verlangen. In dieses Verzeichnis muss der Vorerbe allerdings nur die Aktiva des der Vorerbschaft unterliegenden Nachlasses aufnehmen. Eine Bilanz mit Angabe über Nachlassverbindlichkeiten und Wertangaben muss der Vorerbe nicht erstellen.[210] Auch § 2127 BGB gewährt dem Nacherben keinen Anspruch auf Erstellung einer auch die Passiva darstellenden Bilanz. Danach kann der Nacherbe lediglich Auskunft über die in der Zeit der Vorerbschaft eingetretenen Veränderungen des Unternehmens verlangen. Das Ende der Vorerbschaft hat keinen Einfluss auf bestehende Mietverträge, § 2135 BGB. Der Nacherbe kann allerdings das Mietverhältnis unter Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist kündigen (Verweisung auf § 1056 BGB), auch wenn ein Kündigungsrecht des Vorerben an sich nicht bestände.
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Praxishinweis:
Steht einem Mieter als Vertragspartner ein Vorerbe gegenüber, ist dies für Mieter durchaus mit Risiken verbunden. Soweit möglich sollte der Mieter auf einer Mitwirkung des Nacherben bestehen.
§ 2135 BGB wird analog für Arbeitsverhältnisse angewandt. § 613a BGB schützt die Arbeitnehmer nicht, da es an einem rechtsgeschäftlichen Übergang des Betriebs von Vor- auf Nacherben fehlt. Die im Unternehmen bestehenden Arbeitsverhältnisse gehen damit nicht etwa auf die Erben des Vorerben, sondern auf die Nacherben über.[211] Dies gilt sowohl für Arbeitsverhältnisse, die noch der Erblasser abgeschlossen hatte als auch für Arbeitsverhältnisse, die der Vorerbe begründet hat.
g) Haftung des Nacherben
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Was die Haftung des Nacherben betrifft, muss unterschieden werden: Der Nacherbe haftet bürgerlich-rechtlich für alle vom Vorerben stammenden Nachlassverbindlichkeiten, sofern diese Geschäfte einer ordnungsgemäßen Nachlassverwaltung entsprachen.[212] Daneben kann der Nacherbe handelsrechtlich für alle im Betrieb des Handelsgeschäfts begründeten Verbindlichkeiten des Erblassers und des Vorerben haften, wenn er das Unternehmen fortführt, §§ 25, 27 HGB. Dies gilt unabhängig davon, ob der Vorerbe die Verbindlichkeiten in Ausübung einer ordnungsgemäßen Verwaltung einging. Der Nacherbe kann die handelsrechtliche Haftung vermeiden, wenn er vor Ablauf von drei Monaten nach Kenntniserlangung von der Nacherbschaft die Fortführung des Unternehmens einstellt, § 27 Abs. 2 HGB, das Unternehmen mit neu gebildeter Firma fortführt oder (str.) einen entsprechenden Haftungsausschluss für Altverbindlichkeiten im Handelsregister eintragen lässt (vgl. oben Rn. 14 ff.).
h) Nutzungen und Verluste des Unternehmens
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Dem Vorerben (bzw. dessen Erben) verbleiben die Früchte und Nutzungen des Unternehmens, § 2111 BGB. Wie diese Nutzungen allerdings an einem einzelkaufmännischen Unternehmen zu berechnen sind, ist im Gesetz nicht bestimmt. Nach richtiger Ansicht steht dem Vorerben lediglich der nach Abzug der Steuern und sonstigen Abgaben ergebende Reingewinn zu, nicht also der Bruttogewinn.[213] Maßstab für den Reingewinn ist die nach kaufmännischen Grundsätzen aufzustellende jährliche Bilanz.[214] Teilweise wird dabei auf die Handelsbilanz, teilweise auf die Steuerbilanz abgestellt.[215] Die Höhe des Gewinns kann je nach Bilanz zu erheblichen Abweichungen führen. Idealerweise sollte der Erblasser dem Vorerben daher entsprechende Bewertungs- und Bilanzierungsvorschriften ausdrücklich vorgeben. Hält sich der Vorerbe nicht an diese Methoden, macht er sich gegenüber dem Nacherben wegen Verletzung seiner Pflicht zur ordnungsgemäßen Verwaltung schadensersatzpflichtig. Erwirtschaftet das Unternehmen keinen Gewinn, kann der Erblasser dem Vorerben mittels Vermächtnis gestatten, eine Mindestversorgung aus der Substanz des Unternehmens zu entnehmen. Die Höhe dieses Betrags kann eine dritte Person, z.B. ein Testamentsvollstrecker, festlegen (Zweckvermächtnis i. S. d. § 2156 BGB). Sofern der Vorerbe im Unternehmen tatsächlich tätig ist, kann der Erblasser alternativ bestimmen, dass der Vorerbe vermächtnisweise einen angemessenen Betrag dafür erhält (z.B. Tarifgehalt einer entsprechenden Position).
