vor. Kommt eine Einigung nicht zustande, ist dem Steuerpflichtigen die Durchführung eines Schiedsverfahrens möglich, dessen Schiedsspruch verbindlich ist, wenn sich die beteiligten Staaten auf keine alternative Lösung einigen können.104 Diese Richtlinie gilt neben den DBA und der Schiedskonvention und gilt für Beschwerden, die ab dem 01.07.2019 eingereicht wurden und betreffend Steuerjahre ab dem 01.01.2018. Im Zuge der deutschen Umsetzung der Streitbeilegungsrichtlinie wurde das EU-Doppelbesteuerungsabkommen-Streitbeilegungsgesetz (EU-DBA-SBG) vom 10.12.2019105 erlassen. Das BMF hat am 27.08.2021 eine Neufassung des Merkblatts zu internationalen Verständigungs- und Schiedsverfahren veröffentlicht,106 das neben Anwendungsfragen für internationale Verständigungs- und Schiedsverfahren nun auch Streitbeilegungsverfahren nach dem EU-DBA-SBG umfasst.
c) Inhalt der Dokumentationspflicht von Preisen
Die Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung (GAufzV)107 enthält Konkretisierungen der Dokumentationspflichten.
Der Steuerpflichtige hat zur Erfüllung seiner Dokumentationspflichten von (Verrechnungs-) Preisen (Angemessenheitsdokumentation gem. § 90 Abs. 3 Satz 2 AO) Vergleichsdaten, soweit vorhanden oder mit zumutbarem Aufwand aus frei zugänglichen Quellen beschaffbar, heranzuziehen, § 1 Abs. 1 Satz 2 GAufzV. Weiterhin hat der Steuerpflichtige gemäß § 1 Abs. 1 Satz 3 GAufzV Daten aus vergleichbaren Geschäften zwischen fremden Dritten sowie aus vergleichbaren eigenen Geschäften mit fremden Dritten (z.B. Preise und Geschäftsbedingungen, Kostenaufteilungen, Gewinnaufschläge, Bruttospannen, Nettospannen, Gewinnaufteilungen) darzulegen.
d) Einsatz von Verrechnungspreisrichtlinien
§ 2 Abs. 3 Satz 5 GAufzV bestimmt, dass Verrechnungspreisrichtlinien als Bestandteil der Aufzeichnungen verwendet werden können, wenn für eine Gruppe verbundener Unternehmen dem Fremdvergleichsgrundsatz genügende innerbetriebliche Verrechnungspreisrichtlinien, die für die einzelnen Unternehmen eine oder mehrere geeignete Methoden vorgeben, bestehen. Weitere Voraussetzung ist, dass diese Richtlinien zur Preisermittlung tatsächlich befolgt werden. In diesen Fällen kann auf geschäftsvorfallbezogene Einzelaufzeichnungen verzichtet werden (vgl. § 2 Abs. 3 Satz 6 GAufzV).
Nach Ansicht der Finanzverwaltung108 ist eine solche Verrechnungspreisrichtlinie jedoch nicht anwendbar auf außergewöhnliche Geschäftsvorfälle und Dauerschuldverhältnisse; diese sind jeweils gesondert zu dokumentieren.
e) OECD-Masterfile-Konzept: Vorgaben und Ziele
Mit der Neufassung des Kapitels V der OECD-Richtlinien zur Dokumentation von Verrechnungspreisen vom 05.10.2015 hat die OECD in Umsetzung der BEPS-Maßnahme 13 die Grundlage für das OECD-Masterfile-Konzept geschaffen. Ziel ist die Vereinheitlichung der bereits bestehenden nationalen Dokumentationsvorschriften. Verfolgt wird ein dreistufiger Dokumentationsansatz bestehend aus Masterfile, Localfile und CbC-Template (Country-by-Country-Formular).
Die Leitlinien der OECD-Verrechnungspreisdokumentation sind im Wesentlichen:
– der Fremdvergleichsgrundsatz ist bei der Preisfestsetzung und der Überprüfung der Fremdüblichkeit zu beachten; insbesondere soll die Preisermittlung im Vorhinein erfolgen (sog. Ex-ante-Ansatz);
– die Dokumentation muss Informationen enthalten, die eine angemessene Risikoabschätzung und damit die Auswahl von Prüffeldern durch die Steuerbehörden ermöglichen;
– die Dokumentation muss Informationen enthalten, die eine Prüfung von Verrechnungspreissachverhalten durch die Steuerbehörden ermöglichen.
Das Masterfile ist die Kerndokumentation und enthält standardisierte Informationen, die für alle Unternehmen der Gruppe von Bedeutung sind, wie z.B. Organisationsstruktur, Geschäftsmodell, immaterielle Wirtschaftsgüter, Finanzierungen. Es enthält daneben die Beschreibung aller im Konzern vorhandenen Advance Pricing Agreements und sonstiger verbindlicher Auskünfte durch die Finanzverwaltungen.
