für die Veranlassung, Organisation und Finanzierung einer klinischen Prüfung bei Menschen übernehmen (vgl. zukünftig § 4 Abs. 24 AMG n.F. i.V.m. Art. 2 Abs. 2 Nr. 14 VO (EU) Nr. 536/2014). Dabei verbleibt die Gesamtverantwortung auch dann beim Sponsor, wenn dieser die Durchführung der Studie auf ein privates Forschungsunternehmen (sog. Contract Research Organization) überträgt.[151] Während in Deutschland bislang das Prinzip des einheitlichen Sponsors gilt,[152] erlaubt Art. 72 der VO (EU) Nr. 536/2014 in Zukunft das sog. Co-Sponsoring.[153]
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Die klinische Prüfung muss darüber hinaus gemäß § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 5 AMG in einer geeigneten Einrichtung[154] von einem angemessen qualifizierten Prüfer verantwortlich durchgeführt und von einem Prüfer mit mindestens zweijähriger Erfahrung in der klinischen Prüfung von Arzneimitteln geleitet werden. Nach § 4 Abs. 25 S. 1 AMG soll es sich bei dem Prüfer in der Regel um einen Arzt handeln; in begründeten Ausnahmefällen kommt jedoch auch eine andere Person, deren Beruf auf Grund seiner wissenschaftlichen Anforderungen und der seine Ausübung voraussetzenden Erfahrungen in der Patientenbetreuung für die Durchführung von Forschungen am Menschen qualifiziert, als Prüfer in Betracht.[155] Die VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln enthält in Art. 49 Abs. 1 eine entsprechende Formulierung und bringt daher wohl keine Veränderung bei den Anforderungen an die Qualifikation des Prüfers mit sich; sie führt allerdings in Art. 2 Abs. 2 Nr. 16 den sog. Hauptprüfer wieder ein, auf den im nationalen Kontext erst im Jahr 2012 verzichtet worden war.[156] Zu den Anforderungen an die Prüfeinrichtung vgl. zukünftig § 40a S. 1 Nr. 5 AMG n.F., Art. 50 i.V.m. Anhang I Nr. 67 VO (EU) Nr. 536/2014.
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Gemäß § 40 Abs. 1 S. 2 AMG darf die klinische Prüfung vom Sponsor nur begonnen werden, wenn die zuständige Ethikkommission diese nach Maßgabe des § 42 Abs. 1 AMG zustimmend bewertet[157] und die zuständige Bundesoberbehörde (§ 77 AMG) diese entsprechend § 42 Abs. 2 AMG genehmigt hat. Mit Rücksicht auf die lange Verfahrensdauer wird von einer Anfechtung der Bewertung der Ethikkommission oder der Entscheidung der Bundesoberbehörde abgeraten und stattdessen vorgeschlagen, auf einen Kompromiss hinzuwirken oder den Antrag nach Rücknahme in modifizierter Form erneut einzureichen.[158] Eine gewisse Entlastung könnten insofern die in der VO (EU) Nr. 536/2014 vorgesehenen strengen und knappen Fristen mit sich bringen, die vor allem die Ethikkommissionen unter einen erheblichen Handlungsdruck setzen dürften.[159] Als wesentliche Neuerung bringt die Implementierung der Verordnung eine Zusammenführung der bislang getrennten Verfahren bei Ethikkommission und Bundesoberbehörde zu einem nationalen Genehmigungsverfahren unter Federführung der Bundesoberbehörde mit sich (vgl. im Einzelnen § 40 AMG n.F.).[160] Soll eine klinische Prüfung in mehreren Mitgliedstaaten der EU durchgeführt werden, so übernimmt ein Mitgliedstaat auf Vorschlag des Sponsors (Art. 5 Abs. 1 UAbs. 1 der VO (EU) Nr. 536/2014) als sog. berichterstattender Mitgliedstaat die Rolle des Koordinators zwischen den betroffenen Mitgliedstaaten.[161]
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Wie beim Heilversuch muss auch bei der klinischen Prüfung eine positive Risiko-Nutzen-Bewertung und eine wirksame Einwilligung des ordnungsgemäß aufgeklärten Probanden vorliegen (§ 40 Abs. 1 S. 3 Nrn. 2, 2a, 3 AMG bzw. zukünftig Art. 28 Abs. 1 lit. a–c der VO (EU) Nr. 536/2014). Im Rahmen der Aufklärung ist der Proband über Wesen, Bedeutung, Risiken und Tragweite der klinischen Prüfung sowie über sein Recht zu informieren, die Teilnahme jederzeit zu beenden (§ 40 Abs. 2 S. 1 AMG bzw. Art. 29 Abs. 2 der VO (EU) Nr. 536/2014). Die Aufklärung soll den Probanden zu einer eigenständigen Risikoeinschätzung befähigen; sie muss daher insbesondere auf den Charakter als Forschungseingriff und die damit verbundenen besonderen (unter Umständen noch unbekannten) Risiken eingehen.[162] Darüber hinaus besteht eine Verpflichtung zur umfassenden datenschutzrechtlichen Aufklärung des Teilnehmers (§ 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 3c, Abs. 2a AMG bzw. § 40b Abs. 6 AMG n.F.).