Trevithick um 500 Pfund Sterling, das sind 10 000 Mark. Der mit Glücksgütern nicht allzu reich gesegnete Erfinder fand durch diese Summe Anregung genug, sofort einen Dampfwagen für die Schiene zu bauen. Seiner großen Erfahrung gelang die Ausführung vortrefflich. Wie er selbst in einem Brief schreibt, rannte die Maschine „mit großer Geschwindigkeit hügelauf, hügelab und war leicht zu führen“.
Dieser Brief Trevithicks vom 15. Februar 1804 ist die erste Mitteilung über eine Lokomotivfahrt, die wir besitzen. Er spricht freilich von einem „tram waggon“, denn das Wort Lokomotive selbst ist erst sehr viel später eingeführt worden, wie im Abschnitt 14 näher dargelegt werden wird.
Bei diesem tram waggon finden wir, so ungefüge und seltsam er unseren heutigen Augen auch erscheinen mag, doch noch eine weitere, bis heute ausschlaggebend gebliebene Bauanordnung der Lokomotive verwendet. Es wird nämlich von der Maschine, die mit Hilfe von langen Geradführungsstangen eine Kurbel mit daran befestigtem Zahnrad antreibt, nicht mehr nur Eine Achse gedreht, sondern beide Achsen haben zwangläufigen Antrieb. Dies ist der Ursprung der gekuppelten Lokomotivachsen, die das nutzbare Reibungsgewicht auf den Schienen so bedeutend erhöhen. Freilich haben sich Zahnräder für diese Zwecke nicht bewährt. Die Achsenkupplung ist denn auch bald wieder verlassen worden, bis Stephenson, wie wir später hören werden, hierfür, wie für so vieles andere, die richtige Anordnung fand.
Bei dieser Lokomotive glaubte Trevithick noch ein Schwungrad zur Erzielung gleichmäßiger Bewegung notwendig zu haben. Steuerung und Schornstein lagen beide nebeneinander an der Vorderseite des Kessels, in den der Zylinder wiederum, wie damals allgemein üblich, zur besseren Warmhaltung der Wände hineingebaut war.
Die Maschine leistete weit mehr, als zum Gewinn der Wette notwendig war. Sie zog einen Zug von fünf Wagen, der mit 10 000 Kilogramm Eisen und siebzig Menschen beladen war, über die sechzehn Kilometer lange Bahn. Die Gesamtlast, die an der Lokomotive hing, betrug 25 400 Kilogramm. Mit dieser legte die Maschine die Strecke in vier Stunden fünf Minuten zurück. Der ungläubige Hill machte die Fahrt mit und mußte seine Wette verloren geben. Er versuchte zwar noch verschiedene Einwendungen, um Trevithick das Geld vorzuenthalten, dieser scheint es aber schließlich doch bekommen zu haben.
Inzwischen war man in Soho ziemlich außer sich. Watt sah seine Alleinherrschaft im Dampfmaschinenbau gefährdet. Er tat alles, um ein gesetzliches Verbot der Trevithickschen Arbeiten zu erreichen, indem er erklärte, der Mann aus Cornwall verdiene gehängt zu werden, weil er so hohe Dampfspannungen anzuwenden wage, daß ein Unglück unausbleiblich sei. Nur mit Mühe gelang es Trevithicks Freunden, ein Einschreiten der Behörden zu verhüten.
Trevithick selbst war mit dem Erfolg seiner Lokomotive sehr zufrieden. Er beschloß, ganz nach Penydarran überzusiedeln und sich der weiteren Durchbildung des Dampfwagens für Schienengeleise zu widmen. Hätte er nun nicht wiederum Unglück gehabt, so wäre es ihm wahrscheinlich zwei Jahrzehnte vor Stephenson gelungen, den Grundstein für die Lokomotiveisenbahn zu legen. Aber es war nun einmal sein Schicksal, daß dem Sonnenschein stets sogleich finsteres Gewölk folgen mußte.
Trevithicks neue Lokomotive war gut, aber das Gleis war ihr nicht ebenbürtig. Nachdem die Maschine einige Zeit auf den gußeisernen Schienen gefahren war, begannen diese unter dem Gewicht des Fahrzeugs zu brechen. Das „Meaning Journal“ brachte, nach Steiner, damals die folgende Mitteilung eines Augenzeugen über Trevithicks Lokomotive: „Sie war bestimmt, Eisen von den Hochöfen nach der alten Schmiede zu bringen, und arbeitete sehr gut. Wahrscheinlich infolge ihres Gewichts zerbrach sie die Schienen unter sich und fiel zwischen die Schwellen. Nachdem sie einige Zeit auf dem Gleis gearbeitet hatte, sollte sie eine Ladung Eisen von Penydarran hinunterbringen. An diesem Tag aber brachen viele Schienen, und die Maschine lief, ehe sie das Ziel erreichte, aus dem Gleis. Sie mußte mit Pferden nach Penydarran zurückgebracht werden und wurde von da an nicht mehr als Lokomotive gebraucht.“ Nur fünf Monate lang war sie gefahren. Nun wurde sie zu einer ortsfesten Betriebsmaschine umgewandelt, als welche sie noch jahrzehntelang der Grube gedient hat.
