Эрих Мария Ремарк

Drei Kameraden / Три товарища. Книга для чтения на немецком языке


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atmete auf.

      „Nachher reden wir dann weiter”, fügte er hinzu. Ich atmete wieder ein.

      Wir fuhren zu seiner Wohnung. Er bat mich zu warten, er wolle seine Frau holen.

      Frau Blumenthal erschien. Ich erinnerte mich an alle Ratschläge von Lenz und verwandelte mich aus einem Kämpfer in einen Kavalier.

      Blumenthal hatte dafür nur ein niederträchtiges Lächeln. Der Mann war aus Eisen. Er hätte Lokomotiven verkaufen sollen, aber keine Trikotagen.

      Ich sorgte dafür, dass er hinten in den Wagen kam und seine Frau neben mich. „Wohin darf ich Sie fahren, gnädige Frau?” fragte ich schmelzend.

      „Wohin Sie wollen”, meinte sie, mütterlich lächelnd.

      Ich begann zu plaudern. Es war eine Wohltat, einen harmlosen Menschen vor sich zu haben. Ich sprach so leise, dass Blumenthal nicht viel verstehen konnte. So sprach ich freier. Es war ohnehin schon schlimm genug, dass er hinten saß.

      Wir hielten. Ich stieg aus und sah meinen Feind fest an. „Sie müssen doch zugeben, dass der Wagen sich wie Butter fährt, Herr Blumenthal.”

      „Was heißt schon Butter, junger Mann”, entgegnete er sonderbar freundlich, „wenn die Steuern einen auffressen. Der Wagen kostet zu viel Steuern. Ihnen gesagt.”

      „Herr Blumenthal”, sagte ich, bestrebt, den Ton festzuhalten, „Sie sind Geschäftsmann, zu Ihnen kann ich aufrichtig reden. Das sind keine Steuern, das sind Spesen. Sagen Sie selbst, was erfordert ein Geschäft denn heute? Sie wissen es, – nicht mehr Kapital, wie früher, – Kredit braucht es! Und wie kriegt man Kredit? Immer noch durchs Auftreten. Ein Gadillac ist solide und flott – behäbig, aber nicht altmodisch – gesundes Bürgertum – er ist die lebendige Reklame fürs Geschäft.”

      Blumenthal wendete sich belustigt an seine Frau. „Ein jüdisches Köpfchen hat er, wie? junger Mann”, sagte er dann, immer noch familiär, „die beste Reklame für Solidität ist heute ein schäbiger Anzug und Autobusfahren.

      Ich sah ihn misstrauisch an. Was hatte er nur mit seiner Freundlichkeit vor? Oder dämpfte die Gegenwart seiner Frau seinen Kampfgeist? Ich beschloss, eine Pistole abzufeuern. „So ein Gadillac ist doch was anderes als ein Essex, nicht wahr, gnädige Frau? Der Junior von Meyer und Sohn fährt so ein Ding, aber ich möchte ihn nicht geschenkt haben, diesen grellroten, auffälligen Schlitten – ”

      Ich hörte Blumenthal schnauben und fuhr rasch fort: „Die Farbe hier kleidet Sie übrigens sehr gut, gnädige Frau – gedämpftes Kobaltblau zu Blond – ”

      Plötzlich sah ich Blumenthal wie einen ganzen Wald voll Affen grinsen[65]. ,,Meyer und Sohn – tüchtig, tüchtig – ” stöhnte er. „Und jetzt auch noch Schmonzes[66] – Schmonzes! – ”

      Ich blickte ihn an. Ich traute meinen Augen nicht; das war echt! Sofort schlug ich weiter in dieselbe Kerbe. „Herr Blumenthal, gestatten Sie, dass ich etwas richtig stelle. Bei einer Frau sind Schmonzes nie Schmonzes. Es sind Komplimente, die in unserer Jammerzeit leider immer seltener werden. Die Frau ist kein Stahlmöbel; sie ist eine Blume, – sie verlangt keine Sachlichkeit; sie verlangt die heitere Schmonzessonne.