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Formulierungsbeispiel:
Die Nutzungen des Vorerben aus meinem einzelkaufmännischen Unternehmen sind auf die sich nach der Handelsbilanz (Alt.: z.B. Steuerbilanz) ergebenden Gewinne beschränkt. Sollte dieser Gewinn zusammen mit dem sonstigen Einkommen des Vorerben nicht zu dessen standesgemäßen Versorgung ausreichen, darf der Vorerbe den jeweils nötigen Betrag der Substanz des Unternehmens entnehmen. Der Testamentsvollstrecker … soll die Höhe dieses Betrags festlegen.
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Der Vorerbe muss Verluste des Unternehmens mit späteren Gewinnen verrechnen, es sei denn, der Verlust ist durch frühere dafür gebildete Rücklagen gedeckt.[216] Hat der Vorerbe früher Gewinn ordnungsgemäß entnommen, muss er diese nicht zurückzahlen, um spätere Verluste auszugleichen.[217] Der Vorerbe muss allerdings Verluste des Unternehmens mit Gewinnen aus dem nichtunternehmerischen Nachlass des Erblassers ausgleichen (sog. horizontaler Verlustausgleich), es sei denn, das der Vorerbschaft unterliegende Vermögen beschränkt sich auf das Einzelunternehmen (vgl. hierzu Rn. 176). Anders ist die Situation beim befreiten Vorerben: Diesem sind auch Eingriffe in die Substanz des Unternehmens zum eigenen Verbrauch erlaubt (§§ 2136 mit 2131, 2133, 2134 BGB). Die strengen Grundsätze zum Verlustausgleich gelten für ihn nicht.[218] Der befreite Vorerbe kann demnach einen Gewinn auch dann entnehmen, wenn ein Verlust auszugleichen wäre. Der befreite Vorerbe muss mit Ende der Vorerbschaft nur das dann noch vorhandene Betriebsvermögen samt etwaiger Surrogate herausgeben, § 2138 Abs. 1 BGB, vorausgesetzt er hat den Wert des Unternehmens nicht in Benachteiligungsabsicht gemindert, § 2138 Abs. 2 BGB.[219]
i) Erhaltungskosten und Aufwendungen des Unternehmens
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Der Vorerbe trägt die gewöhnlichen Erhaltungskosten, § 2124 Abs. 1 BGB. Zu den gewöhnlichen Erhaltungskosten gehören bei einem Unternehmen die laufenden Betriebskosten (insbesondere Löhne, Werbungskosten, Steuern etc.).[220] Diese Regel wirkt sich für den Vorerben in zweifacher Hinsicht nachteilig aus: Zum einen muss der Vorerbe die gewöhnlichen Erhaltungskosten aus seinem neben der Vorerbschaft bestehenden Privatvermögen bestreiten; zum anderen reduzieren die Erhaltungskosten den (wie auch immer zu berechnenden, vgl. hierzu Rn. 191) bilanziellen Gewinn, der dem Vorerben als Nutzung verbleibt. Besonders nachteilig wirkt sich die Erhaltungspflicht bei Wirtschaftsgütern aus, die steuerlich abgeschrieben werden können. Die steuerliche Abschreibung führt wiederum zu einer Verminderung des bilanziellen Gewinns, auf der anderen Seite stehen die dadurch entstehenden stillen Reserven und das Wirtschaftsgut selbst dem Nacherben und nicht dem Vorerben zu. Richtigerweise sollte der Erblasser daher bestimmen, dass die laufenden Betriebskosten dem Nachlass entnommen werden dürfen.[221] Entsprechendes gilt für Erhaltungskosten, die bei einer normalen Expansion des Unternehmens anfallen.
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§ 2124 Abs. 2 S. 1 BGB bestimmt, dass der Vorerbe über die gewöhnlichen Erhaltungskosten hinausgehende Aufwendungen aus der Erbschaft bestreiten darf, sofern er sie nach den Umständen für erforderlich halten durfte (außergewöhnliche notwendige Aufwendungen). Im unternehmerischen Bereich lässt sich darunter z.B. eine erforderliche außergewöhnliche Umstellung oder Rationalisierung des Unternehmens subsumieren. Grds. zählen auch Kosten eines Rechtsstreits zu solchen Aufwendungen, sofern der Rechtsstreit den Bestand des Unternehmens berührt. Steht ein Rechtsstreit hingegen – wie wohl regelmäßig – lediglich im Zusammenhang mit dem erstrebten Gewinn, handelt es sich um Erhaltungskosten, die der Vorerbe aus seinem Vermögen zu bestreiten hat. Zahlt der Vorerbe Aufwendungen i. S. d. § 2124 Abs. 2 S. 1 BGB aus seinem Privatvermögen, hat er gegen den Nacherben einen Erstattungsanspruch,