[163] Der Aufklärung kommt nach dem Inkrafttreten der VO (EU) Nr. 536/2014 gesteigerte Bedeutung zu, da der Widerruf der Einwilligung in die Datenverarbeitung gemäß Art. 28 Abs. 3 S. 2 der Verordnung nur ex nunc wirkt und deshalb die zuvor gewonnenen Daten entsprechend verwendet werden können.[164] Besondere Relevanz besitzt außerdem die Freiwilligkeit der Studienteilnahme, die nach Auffassung des Gesetzgebers bei Personen, die aufgrund einer gerichtlichen oder behördlichen Anordnung in einer Anstalt untergebracht sind, von vornherein nicht gewährleistet werden kann, weshalb § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 4 AMG die Durchführung klinischer Prüfungen mit dieser Personengruppe ausschließt (vgl. zukünftig § 40a S. 1 Nr. 2 AMG n.F.).[165]
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Gemäß § 40 Abs. 1 S. 3 Nr. 8 AMG ist vor der Durchführung der Studie eine Probandenversicherung abzuschließen, die den Vorgaben des § 40 Abs. 3 AMG entsprechen muss (vgl. zukünftig § 40a S. 1 Nr. 3 AMG n.F.). Sie leistet in den Fällen, in denen keine anderweitige Versicherung für einen aus der Studienteilnahme resultierenden Schaden eintritt.[166]
V. Besonderheiten bei nichtinterventionellen Studien
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Nichtinterventionelle Studien sind epidemiologische Untersuchungen, welche nicht aktiv in die Behandlung oder Diagnostik eingreifen, sondern Ergebnisse von therapeutischen oder diagnostischen Maßnahmen im Wege der Beobachtung der üblichen ärztlichen Behandlungspraxis auswerten.[167] Zu den nichtinterventionellen Studien zählen insbesondere die bislang (vgl. Rn. 49) in § 4 Abs. 23 S. 3 AMG definierten nichtinterventionellen Prüfungen, etwa in Form sog. Anwendungsbeobachtungen (§ 67 AMG);[168] darüber hinaus kann etwa auch die Unbedenklichkeitsprüfung (sog. Post-Authorisation Safety Study = PASS) nach § 4 Abs. 34 AMG in Form einer nichtinterventionellen Studie durchgeführt werden (vgl. §§ 63f und 63g AMG).[169]
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Anwendungsbeobachtungen dienen der Klärung von Fragen zu Anwendungsmodalitäten von Arzneimitteln, der Erhebung von Informationen zur Arzneimittelsicherheit (etwa durch Hinweise auf unerwünschte Nebenwirkungen) und der Gewinnung von Rückschlüssen auf einzelne Aspekte des Therapieverlaufs.[170] Gemäß § 67 Abs. 6 S. 1 AMG sind sie unverzüglich der zuständigen Bundesoberbehörde, der Kassenärztlichen Bundesvereinigung, dem Spitzenverband Bund der Krankenkassen und dem Verband der Privaten Krankenversicherung e.V. anzuzeigen.[171] Als nicht-klinische Studien folgen Anwendungsbeobachtungen nicht einem detaillierten Prüfplan; sie werden jedoch i.d.R. durch einen sog. Beobachtungs- und Auswertungsplan strukturiert.[172] Im Anschluss an die Studie ist der zuständigen Bundesoberbehörde gemäß § 67 Abs. 6 S. 7 AMG binnen eines Jahres ein Abschlussbericht zu übermitteln. Anwendungsbeobachtungen gelten als Einfallstor für eine unlautere Einflussnahme auf das Verschreibungsverhalten von Ärzten; § 67 Abs. 6 S. 4 AMG schreibt daher vor, dass Entschädigungen, die an Ärzte für ihre Beteiligung an entsprechenden Untersuchungen geleistet werden, nach ihrer Art und Höhe so zu bemessen sind, dass kein Anreiz für eine bevorzugte Verschreibung oder Empfehlung bestimmter Arzneimittel entsteht.[173] Steht der Entschädigung keine erkennbare ärztliche Gegenleistung gegenüber oder übersteigt die Entschädigung den von dem Arzt geleisteten Aufwand deutlich, so soll dies nach dem Willen des Gesetzgebers[174] als Indiz für eine Unrechtsvereinbarung i.S.d. Vorschriften über die Bestechlichkeit und Bestechung im Gesundheitswesen (§§ 299a, 299b StGB) zu werten sein (siehe dazu auch noch Rn. 118).[175]
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Art. 2 Abs. 2 Nr. 4 der VO (EU) Nr. 536/2014 über klinische Prüfungen mit Humanarzneimitteln grenzt die nichtinterventionelle Studie von der klinischen Prüfung ab (vgl. auch § 4 Abs. 23 S. 2 AMG n.F.) und stellt keinen Bezug zum Zulassungsstatus der zu untersuchenden Arzneimittel her. Daher besteht zukünftig auch die Möglichkeit, nichtinterventionelle Studien mit Medikamenten außerhalb ihres von der Zulassung umfassten Anwendungsbereichs durchzuführen (sog. Off-Label-Use).[176]
VI. Sonderformen der Forschung am Menschen