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Die Schaffung dieses zweistufigen Systems, bei dem die klinische Studie den Oberbegriff bildet, der neben der hier interessierenden klinischen Prüfung auch die nichtinterventionelle Studie umfasst (vgl. Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der Verordnung; dazu Rn. 49), soll der begrifflichen Präzisierung und der Anpassung an internationale Leitlinien und das Unionsrecht für Arzneimittel dienen.[118] § 4 Abs. 23 S. 1 AMG n.F. verweist zur Definition der klinischen Prüfung zukünftig unmittelbar auf Art. 2 Abs. 2 Nr. 2 der VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln.
1. Phasen einer klinischen Prüfung
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Der klinischen Prüfung eines Arzneimittels vorgelagert ist das sog. Screening. Dieses umfasst die Wirkstoffsuche in verschiedenen Präparaten, die im weiteren Verlauf in der präklinischen Phase an Tieren bzw. in zunehmendem Maße auch in vitro an aus Stammzellen abgeleiteten Zellen getestet werden.[119] Die Anforderungen an die Durchführung von Tierversuchen sind dabei insbesondere in den §§ 7 ff. TierSchG sowie in der Tierschutz-Versuchstierverordnung geregelt.[120] Die präklinische Phase dauert in der Regel ca. 4–6 Jahre.[121] Hat sich der erprobte Wirkstoff als erfolgversprechend erwiesen, so schließt sich an die präklinische Phase die klinische Prüfung an.[122] Die klinische Prüfung ist in vier Phasen unterteilt, die sich vom ersten Versuch am Menschen über die Anwendung in umfangreicheren Patientengruppen bis hin zur fortdauernden Kontrolle nach erfolgter Zulassung erstrecken.[123] Auch bei planmäßig vor der Hauptstudie durchgeführten Pilotstudien handelt es sich um klinische Prüfungen i.S.d. § 4 Abs. 23 S. 1 AMG; sie unterfallen daher ebenfalls den Anforderungen der §§ 40 ff. AMG.[124]
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Bei der Phase I handelt es sich um ein kontrolliertes wissenschaftliches Experiment, da die Durchführung der Gesundheit des Probanden nicht in unmittelbarer Weise nutzt.[125] In dieser Phase werden durch die Erprobung an einer geringen Anzahl i.d.R. männlicher[126] Probanden Informationen zur Verträglichkeit der Prüfsubstanz, zu ihrer Pharmakokinetik und Pharmakodynamik gewonnen.[127] Bei einigen Substanzen wie z.B. Chemotherapeutika, die aufgrund ihrer potenziellen Wirkung bzw. gravierenden Nebenwirkungen nicht an gesunden Probanden getestet werden können, muss bereits in der ersten Phase auf erkrankte Personen zurückgegriffen werden.[128]
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In der Phase II werden erstmals an einer Anzahl von ca. 100 bis 500 einschlägig erkrankten Probanden die Wirkungen des Arzneimittels auf die definierten Krankheitssymptome getestet, um seine therapeutische Wirksamkeit im geplanten Indikationsbereich nachzuweisen und etwaige Neben- bzw. Wechselwirkungen und Begleiterscheinungen festzustellen.[129] Zur Sicherstellung der Validität der Ergebnisse wird in Phase II üblicherweise eine Randomisierung vorgenommen. Dabei werden die Probanden nach einem auf dem Zufallsprinzip beruhenden mathematischen Auswahlverfahren in zwei Gruppen aufgeteilt (sog. Randomised Controlled Trial, RCT).[130] Die erste Gruppe (die sog. Verum- oder Testgruppe) erhält das in der Erprobung befindliche Arzneimittel, bei der zweiten (der sog. Kontrollgruppe) wird die Standardtherapie[131] angewandt oder ausnahmsweise ein Placebo verabreicht.[132] Dabei wirft die Placebogabe aufgrund ihres fehlenden Nutzens für den erkrankten Patienten intrikate rechtliche und medizinethische Fragen auf.[133] Unzulässig sind entsprechende Studien, wenn sie die Heilungschancen der Probanden verringern. Die Probanden dürfen durch den Verzicht auf das Verum keinen Schaden erleiden.[134] Probleme zeitigt der Einsatz von Placebos darüber hinaus im Hinblick auf die Aufklärung der Studienteilnehmer, da eine vollständige Offenlegung den (erwünschten) Placeboeffekt nivellieren würde (siehe dazu auch Rn. 66).