Drittbestimmung des Vorausvermächtnisnehmers „Ich setze meine Ehefrau und meine Kinder … zu gleichen Teilen als Erben ein. Eines meiner Kinder soll als Vorausvermächtnis meinen Handwerksbetrieb … bekommen. Meine Ehefrau ist berechtigt, das Vorausvermächtnis mittels schriftlicher Erklärung gegenüber dem Nachlassgericht zuzuweisen…“
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Praxishinweis:
Eine Alternative zum Drittbestimmungsvermächtnis ist eine Teilungsanordnung in der Variante § 2048 S. 2 BGB. Danach kann ein Dritter, etwa der Testamentsvollstrecker, die Teilung unter Miterben nach billigem Ermessen vornehmen (vgl. dazu näher Rn. 207). Diskutiert wird auch die Zulässigkeit einer Auflage „zum Zwecke der Erhaltung des Unternehmens“, wobei die Auswahl des Begünstigten einem Dritten überlassen wird. Der bestimmungsberechtigte Dritte könnte auf diese Weise nach freiem Belieben den Umfang der Zuwendung und die Person des Unternehmensnachfolgers bestimmen.[158] In der Praxis zu wenig beachtet wird schließlich die Möglichkeit, die schwierige Drittbestimmung von Todes wegen durch einen entsprechenden Vertrag zugunsten Dritter auf den Todesfall nach §§ 328 ff. BGB zu ersetzen, der die Drittbestimmung uneingeschränkt zulässt.[159]
f) Rentenvermächtnis
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Mittels eines Rentenvermächtnisses kann der Erblasser einem Vermächtnisnehmer eine laufende Geldzahlung oder Naturalleistung zuwenden. Der Erblasser wird mit einem Rentenvermächtnis i.d.R. die Versorgung eines Hinterbliebenen bezwecken. Der Berechtigte hat im Unterschied zum Nießbrauch oder zur Vorerbschaft keinerlei Mitwirkungsrechte am Einzelunternehmen. Andererseits muss der Unternehmensnachfolger zur Erfüllung der laufenden Rentenzahlungen gegebenenfalls auch auf die Substanz des Unternehmens zurückgreifen.[160]
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Die auf der Grundlage des Rentenvermächtnisses erfolgenden Zahlungen stellen zivilrechtlich ein Leibrente nach §§ 759 ff. BGB dar. Eine Leibrente setzt grds. voraus, dass Leistungen in gleichmäßiger Höhe regelmäßig wiederkehrend erbracht werden und dass die Dauer der Rente von der Lebenszeit des Berechtigten abhängig ist, nicht jedoch zwingend mit ihr übereinstimmt. Die Vereinbarung einer Wertsicherungsklausel verstößt nicht gegen das Erfordernis der Gleichmäßigkeit.[161] Eine Leibrente kann jedoch auch so ausgestaltet werden, dass Anpassungen an den Bedarf des Gläubigers oder die Leistungsfähigkeit des Schuldners verlangt werden können, mithin das Kriterium der Gleichmäßigkeit nicht erfüllt ist.[162] In diesen Fällen wird die Leibrente als dauernde Last bezeichnet.
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Vor Inkrafttreten des Jahressteuergesetzes 2008 zum 1.1.2008 war die Differenzierung zwischen Leibrente und dauernder Last für Versorgungsrenten von erheblicher Bedeutung. Nur wenn die vermächtnisweise zugewandte Versorgungsrente als dauernde Last ausgestaltet war, konnte der volle Rentenbetrag als Sonderausgabe abgezogen werden, andernfalls nur der sogenannte Ertragsanteil der Rente. Für wiederkehrende Leistungen, die ab dem 1.1.2008 begründet wurden, ist die Unterscheidung zwischen Leibrente und dauernde Last aufgegeben worden. Sofern eine Versorgungsrente vorliegt (wovon bei einem Rentenvermächtnis zur Absicherung des überlebenden Ehegatten oder eines weichenden Kindes regelmäßig auszugehen sein wird, sog. Generationenverbund), und betriebliches Vermögen wie das hier behandelte Einzelunternehmen übertragen bzw. vererbt wird, sind die Zahlungen in voller Höhe gemäß § 10 Abs. 1 Nr. 1a) EStG als Sonderausgaben abziehbar (vgl. hierzu ausführlich 4. Kap. Rn. 527 ff.). § 10 Abs. 1 Nr. 1a) EStG erfordert allerdings zwingend, dass die Versorgungsrente auf Lebenszeit zugesagt wird. Sofern die Bezugsdauer von der Lebensdauer des Berechtigten abweichen soll (Verkürzung oder Verlängerung), kann dies die Anerkennung als steuerliche Versorgungsrente gefährden.[163] Eine zeitlich befristete Rente kann möglicherweise als steuerlich unbeachtlicher Unterhalt nach § 12 Nr. 1 EStG und eine über den Tod hinausgehende Rente als Austauschrente (Anschaffungskosten) gewertet werden.