Doch ganz hatte Trevithick trotzdem den Mut nicht verloren. Auf Anregung Blacketts, des Besitzers der Wylam-Gruben, der die Versuche in Penydarran gesehen hatte, baute er eine neue Lokomotive. Da aber der Schienenweg von Wylam nur aus hölzernen Balken bestand, so hat er vermutlich die Maschine, gewarnt durch seine Erfahrungen, möglichst leicht gemacht. Auf diese Weise aber konnte sie nichts Rechtes leisten, da ja die Zugkraft jeder Lokomotive von ihrem Gewicht und der daraus folgenden Stärke der Anhaftung auf den Schienen abhängig ist. Trevithick trug denn auch in Wylam keinen irgendwie nennenswerten Erfolg davon. Dennoch ist seine dortige Tätigkeit wichtig, denn die Kohlenbahn von Wylam ging an Georg Stephensons armseligem Geburtshaus in dem gleichnamigen Ort vorüber, und dieser dürfte so infolge Trevithicks Tätigkeit zum erstenmal eine Lokomotive gesehen haben. Auch zwei andere Männer, deren Arbeiten für die Entwicklung des Dampfwagens auf den Schienen wichtig gewesen sind, Blenkinsop und Hedley, haben hier zweifellos Anregung erfahren.
Noch einmal versuchte Trevithick seine Erfindung durchzusetzen. Er wollte durch eine besondere Veranstaltung zeigen, wie vortrefflich der Dampfwagen zu fahren vermöge, wenn er auf Schienen gesetzt ist. Darum ging er 1808 noch einmal nach London und zwar mit einer neuen, wiederum verbesserten Lokomotive, der seine Schwester den stolzen Namen „Catch me who can“ („Fang’ mich, wer kann“) beigelegt hatte. In der Tat soll diese Lokomotive eine für die damalige Zeit ganz außerordentliche Geschwindigkeit erreicht haben, nämlich 30 Kilometer in der Stunde.
Die Maschine sollte in London keinem wirklichen Betrieb dienen, sondern sie war als ein Schaustück gedacht. Trevithick mietete in der Nähe des Euston Square einen weiten, unbebauten Platz, auf dem seltsamerweise später der Endbahnhof einer der bedeutendsten Eisenbahnstrecken Englands, der Nordwestbahn, errichtet wurde. Dort wurde eine kreisförmige Gleisbahn von 60 Metern Durchmesser angelegt und der ganze Platz mit einem hohen Zaun umgeben. Der Eintritt kostete einen Schilling, wofür man zugleich das Recht erwarb, in dem einen Wagen, den die Lokomotive hinter sich zog, mitzufahren. Aber hierzu hatten nur wenige den Mut. Überhaupt zog die Vorführung nicht so viel Zuschauer an, wie Trevithick erhofft hatte, und eines Tags, als die Lokomotive wieder einmal die Schienen zerbrochen hatte und ganz aus dem Gleis geraten war, sperrte er den Eingang zu, verkaufte die Maschine an einen Messerschmied und schloß damit auch seine Wirksamkeit für die Entwicklung der Lokomotive auf immer ab.
Nicht ohne Schmerz sieht man einen eifrig Strebenden hier in der Blüte seines Schaffens gebrochen. Aber Trevithick besaß eben nicht nur Kraft, sondern gleichzeitig einen allzu lebhaft umherschweifenden Geist. Er beschäftigte sich zur selben Zeit mit vielen Gegenständen, suchte Patente nach für Dampfkräne, Schwimmdocks, Wassersäulenmaschinen, Masten aus Eisenblech und vieles andere. So konnte das einzelne nicht zur vollen Reife gelangen.
Bald nachdem er der Lokomotive entsagt hatte, ließ Trevithick sich verlocken, eine Arbeit von außerordentlicher Größe in Angriff zu nehmen, für welche die damaligen technischen Mittel zweifellos noch nicht ausreichend waren. Er begann eine Untertunnelung der Themse. Aber mehrere Male brach das Wasser des Flusses in den Bau ein, und schließlich wurde dieser ganz überschwemmt. Nach fünfmonatlicher Arbeit mußte der Versuch aufgegeben werden. Erst ein Vierteljahrhundert später wurde der Rotherhithe-Tunnel unter der Themse durch Isambart Brunel fertiggestellt.
Von neuem brachte bald darauf ein Zufall Trevithick zu einer Stellung voll Ruhm und hohen Ehren.
In Peru begannen damals die Silber- und Goldbergwerke, ebenso wie einst die Kohlengruben in England, bei tieferem Absenken der Schächte unter dem eindringenden Wasser zu leiden. Gewöhnliche Wattsche Dampfmaschinen vermochten hier keine Abhilfe zu schaffen, da deren allzu schwere Teile nicht bis in die fast unzugänglichen Gebirgsgegenden gebracht werden konnten. Ein Schweizer, namens Charles Urville, wurde nach England gesandt, um sich dort umzusehen, ob es nicht irgendeine Maschinenbauart gäbe, die aus der Not zu retten vermöchte. Der Abgesandte war schon im Begriff, unverrichteter Sache wieder abzureisen, als er in dem Schaufenster eines Maschinenhändlers in London zufällig eine der kleinen, kräftigen Hochdruckmaschinen Trevithicks sah. Sofort bestellte er eine Anzahl von ihnen, und einige Zeit darauf erging aus Peru ein Ruf an Trevithick, selbst dorthin zu kommen, um die Maschinen in Tätigkeit zu setzen. Als sein Schiff im Februar 1817 in Callao einlief, wurde er mit königlichen Ehren empfangen. Ein Einkommen von 100 000 Pfund Sterling jährlich wurde ihm