[135] Um einer systematischen Verzerrung der Prüfungsergebnisse durch Autosuggestion und subjektive Eindrücke vorzubeugen, werden Arzneimittelstudien – mit Einwilligung der entsprechend aufgeklärten Probanden[136] – in Form sog. (Doppel-)Blindversuche durchgeführt. Beim einfachen Blindversuch weiß lediglich der Arzt, ob der Proband der Kontrollgruppe oder der Verumgruppe angehört. Der Doppelblindversuch zeichnet sich dadurch aus, dass auch der Arzt nicht über die Information verfügt, ob sich der Proband in der Verumgruppe oder in der Kontrollgruppe befindet.[137] Auf diesem Wege soll eine Beeinflussung des Probanden durch den Arzt vermieden werden, der im Falle der Kenntnis unbewusst optimistische oder pessimistische Signale aussenden könnte.[138] Möglich ist schließlich auch das sog. Cross over-Verfahren, bei dem die Zuordnung der Probandengruppe in regelmäßigen Zeitabständen wechselt.[139] Die letztgenannten Verfahren geben Anlass zur Frage, ob das Selbstbestimmungsrecht durch den Studienteilnehmer angemessen ausgeübt werden kann, wenn er nicht weiß, ob er das Verum erhalten wird oder nicht.[140]
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Die Phase III dient der Überprüfung der Testergebnisse aus Phase II. Dazu wird die Prüfung an einer großen Probandenzahl, die bis zu mehreren tausend Personen umfassen kann, fortgesetzt. Phase III erfolgt meist multizentrisch, also zeitgleich an unterschiedlichen Kliniken nach einem einheitlichen Versuchsplan; daneben können auch die Praxen niedergelassener Ärzte einbezogen werden.[141]
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Durch die Phase III werden die Voraussetzungen für den Zulassungsantrag geschaffen, mit welchem dem Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) als der zuständigen Bundesoberbehörde (§ 77 Abs. 1 AMG) die in § 22 AMG aufgeführten Zulassungsunterlagen vorzulegen sind.[142] Im Falle eines positiven Bescheids folgt auf die Zulassung die Phase IV, die der Überwachung des Arzneimittels dient. Im Fokus dieser auf den Gedanken der Verkehrssicherungspflicht[143] zurückzuführenden Überwachung stehen unerwünschte Arzneimittelneben- oder -wechselwirkungen; darüber hinaus sollen offene Fragen bezüglich der Dosierung oder Applikationsform geklärt werden. Langzeiterfahrungen ermöglichen weitere Erkenntnisse hinsichtlich der therapeutischen Effekte und der gesundheitlichen Risiken.[144] Bisweilen werden in Phase IV auch Therapieoptimierungsstudien durchgeführt, die der Verbesserung therapeutischer Strategien durch Hochdosierung des Arzneimittels, neue Arzneimittelkombinationen oder modifizierte Anwendungsschemata dienen.[145] Da auch die Phase IV als Teil der klinischen Prüfung gilt, sind die in den §§ 40 ff. AMG normierten Vorschriften zum Probandenschutz weiterhin zu beachten.[146] Anders ist dies bei Anwendungsbeobachtungen, für die nach § 67 Abs. 6 S. 1 AMG lediglich eine Anzeigepflicht besteht.[147]
2. Rechtliche Rahmenbedingungen nach dem AMG und der VO (EU) Nr. 536/2014
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Bei der Betrachtung der rechtlichen Rahmenbedingungen für die Durchführung klinischer Prüfungen wird neben den einschlägigen Vorschriften der §§ 40 ff. AMG zukünftig auch die VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln zu berücksichtigen sein. Da die durch die Verordnung veranlassten Änderungen im nationalen Recht bereits durch das 4. AMG-ÄndG vorgenommen wurden, ihr Inkrafttreten jedoch teilweise bis zur Geltungserlangung der Verordnung aufgeschoben wurde (Rn. 13), geht die nachfolgende Darstellung auf beide Rechtsregime ein. Bereits verabschiedete aber noch nicht in Kraft getretene Vorschriften des AMG werden durch den Zusatz „n.F.“ gekennzeichnet.
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Damit der sachliche Anwendungsbereich der §§ 40 ff. AMG eröffnet ist, muss es sich bei dem Prüfpräparat zunächst um ein Arzneimittel i.S.v. § 2 AMG handeln.[148] In Abgrenzung zum Heilversuch muss die Erprobung des Prüfpräparates (auch oder ausschließlich) der Gewinnung verallgemeinerungsfähiger Erkenntnisse in Bezug auf dessen Wirksamkeit und/oder Sicherheit dienen.[149] Gemäß § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 1 AMG muss ein Sponsor oder ein Vertreter des Sponsors[150] vorhanden sein, der seinen Sitz in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union oder in einem anderen Vertragsstaat des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum hat (vgl. zukünftig Art. 74 der