Леопольд фон Захер-Мазох

Венера в мехах. Уровень 3 / Venus im Pelz


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sei mein für immer.» Ich lag zu ihren Füßen und umfasste ihre Knie.

      «Das wird nicht gut enden, mein Freund», sprach sie ernst.

      «Oh! es soll eben nie ein Ende nehmen», rief ich erregt, ja heftig, «nur der Tod soll uns trennen. Wenn du nicht mein sein kannst, ganz mein und für immer, so will ich dein Sklave sein, dir dienen, alles von dir dulden. Nur stoß mich nicht von dir.»

      «Fassen Sie sich doch», sagte sie und küsste mich auf die Stirne. «Ich bin Ihnen ja von Herzen gut, aber das ist nicht der Weg, mich zu erobern, mich festzuhalten.»

      «Ich will ja alles, alles tun, was Sie wollen, nur Sie nie verlieren», rief ich, «nur das nicht, den Gedanken kann ich nicht mehr fassen.»

      «Stehen Sie doch auf.»

      Ich gehorchte.

      «Sie sind wirklich ein seltsamer Mensch», fuhr Wanda fort, «Sie wollen mich also besitzen um jeden Preis?»

      «Ja, um jeden Preis.»

      «Aber welchen Wert hätte zum Beispiel mein Besitz für Sie?» – Sie sann nach. Ihr Auge bekam etwas Unheimliches. «Wenn ich Sie nicht mehr lieben, wenn ich einem andern gehören würde?» —

      Es überlief mich. Ich sah sie an, sie stand so fest und selbstbewusst vor mir. Ihr Auge zeigte einen kalten Glanz.

      «Sehen Sie», fuhr sie fort, «Sie erschrecken bei dem Gedanken.» Ein liebenswürdiges Lächeln erhellte plötzlich ihr Antlitz.

      «Ja, mich fasst ein Grauen, wenn ich mir lebhaft vorstelle. Ein Weib, das ich liebe, das meine Liebe erwidert hat, gibt sich ohne Erbarmen für mich einem anderen hin. Aber habe ich dann noch eine Wahl? Wenn ich dieses Weib liebe, wahnsinnig liebe, soll ich ihm stolz den Rücken kehren und an meiner prahlerischen Kraft zugrunde gehen? Soll ich mir eine Kugel durch den Kopf jagen?

      Ich habe zwei Frauenideale. Kann ich mein edles, sonniges, eine Frau, welche mir treu und gütig mein Schicksal teilt, nicht finden, nun dann nur nichts Halbes oder Laues! Dann will ich lieber einem Weibe ohne Tugend, ohne Treue, ohne Erbarmen hingegeben sein. Ein solches Weib in seiner selbstsüchtigen Größe ist auch ein Ideal. Kann ich nicht das Glück der Liebe voll und ganz genießen, dann will ich ihre Schmerzen, ihre Qualen auskosten bis zur Neige. Dann will ich von dem Weib, das ich liebe, misshandelt, verraten werden. Je grausamer, um so besser. Auch das ist ein Genuss!»

      «Sind Sie bei Sinnen!» rief Wanda.

      «Ich liebe Sie so mit ganzer Seele», fuhr ich fort, «so mit allen meinen Sinnen, dass Ihre Nähe, Ihre Atmosphäre mir unentbehrlich ist, wenn ich noch weiterleben soll. Wählen Sie also zwischen meinen Idealen. Machen Sie aus mir, was Sie wollen, Ihren Gatten oder Ihren Sklaven.»

      «Gut denn», sprach Wanda. «Ich denke mir das sehr amüsant, einen Mann, der mich interessiert, der mich liebt, so ganz in meiner Hand zu haben. Es wird mir mindestens nicht an Zeitvertreib fehlen. Sie waren so unvorsichtig, mir die Wahl zu lassen. Ich wähle also, ich will, dass Sie mein Sklave sind. Ich werde mein Spielzeug aus Ihnen machen!»

      «Oh! tun Sie das», rief ich halb schauernd, halb entzückt. «Wenn eine Ehe nur auf Gleichheit, auf Übereinstimmung gegründet sein kann, so entstehen dagegen die größten Leidenschaften durch Gegensätze. Wir sind solche Gegensätze, die sich beinahe feindlich gegenüberstehen. Daher ist diese Liebe bei mir, die zum Teil Hass, zum Teil Furcht ist. In einem solchen Verhältnisse aber kann nur eines Hammer, das andere Amboss sein. Ich will Amboss sein. Ich kann nicht glücklich sein, wenn ich auf die Geliebte herabsehe. Ich will ein Weib anbeten können. Das kann ich nur dann, wenn es grausam gegen mich ist.»

      «Aber, Severin», entgegnete Wanda beinahe zornig, «halten Sie mich denn für fähig, einen Mann, der mich so liebt wie Sie, den ich liebe, zu misshandeln?»

      «Warum nicht, wenn ich Sie dafür um so mehr anbete? Man kann nur wahrhaft lieben, was über uns steht, ein Weib, das uns durch Schönheit, Temperament, Geist, Willenskraft unterwirft, dass unsere Despotin wird.»

