Sebastian Korts

Grundlagen des Internationalen Steuerrechts


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Atomisierung der Funktionen nicht nachzukommen, damit die Dokumentationspflichten ihn nicht erdrücken.

      Soweit Chancen und Risiken im Wesentlichen beim übertragenden Unternehmen verbleiben, liegt eine Funktionsabspaltung vor. Hier greifen die Regelungen zur Funktionsverlagerung nicht ein.

      Die Verlagerung der Funktionen liegt nach § 1 Abs. 2 Satz 1 FVerlV vor, wenn das verlagernde Unternehmen einem anderen, nahestehenden Unternehmen die zuvor beschriebene Funktion überträgt oder zur Nutzung überlässt, damit das übernehmende Unternehmen die Funktion ausübt und dadurch die Ausübung der Funktion durch das verlagernde Unternehmen eingeschränkt ist. Verlagerndes Unternehmen ist der Steuerpflichtige gemäß § 1 Abs. 1 Satz 1 AStG. Das nahestehende ausländische Unternehmen wird über § 1 Abs. 2 AStG definiert; die Verlagerung einer Funktion vom inländischen Stammhaus in die ausländische Betriebsstätte soll nach Meinung der Finanzverwaltung davon gedeckt sein.

      Soweit eine Betriebsaufgabe im Inland erfolgt und eine Betriebsneugründung im Ausland vorgenommen wird, liegt kein Fall einer schuldrechtlichen Geschäftsbeziehung vor; es könnte jedoch ein Fall des § 6 Abs. 1 AStG sein. Abzulehnen ist die Anwendung der Regelungen der Funktionsverlagerung bei einer Sitzverlegung vom Inland in das Ausland; auch grenzüberschreitende Umwandlungen dürften den Fall nicht treffen.

      Bei einer Funktionsverdoppelung (ähnlich Funktionsneugründung) liegen die Rechtsfolgen der Funktionsverlagerung nur dann vor, wenn es innerhalb von fünf Jahren nach Aufnahme der Funktionen zu einer Einschränkung beim verlagernden Unternehmen kommt, § 1 Abs. 6 Satz 1 FVerlV.

      Bei einer Funktionsausgliederung kommen die Rechtsfolgen der Besteuerung zum Tragen; bei einer Funktionsverschmelzung ist dagegen Raum für Argumentation gegen eine Steuer.

       b) Veräußerung vs. Nutzungsüberlassung

      Bei Funktionsverlagerungen innerhalb eines Konzerns über die Grenze kommt es zur Aufdeckung und Versteuerung stiller Reserven. Ausnahmsweise kommt es nicht dazu, wenn eine Nutzungsüberlassung zu fremdüblichen Bedingungen vereinbart wurde. Für die Frage, wann eine Nutzungsüberlassung und wann eine Veräußerung vorliegt, kommt es entscheidend darauf an, ob das wirtschaftliche Eigentum an dem Wirtschaftsgut übergeht. Bei immateriellen Wirtschaftsgütern wie Know-how ist die Bestimmung und Zuordnung des wirtschaftlichen Eigentums regelmäßig schwierig (anders bei Patenten).

       c) Konsequenzen für Funktionsverlagerungen

      Sofern im Rahmen der Funktionsverlagerung der inländischen Gesellschaft ein Vorteil entzogen wird, der ihr zugeordnet war, muss hierfür eine Entschädigung bezahlt werden unter der Voraussetzung, dass auch unter fremden Dritten keine unentgeltliche Übertragung erfolgen würde.

      d) Regelung des Betriebsstättenerlasses zur Gewinnrealisierung62

      Nach dem Betriebsstättenerlass des BMF gilt der Grundsatz der Sofortbesteuerung von stillen Reserven im Rahmen der Überführung von Wirtschaftsgütern in eine ausländische Betriebsstätte unter Anwendung des Fremdvergleichspreises.

       e) Wegzugsbesteuerung nach § 6 AStG

      Die in § 6 AStG63 geregelte Wegzugbesteuerung beinhaltet eine Besteuerung fiktiver Veräußerungen von Beteiligungen an Kapitalgesellschaften nach § 17 EStG, wenn der Steuerpflichtige seinen Wohnsitz oder seinen gewöhnlichen Aufenthalt ins Ausland verlegt, also seine unbeschränkte Steuerpflicht aufgibt.

      Die Regelungen des § 6 Abs. 1 Satz 1 AStG a.F. führen zur Besteuerung eines fiktiven Veräußerungsgewinns beim Gesellschafter zum Zeitpunkt des Wohnsitzwechsels, wenn:

       – es sich um eine natürliche Person handelt, die insgesamt mindestens 10 Jahre nach § 1 Abs. 1 EStG unbeschränkt einkommensteuerpflichtig war, Staatsangehörigkeit unerheblich,

       – diese Steuerpflicht durch die Aufgabe des inländischen Wohnsitzes oder gewöhnlichen Aufenthaltes endet,

       – erfasst sind Vermögenszuwächse, die Anteile an inländischen und ausländischen Kapitalgesellschaften i.S.v. § 17 EStG betreffen (also mindestens 1 % mittelbare oder unmittelbare Beteiligung in den letzten 5 Jahren) und im Privatvermögen gehalten werden.

      Hinzuweisen ist in diesem Zusammenhang auf die allgemeine Stundungsmöglichkeit gemäß § 6 Abs. 4 AStG a.F.: die Wegzugsteuer kann auf Antrag und gegen Sicherheitsleistung für maximal 5 Jahre gestundet werden, die Stundung kann widerrufen werden, wenn die Anteile veräußert oder verdeckt in eine andere Kapitalgesellschaft eingelegt werden, die Kapitalgesellschaft aufgelöst wird oder eine Kapitalherabsetzung erfolgt, § 6 Abs. 4 Sätze 1 und 2 AStG a.F. Zinslose Stundung wird von Amts wegen gewährt in EU-/EWR-Fällen gemäß § 6 Abs. 5 AStG a.F., wenn der Steuerpflichtige im Zuzugsstaat einer der unbeschränkten deutschen Einkommensteuerpflicht entsprechenden Steuerpflicht unterliegt und die Amtshilfe sowie die gegenseitige Unterstützung bei der Beitreibung der geschuldeten Steuer zwischen der Bundesrepublik Deutschland und dem Zuzugsstaat gewährleistet sind. Bei tatsächlicher Realisierung eines Veräußerungsgewinnes kann die Stundung widerrufen werden, vgl. § 6 Abs. 5 Sätze 4 bis 7 AStG a.F.