Gesellschafter hat faktisch keine Mitwirkungsbefugnisse. Der atypische stille Gesellschafter hingegen ist an den vorgenannten Vermögenswerten beteiligt. Er hat i. d. R. weitergehende Mitwirkungsbefugnisse, die denen eines Kommanditisten vergleichbar sind. Wird die stille Gesellschaft aufgelöst, hat der typische stille Gesellschafter lediglich Anspruch auf Auszahlung seiner Einlage zuzüglich noch nicht entnommener Gewinne, § 235 Abs. 2 HGB. Der atypische stille Gesellschafter hingegen kann Anspruch am vollen Auseinandersetzungsguthaben. Dies erfordert eine Auseinandersetzungsbilanz.[178]
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Praxishinweis:
Die vermächtnisweise Zuwendung einer stillen Beteiligung ist ein praxisgerechtes Gestaltungsmittel, wenn nicht genügend Privatvermögen zur Abfindung weichender Familienangehöriger zur Verfügung steht. Ob der Erblasser eine typische oder atypische stille Gesellschaft wählt, wird oftmals davon abhängen, wie lange die stille Gesellschaft bestehen soll. Die Auseinandersetzung einer atypischen stillen Gesellschaft ist wegen der erforderlichen Auseinandersetzungsbilanz deutlich komplizierter als die Auseinandersetzung einer typischen stillen Gesellschaft. Soll die Gesellschaft also nur für einen relativ kurzen Zeitraum bestehen, wird i. d. R. eine typische stille Gesellschaft das Mittel der Wahl sein. Darüber hinaus bedeutet die Beteiligung des atypischen stillen Gesellschafters am Unternehmenswert eine erhebliche finanzielle Belastung des Unternehmensnachfolgers und damit auch ein Risiko für die Existenz des Unternehmens. Eine atypische stille Gesellschaft wird sich i.d.R. nur dann anbieten, wenn die Gesellschaft relativ lang bestehen und der Berechtigte weitergehende Mitwirkungsbefugnisse erhalten soll.
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Bei der vermächtnisweisen Zuwendung einer stillen Beteiligung muss der Erblasser insbesondere folgende Punkte testamentarisch regeln:
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Der Erblasser muss den Anteil des stillen Gesellschafters am Gewinn und/oder Verlust genau bezeichnen. Andernfalls greift die gesetzliche Regelung, wonach der stille Gesellschafter eine angemessene Beteiligung am Gewinn erhält, § 231 Abs. 1 HGB. Wird die Kapitalbeteiligung – wie i.d.R. beim Vermächtnis – unentgeltlich erworben, kann die Gewinnbeteiligung maximal 15 % des gemeinen Werts (d.h. Nennkapital), in besonderen Fällen (z.B. bei Beschränkung der Verlustbeteiligung) sogar nur 12 % betragen.[179] Nach § 232 Abs. 1 HGB erfolgt die Gewinnauszahlung am Schluss des Geschäftsjahres. Dient die stille Beteiligung der Versorgung des Gesellschafters, sollte der Erblasser festlegen, dass der stille Gesellschafter monatliche Vorauszahlungen, berechnet nach dem letzten Jahresgewinn, erhält.[180]
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Möchte der Erblasser den stillen Gesellschafter an den stillen Reserven des Unternehmens beteiligen, ohne ihn zum atypischen stillen Gesellschafter zu machen (mit der Folge einer komplizierten Auseinandersetzungsbilanz), kann der Erblasser bestimmen, dass der (typische) stille Gesellschafter pauschal zur Abgeltung der stillen Reserven des Unternehmens einen prozentualen Aufschlag auf die auszuzahlende Einlage erhalten soll.[181]
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Der Erblasser muss schließlich die Dauer der stillen Gesellschaft bestimmen. Die stille Beteiligung ist vererblich, § 234 Abs. 2 HGB. Der Tod des Geschäftsinhabers, i.e. Unternehmensnachfolgers, hingegen führt zur Beendigung der Gesellschaft, § 727 Abs. 1 BGB. Die stille Beteiligung wird oftmals der Versorgung eines weichenden Familienangehörigen dienen. Vor diesem Hintergrund kann der Erblasser, abweichend von der gesetzlichen Regel, festlegen, dass die stille Gesellschaft beim Tod des Geschäftsinhabers nicht aufgelöst wird, jedoch mit Tod des stillen Gesellschafters endet.
