Schweiz

Schweizerisches Zivilgesetzbuch – ZGB


Скачать книгу

Damit der überlebende Ehegatte seine bisherige Lebensweise beibehalten kann, wird ihm auf sein Verlangen am Haus oder an der Wohnung, worin die Ehegatten gelebt haben und die dem verstorbenen Ehegatten gehört hat, die Nutzniessung oder ein Wohnrecht auf Anrechnung zugeteilt; vorbehalten bleibt eine andere ehevertragliche Regelung.

      2 Unter den gleichen Voraussetzungen kann er die Zuteilung des

      Eigentums am Hausrat verlangen.

      3 Wo die Umstände es rechtfertigen, kann auf Verlangen des überlebenden Ehegatten oder der andern gesetzlichen Erben des Verstorbenen statt der Nutzniessung oder des Wohnrechts das Eigentum am Haus oder an der Wohnung eingeräumt werden.

      4 An Räumlichkeiten, in denen der Erblasser einen Beruf ausübte oder ein Gewerbe betrieb und die ein Nachkomme zu dessen Weiterführung benötigt, kann der überlebende Ehegatte diese Rechte nicht beanspruchen; die Vorschriften des bäuerlichen Erbrechts bleiben vorbehalten.

      Art. 220

      3. Klage gegen Dritte

      1 Deckt das Vermögen des verpflichteten Ehegatten oder seine Erbschaft bei der güterrechtlichen Auseinandersetzung die Beteiligungsforderung nicht, so können der berechtigte Ehegatte oder seine Erben Zuwendungen, die der Errungenschaft hinzuzurechnen sind, bis zur Höhe des Fehlbetrages bei den begünstigten Dritten einfordern.

      2 Das Klagerecht erlischt ein Jahr nachdem der Ehegatte oder seine Erben von der Verletzung ihrer Rechte Kenntnis erhalten haben, in jedem Fall aber zehn Jahre nach der Auflösung des Güterstandes.

      3 Im Übrigen gelten die Bestimmungen über die erbrechtliche Herabsetzungsklage sinngemäss.[127]

      Dritter Abschnitt: Die Gütergemeinschaft

      Art. 221

      A. Eigentumsverhältnisse

      I. Zusammensetzung

      Der Güterstand der Gütergemeinschaft umfasst das Gesamtgut und das Eigengut jedes Ehegatten.

      Art. 222

      II. Gesamtgut

      1. Allgemeine Gütergemeinschaft

      1 Die allgemeine Gütergemeinschaft vereinigt das Vermögen und die Einkünfte der Ehegatten zu einem Gesamtgut, mit Ausnahme der Gegenstände, die von Gesetzes wegen Eigengut sind.

      2 Das Gesamtgut gehört beiden Ehegatten ungeteilt.

      3 Kein Ehegatte kann über seinen Anteil am Gesamtgut verfügen.

      Art. 223

      2. Beschränkte Gütergemeinschaften

      a. Errungenschaftsgemeinschaft

      1 Die Ehegatten können durch Ehevertrag die Gemeinschaft auf die

      Errungenschaft beschränken.

      2 Die Erträge des Eigengutes fallen in das Gesamtgut.

      Art. 224

      b. Andere Gütergemeinschaften

      1 Die Ehegatten können durch Ehevertrag bestimmte Vermögenswerte oder Arten von Vermögenswerten, wie Grundstücke, den Arbeitserwerb eines Ehegatten oder Vermögenswerte, mit denen dieser einen Beruf ausübt oder ein Gewerbe betreibt, von der Gemeinschaft ausschliessen.

      2 Sofern nichts anderes vereinbart ist, fallen die Erträge dieser Vermögenswerte nicht in das Gesamtgut.

      Art. 225

      III. Eigengut

      1 Eigengut entsteht durch Ehevertrag, durch Zuwendung Dritter oder von Gesetzes wegen.

      2 Von Gesetzes wegen umfasst das Eigengut jedes Ehegatten die Gegenstände, die ihm ausschliesslich zum persönlichen Gebrauch dienen, sowie die Genugtuungsansprüche.

      3 Was ein Ehegatte als Pflichtteil zu beanspruchen hat, kann ihm von seinen Verwandten nicht als Eigengut zugewendet werden, sofern der Ehevertrag vorsieht, dass diese Vermögenswerte Gesamtgut sind.

      Art. 226

      IV. Beweis

      Alle Vermögenswerte gelten als Gesamtgut, solange nicht bewiesen ist, dass sie Eigengut eines Ehegatten sind.

      Art. 227

      B. Verwaltung und Verfügung

      I. Gesamtgut

      1. Ordentliche Verwaltung

      1 Die Ehegatten verwalten das Gesamtgut im Interesse der ehelichen

      Gemeinschaft.

      2 Jeder Ehegatte kann in den Schranken der ordentlichen Verwaltung die Gemeinschaft verpflichten und über das Gesamtgut verfügen.

      Art. 228

      2. Ausserordentliche Verwaltung

      1 Die Ehegatten können ausser für die ordentliche Verwaltung nur gemeinsam oder der eine nur mit Einwilligung des andern die Gemeinschaft verpflichten und über das Gesamtgut verfügen.

      2 Dritte dürfen diese Einwilligung voraussetzen, sofern sie nicht wissen oder wissen sollten, dass sie fehlt.

      3 Die Bestimmungen über die Vertretung der ehelichen Gemeinschaft bleiben vorbehalten.

      Art. 229

      3. Beruf oder Gewerbe der Gemeinschaft

      Übt ein Ehegatte mit Zustimmung des andern mit Mitteln des Gesamtgutes allein einen Beruf aus oder betreibt er allein ein Gewerbe, so kann er alle Rechtsgeschäfte vornehmen, die diese Tätigkeiten mit sich bringen.

      Art. 230

      4. Ausschlagung und Annahme von Erbschaften

      1 Ohne Zustimmung des andern kann ein Ehegatte weder eine Erbschaft, die ins Gesamtgut fallen würde, ausschlagen noch eine überschuldete Erbschaft annehmen.

      2 Kann der Ehegatte diese Zustimmung nicht einholen oder wird sie ihm ohne triftigen Grund verweigert, so kann er das Gericht anrufen.[128]

      Art. 231

      5. Verantwortlichkeit und Verwaltungskosten

      1 Für Handlungen, die das Gesamtgut betreffen, ist jeder Ehegatte bei Auflösung des Güterstandes gleich einem Beauftragten verantwortlich.

      2 Die Kosten der Verwaltung werden dem Gesamtgut belastet.

      Art. 232

      II. Eigengut

      1 Innerhalb der gesetzlichen Schranken verwaltet jeder Ehegatte sein

      Eigengut und verfügt darüber.

      2 Fallen die Erträge in das Eigengut, werden die Kosten der Verwaltung diesem belastet.

      Art. 233

      C. Haftung gegenüber Dritten

      I. Vollschulden

      Jeder Ehegatte haftet mit seinem Eigengut und dem Gesamtgut:

      1. für Schulden, die er in Ausübung seiner Befugnisse zur Vertretung der ehelichen Gemeinschaft oder zur Verwaltung des Gesamtgutes eingeht;

      2. für Schulden, die er in Ausübung eines Berufes oder Gewerbes eingeht, sofern für diese Mittel des Gesamtgutes verwendet werden oder deren Erträge ins Gesamtgut fallen;

      3. für Schulden, für die auch der andere Ehegatte persönlich einzustehen hat;

      4. für Schulden, bei welchen die Ehegatten mit dem Dritten vereinbart haben, dass das Gesamtgut neben dem Eigengut des Schuldners haftet.