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Die Leibrente begründet ein selbstständiges einheitliches Stammrecht. Die einzelnen Rentenleistungen stellen Rechtsfrüchte gemäß §§ 99, 100 BGB dieses Stammrechts dar.[164] Mit Eintritt des Erbfalls entsteht das Stammrecht automatisch, ohne dass es eines besonderen Vermächtniserfüllungsvertrags bedürfte.[165] Das Stammrecht der Leibrente kann befristet oder bedingt bestellt werden (vgl. hierzu die nachstehenden Formulierungsvarianten, Rn. 157).
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Die zu zahlende Rente unterfällt § 850b Abs. 1 Nr. 3 ZPO und ist damit in Höhe des jeweiligen Pfändungsfreibetrags nach § 850c ZPO unpfändbar.[166]
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Die Wertsicherung der Rente erfolgt entweder durch eine Indexklausel (Verbraucherpreisindex) oder durch lohn- und gehaltsbezogene Parameter (z.B. Richter- oder Beamtenbesoldung). Eine Wertsicherung nach Verbraucherpreisindex gleicht nur die laufende Inflation aus. Der Lebensstandard des Berechtigten bleibt also unverändert. Bei einer Lohn- und gehaltsbezogenen Klausel hingegen nimmt der Berechtigte am steigenden Lebensstandard teil. Eine Wertsicherungsklausel mit automatischer Erhöhung der Leistung musste unter alter Rechtslage durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle genehmigt werden.[167] Diese Genehmigung musste der Erblasser grds. mit Errichtung der letztwilligen Verfügung einholen. Versäumte er dies, war die Klausel bis zur Genehmigung schwebend unwirksam.[168] Seit dem 14.9.2007 regelt das Gesetz über das Verbot der Verwendung von Preisklauseln bei der Bestimmung von Geldschulden (PreisklauselG) die Zulässigkeit von Wertsicherungsklauseln. Danach muss der Erblasser eine Genehmigung nicht mehr einholen. Entspricht eine vereinbarte Wertsicherung nicht den Vorgaben des PreisklauselG, wird eine unzulässige Wertsicherungsklausel erst zum Zeitpunkt eines rechtskräftig festgestellten Verstoßes gegen das PreisklauselG unwirksam, § 8 PreisklauselG. Bis zu diesem Zeitpunkt gilt eine unzulässige Wertsicherungsklausel also als wirksam. Die Wertsicherung eines Rentenvermächtnisses wird allerdings regelmäßig nach § 3 Abs. 1 Nr. 1a) bzw. Nr. 2a) PreisklauselG wirksam sein.
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Problematisch ist freilich, dass der Unternehmens-Erblasser im Zeitpunkt der Testamentserrichtung regelmäßig noch nicht wird abschätzen können, in welcher Höhe der Begünstigte eine Rentenzahlung erhalten soll. Dies wird sowohl von der Ertragskraft des einzelkaufmännischen Betriebs als auch von der dereinstigen Bedürftigkeit des Vermächtnisnehmers abhängen. Hier hilft ein Zweckvermächtnis mit Bestimmungsrecht eines Dritten nach § 2156 S. 1 BGB. Danach kann der Erblasser letztlich nur festlegen, dass der Vermächtnisnehmer eine „angemessene“ Geldrente auf Lebenszeit erhalten soll. Der Bestimmungsberechtigte muss dann die Angemessenheit festlegen.[169]
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Sofern Grundbesitz vorhanden ist, erfolgt die Absicherung einer (wertgesicherten) Leibrente i. d. R. durch eine Reallast nach §§ 1105 ff. BGB. Die Reallast führt zu folgender „Haftungstrias“:[170]
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Die persönliche Zahlungspflicht aus der Leibrentenverpflichtung, § 759 BGB.
Der persönliche Anspruch gegen den jeweiligen Eigentümer gemäß § 1108 BGB für die während der Dauer seines Eigentums fällig werdenden Leistungen.
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Der dingliche Anspruch gemäß §§ 1105, 1107 BGB für das Stammrecht der Reallast und die daraus folgenden Einzelleistungen.
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Wenn der Vermächtnisnehmer aus der dinglichen Reallast wegen rückständiger Einzelleistungen in das