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Formulierungsbeispiel:
Meinem Sohn … vermache ich eine stille Beteiligung an meinem einzelkaufmännischen Unternehmen …, vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts … unter HRA … Die Höhe der vermachten Einlage beträgt 1/7 des bilanzierten Eigenkapitals des Unternehmens im Zeitpunkt meines Ablebens. Der (typische) stille Gesellschafter soll nur am Gewinn beteiligt sein. Am Verlust, an den stillen Reserven und der Geschäftsführung soll der stille Gesellschafter nicht beteiligt sein. Der stille Gesellschafter kann auf den Jahresgewinn monatliche Vorschüsse in Höhe von 1/12 des auf ihn fallenden Jahresgewinnanteils verlangen. Sollte der Jahresgewinn der Gesellschaft im laufenden Jahr die Vorschüsse nicht decken, muss der stille Gesellschafter die Vorschüsse nicht zurückzuzahlen. Die stille Gesellschaft endet zehn Jahre nach Einräumung der stillen Beteiligung sowie mit dem Tod meines Sohnes… Vorher ist sie unkündbar. Mit Beendigung der stillen Gesellschaft erhält der stille Gesellschafter den Nominalwert seiner Beteiligung zuzüglich eines Aufschlags von 30 % und den anteiligen Gewinn. Wird die stille Gesellschaft durch den Tod des stillen Gesellschafters aufgelöst, fällt die Beteiligung an die Gesellschaft zurück. Den Erben steht in diesem Fall keine Abfindung zu.
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Denkbar ist freilich auch, dass der Erblasser die genaue Ausgestaltung der stillen Beteiligung einem Dritten, namentlich einem Testamentsvollstrecker, nach § 2156 BGB überlässt.
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Formulierungsbeispiel:
… Die Modalitäten der stillen Beteiligung, insbesondere die Beteiligung des Vermächtnisnehmers am Gesellschaftsvermögen, seine Mitwirkungsrechte bei der Unternehmensführung, etwaige Kündigungsmöglichkeiten und -fristen sowie die Auseinandersetzung hat der Testamentsvollstrecker gemäß § 2156 BGB nach billigem Ermessen zu bestimmen. Dabei hat er auch zu berücksichtigen, dass die Fortführung des Unternehmens sicherzustellen ist …
h) Vermächtnisweise Zuwendung eines Erwerbsrechts
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Gegenstand eines Vermächtnisses kann auch ein Anspruch auf Abschluss eines entgeltlichen Vertrages sein. Die vermächtnisweise Zuwendung einer Option bzw. eines Erwerbsrechts auf ein einzelkaufmännisches Unternehmen ist daher möglich, unabhängig davon, ob dieser Vertrag für den Vermächtnisnehmer wirtschaftlich günstig ist oder nicht.[182] Rechtskonstruktiv wird das Unternehmen unter der aufschiebenden Potestativbedingung (vgl. hierzu Rn. 69) vermacht, dass der Vermächtnisnehmer sein Erwerbsrecht ausübt.[183]
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Der Erblasser kann ein Erwerbsrecht auch mittels Teilungsanordnung begründen (vgl. hierzu Rn. 213). In der unternehmerischen Praxis wird ein Erwerbsrecht regelmäßig einem Nichterben, z.B. einem Prokuristen, eingeräumt.[184] In diesem Fall scheidet eine Teilungsanordnung mangels Erbenstellung aus und es bleibt nur das Vermächtnis. Um einen Anreiz zu schaffen, das Erwerbsrecht tatsächlich auszuüben, wird der Erwerbspreis oft unter dem Verkehrswert liegen. Gewährleistungsansprüche gegen den Beschwerten hinsichtlich der wirtschaftlichen Verhältnisse der Gesellschaft sollten sinnigerweise ausgeschlossen werden. Sachgerecht erscheint es schließlich, dass der Erblasser für die Zeit, bis das Erwerbsrecht ausgeübt und das Vermächtnis erfüllt wurde, einen Testamentsvollstrecker mit der Führung des Unternehmens beauftragt.
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Das Erwerbsrecht ist von einer Übernahmepflicht hinsichtlich des vererbten Unternehmens zu unterscheiden. Eine entsprechende Verpflichtung zur Fortführung des Unternehmens kann der Erblasser nur mittels Auflage begründen. Die Wirkung der Auflage kann dadurch verstärkt werden, dass der Erblasser die Fortführung des Unternehmens zur auflösenden Bedingung der Erbeinsetzung erhebt.[185]
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Formulierungsbeispiel:
…, Prokurist meines einzelkaufmännischen Unternehmens …, vorgetragen im Handelsregister des Amtsgerichts …, HRA . . . ist, erhält vermächtnisweise das Recht, mein einzelkaufmännisches Unternehmen unter Fortführung der Firma zu seinem Alleineigentum zu erwerben