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Wird dem Vermächtnisnehmer ein schlichter Ertragsnießbrauch am einzelkaufmännischen Unternehmen zugewandt, erlangt er zwar ein dingliches Nießbrauchsrecht an den einzelnen Gegenständen des Einzelunternehmens (gegebenenfalls entsprechend seiner Quote), der Nießbrauch ist jedoch nur auf den Ertrag gerichtet.[141] Zur Bestellung des Nießbrauchs vgl. oben Rn. 112. Die Unternehmensführung obliegt ausschließlich dem Erben, der auch den unmittelbaren Besitz an den Gegenständen des Unternehmens behält. Der Vermächtnisnehmer ist von der Wirtschaftsführung ausgeschlossen. Nur der Erbe haftet folgerichtig gegenüber Gläubigern. Regelmäßig wird diese Form des Nießbrauchs nur zu einer Quote des Ertrags bestellt (Quotennießbrauch), da andernfalls für den Unternehmererben kein Leistungsanreiz bestünde.[142] Die Anordnung eines Quotennießbrauchs ist regelmäßig ein Indiz für einen schlichten Ertragsnießbrauch, da die Unternehmensführung bei einem echten Unternehmensnießbrauch nicht quotal aufgeteilt werden kann.
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Der Ertragsnießbraucher ähnelt damit einem stillen Gesellschafter, mit dem wesentlichen Unterschied, dass der Ertragsnießbraucher an allen Gegenständen des Unternehmens dinglich abgesichert ist. Soll der Vermächtnisnehmer Mitunternehmer werden, i.e. kaufmännische Mitverantwortung tragen, muss dies ausdrücklich vereinbart werden. Erbe und Vermächtnisnehmer würden in diesem Fall das Unternehmen als GbR oder OHG fortführen.[143]
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Formulierungsbeispiel:
… erhält vermächtnisweise den lebenslangen Nießbrauch an meiner Einzelfirma …, vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts …, als Ertragsnießbrauch in der Weise, dass er 25 % des vor Steuern verbleibenden Gewinns des Unternehmens erhält. Dieser Betrag soll jeweils monatlich im Voraus nach Maßgabe der letzten Jahresbilanz ausbezahlt werden. Bei Meinungsverschiedenheiten soll das Nachlassgericht auf Antrag eines Beteiligten einen Testamentsvollstrecker bestimmen, der dann als Schiedsrichter entscheidet.
Der Vermächtnisnehmer hat bei Beendigung des Nießbrauchs keinen Wertersatz für an ihn ausgeschüttete Gewinne zu leisten. Sämtliche mit der Erfüllung des Vermächtnisses anfallenden Kosten und Steuern trägt der Vermächtnisnehmer. Das Vermächtnis entfällt, wenn sich das Unternehmen nicht mehr in meinem Nachlass befinden sollte. Ersatzvermächtnisnehmer sind …
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Der Erblasser kann dem Nießbrauchsberechtigten auch ein Rentenwahlrecht einräumen. Die Höhe der Rente kann, sofern der Versorgungszweck des Berechtigten bestimmet