      «Also das, was andere abstößt, zieht Sie an?»

      «So ist es. Es ist eben meine Seltsamkeit.»

      «Nun, am Ende ist an allen Ihren Passionen nichts so Apartes oder Seltsames. Denn wem gefällt nicht ein schöner Pelz? Und jeder weiß und fühlt, wie nahe Wollust und Grausamkeit verwandt sind.»

      «Bei mir ist dies alles aber auf das Höchste gesteigert», erwiderte ich.

      «Das heißt, die Vernunft hat wenig Gewalt über Sie. Und Sie sind eine weiche hingebende sinnliche Natur.»

      «Waren die Märtyrer auch weiche sinnliche Naturen?»

      «Die Märtyrer?»

      «Im Gegenteil, es waren übersinnliche Menschen, welche im Leiden einen Genuss fanden, welche die furchtbarsten Qualen, ja den Tod suchten wie andere die Freude. Und so ein Übersinnlicher bin ich, Madame.»

      «Geben Sie nur acht, dass Sie dabei nicht auch zum Märtyrer der Liebe, zum Märtyrer eines Weibes werden.»

      Wir sitzen auf Wandas kleinem Balkon in der lauen, duftigen Sommernacht. Ein Dach über uns. Zuerst den grünen Plafond von Schlingpflanzen, dann die Himmelsdecke. Aus dem Park tönt der leise, verliebte Lockton einer Katze. Und ich sitze auf einem Schemel zu den Füßen meiner Göttin und erzähle von meiner Kindheit.

      «Und damals schon waren alle diese Seltsamkeiten bei Ihnen ausgeprägt?» fragte Wanda.

      «Gewiss, ich erinnere mich keiner Zeit, wo ich sie nicht hatte, ja schon in der Wiege. So erzählte mir meine Mutter später, war ich übersinnlich. Man musste mich mit Ziegenmilch nähren. Als kleiner Junge zeigte ich eine rätselhafte Scheu vor Frauen. Darin hat sich eigentlich nur ein unheimliches Interesse für sie ausgedrückt. Das graue Gewölbe, das Halbdunkel einer Kirche beängstigten mich. Vor den glitzernden Altären und Heiligenbildern fasste mich eine förmliche Angst. Dagegen schlich ich heimlich zu einer Venus aus Gips. Sie stand in dem kleinen Bibliothekszimmer meines Vaters. Ich kniete nieder und sprach zu ihr die Gebete. Das hat mir man gelehrt. Das Vaterunser, das Gegrüßt seist du Maria und das Credo.

      Einmal verließ ich nachts mein Bett, um sie zu besuchen. Die Mondsichel leuchtete mir und ließ die Göttin in einem kalten Licht erscheinen. Ich warf mich vor ihr nieder, küsste ihre kalten Füße. Ich habe es bei unseren Landleuten gesehen, wenn sie die Füße des toten Heilands küssten.

      Eine unbezwingliche Sehnsucht ergriff mich.

      Ich stieg empor und umschlang den schönen kalten Leib und küsste die kalten Lippen. Da sank ein tiefer Schauer auf mich herab und ich entfloh. Und im Traum war es mir, als stünde die Göttin vor meinem Lager und drohe mir mit erhobenem Arm.

      Man schickte mich frühzeitig in die Schule. So kam ich bald an das Gymnasium und ergriff alles mit Leidenschaft, was mir die antike Welt zu erschließen versprach. Ich war bald mit den Göttern Griechenlands vertrauter als mit der Religion Jesu. Ich gab mit Paris Venus den verhängnisvollen Apfel. Ich sah Troja brennen und folgte Odysseus auf seinen Irrfahrten. Die Urbilder alles Schönen senkten sich tief in meine Seele. So zeigte ich zu jener Zeit, wo andere Knaben sich roh und unflätig gebärden, einen unüberwindlichen Abscheu gegen alles Niedere, Gemeine, Unschöne[22]. Als etwas ganz besonders Unschönes erschien dem reifenden Jüngling die Liebe zum Weib. Ich mied jede Berührung mit dem schönen Geschlecht, kurz, ich war übersinnlich bis zur Verrücktheit.

      Meine Mutter bekam – ich war damals etwa vierzehn Jahre alt – ein reizendes Stubenmädchen, jung, hübsch, mit schwellenden Formen. Eines Morgens, ich studierte meinen Tacitus und begeisterte mich an den Tugenden der alten Germanen, kehrte die Kleine bei mir aus. Plötzlich hielt sie inne, neigte sich, den Besen in der Hand, zu mir, und zwei volle frische köstliche Lippen berührten die meinen. Der Kuss der verliebten kleinen Katze durchschauerte mich. Aber ich erhob meine ›Germania‹ wie ein Schild gegen die Verführerin und verließ empört das Zimmer.»

      Wanda brach in lautes Lachen aus. «Sie sind in der Tat ein Mann, der seinesgleichen sucht. Aber fahren Sie nur fort.»

      «Eine