Das Localfile ist die detaillierte landesspezifische Dokumentation und enthält alle relevanten Informationen für die Verrechnungspreisanalyse konzerninterner Transaktionen zwischen der lokalen Einheit und verbundenen Unternehmen.
Das Country-by-Country-Reporting (CbCR) wurde international erstmals für Wirtschaftsjahre ab 2016 eingeführt. Die OECD hat dazu entsprechende Leitlinien zur Umsetzung veröffentlicht.109 Per Ende Oktober 2020 haben weltweit bereits über 90 Länder die Vorschriften zum CbCR entsprechend gesetzlich umgesetzt, wobei diese Zahl noch stetig wächst.110 Der User Guide for Tax Administrations and Taxpayers111 enthält Formulare für die CbCR-Tabellen. Das CbCR-Template ist von Unternehmen mit einem jährlichen Konzernumsatz von mehr als 750 Mio. Euro zu erfüllen. Das CbC-Template enthält drei Komponenten:
– eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht über die globale Verteilung bestimmter Kennzahlen wie Umsatz, Gewinn vor Steuern, gezahlte Ertragsteuer, Anzahl an Mitarbeitern, materielle Wirtschaftsgüter, etc. (Tabelle 1)
– eine nach Steuerhoheitsgebieten gegliederte Übersicht der Geschäftstätigkeit aller Mitglieder der Gruppe (Tabelle 2)
– sonstige zusätzliche Informationen (Tabelle 3).
In der EU wurde für das CbCR eine Änderung der EU-Amtshilferichtlinie112 verpflichtend eingeführt und in den automatischen Informationsaustausch aufgenommen.
Mit dem Ersten BEPS-Umsetzungsgesetz113 wurden das OECD-Masterfile-Konzept sowie das Country-by-Country-Reporting (CbC-Reporting) in das deutsche Recht eingeführt durch Änderungen des § 90 Abs. 3 AO sowie die Einfügung eines neuen § 138a AO. Die Umsetzung des von der OECD empfohlenen Aufbaus von Verrechnungspreis-Dokumentationen findet sich in § 90 Abs. 3 AO wie folgt wieder:
1. Stufe Localfile verankert in § 90 Abs. 3 Satz 2 AO: „Die Aufzeichnungspflicht umfasst neben der Darstellung der Geschäftsvorfälle (Sachverhaltsdokumentation) auch die wirtschaftlichen und rechtlichen Grundlagen für eine den Fremdvergleichsgrundsatz beachtende Vereinbarung von Bedingungen, insbesondere Preisen (Verrechnungspreisen), sowie insbesondere Informationen zum Zeitpunkt der Verrechnungspreisbestimmung, zur verwendeten Verrechnungspreismethode und zu den verwendeten Fremdvergleichsdaten (Angemessenheitsdokumentation).“
2. Stufe Masterfile verankert in § 90 Abs. 3 Satz 3 AO: „Hat ein Steuerpflichtiger Aufzeichnungen im Sinne des Satzes 1 für ein Unternehmen zu erstellen, das Teil einer multinationalen Unternehmensgruppe ist, so gehört zu den Aufzeichnungen auch ein Überblick über die Art der weltweiten Geschäftstätigkeit der Unternehmensgruppe und über die von ihr angewandte Systematik der Verrechnungspreisbestimmung, es sei denn, der Umsatz des Unternehmens hat im vorangegangenen Wirtschaftsjahr weniger als 100 Millionen Euro betragen.“
In § 90 Abs. 3 Satz 11 AO ist eine Ermächtigung des BMF zum Erlass von Rechtsverordnungen zwecks Konkretisierung von Masterfile und Localfile vorgesehen, die entsprechende Anpassung der Gewinnabgrenzungsaufzeichnungsverordnung ist 2017 vorgenommen worden.114
Gemäß § 22 Abs. 1 Satz 4 EGAO gilt die durch das 1. BEPS-Umsetzungsgesetz geänderte Fassung des § 90 Abs. 3 AO erstmals für Wirtschaftsjahre, die nach dem 31.12.2016 beginnen.
Die Umsetzung der OECD-Vorgaben zur 3. Stufe Country-by-Country-Reporting erfolgte durch § 138a AO115: „Länderbezogener Bericht multinationaler Unternehmen“. Die Vorschrift betrifft Unternehmen mit konsolidierten Umsatzerlösen von mind. 750 Mio. Euro im vorangegangenen Wirtschaftsjahr, deren Konzernabschluss mindestens ein ausländisches Unternehmen oder eine ausländische Betriebsstätte umfasst (§ 138a Abs. 1 AO). § 138a Abs. 2 AO bestimmt den Inhalt des Reportings, die Gesetzesbegründung erläutert auf Seite 39 einige englischsprachige Positionen des CbC-Reportings. § 138a Abs.