      „Gut gebrüllt, Löwe”, sagte Blumenthal strahlend. „Hören Sie, Herr Lohkamp! Ich weiß, dass ich Ihnen noch glatt tausend Mark abhandeln kann – ”

      Ich trat einen Schritt zurück. Tückischer Satan, dachte ich, das ist der erwartete Schlag. Ich sah mich bereits als Abstinent durchs Leben wandern und warf den Blick eines gemarterten Rehkitzes zu Frau Blumenthal hinüber. „Aber, Vater – ” sagte sie.

      „Lass mal, Mutter”, erwiderte er. „Also ich könnte es, – aber ich tue es nicht. Es hat mir Spaß als Geschäftsmann gemacht, wie Sie gearbeitet haben. Noch etwas zu phantasievoll, aber immerhin – das mit Meyer und Sohn war schon gut. Haben Sie eine jüdische Mutter?”

      „Nein.”

      „Waren Sie mal in der Konfektion?”

      „Ja”

      „Sehen Sie, daher den Stil. In was für ‘ner Branche?”[67]

      „Seele”, erwiderte ich, „ich sollte mal Schulmeister werden.”

      „Herr Lohkamp”, sagte Blumenthal, „Respekt! Wenn Sie mal ohne Stellung sind, rufen Sie bei mir an.”

      Er schrieb einen Scheck aus und gab ihn mir. Ich traute meinen Augen nicht! Vorauszahlung! – ein Wunder! „Herr Blumenthal”, sagte ich überwältigt, „erlauben Sie mir, zu dem Wagen zwei kristallene Aschenbecher und eine erstklassige Gummifußmatte gratis dreinzugeben.”

      „Schön” meinte er, „da kriegt der alte Blumenthal auch mal was geschenkt.” Dann lud er mich für den nächsten Tag zum Abendessen ein. Frau Blumenthal lächelte mir mütterlich zu.

      „Es gibt gefüllten Hecht”, sagte sie weich.

      „Eine Delikatesse”, erklärte ich. „Dann bringe ich Ihnen gleich den Wagen mit. Morgen früh lassen wir ihn zu.”

* * *

      Ich flog wie eine Schwalbe zurück zur Werkstatt. Aber Lenz und Köster waren zum Essen gegangen. Ich musste meinen Triumph noch bezähmen. Nur Jupp war da. „Verkauft?” fragte er.

      „Das möchtest du wohl wissen, du Strolch”, sagte ich. „Hier, da hast du einen Taler. Bau dir ein Flugzeug dafür.”

      „Also verkauft”, grinste Jupp.

      „Ich fahre jetzt essen”, sagte ich, „aber wehe, wenn du den andern was sagst, bevor ich zurück bin.”

      „Herr Lohkamp”, beteuerte er und wirbelte den Taler durch die Luft, „ich bin ein Grab.”

      „So siehst du aus”, sagte ich und gab Gas.

      Als ich auf den Hof zurückkam, machte Jupp mir ein Zeichen. „Was ist los?” fragte ich. „Hast du den Schnabel nicht gehalten?”

      „Herr Lohkamp! Wie Eisen!” Er grinste. „Nur – der Fordfritze[68] ist drin.”

      Ich ließ den Cadillac auf dem Hof stehen und ging in die Werkstatt. Der Bäckermeister war da und beugte sich gerade über ein Buch mit Farbproben. Er trug einen karierten Gürtelmantel mit breitem Trauerflor. Neben ihm stand eine hübsche Person mit hurtigen, schwarzen Augen, einem offenen Mäntelchen mit verrupftem Kaninchenfellbesatz und zu kleinen Lackschuhen. Die schwarze Person war für leuchtendes Zinnober; aber der Bäcker hatte gegen Rot Bedenken, weil er doch in Trauer war. Er schlug ein fahles Gelbgrau vor.

      „Ach was”, maulte die Schwarze, „ein Ford muss auffallend lackiert sein. Sonst sieht er nach nichts aus.”

      Sie schickte verschwörerische Blicke nach uns aus, zuckte mit den Achseln, als der Bäcker sich bückte, verzog den Mund und blinzelte uns zu. Ein munteres Kind! Schließlich einigten sich beide auf Resedagrün. Das Mädchen wollte ein helles Verdeck dazu haben. Doch da wurde der Bäckermeister stark: irgendwo sollte die Trauer herauskommen. Er setzte ein schwarzes Lederverdeck durch. Dabei machte er nebenbei noch ein Geschäft; denn er bekam das Verdeck ja gratis und Leder war teurer als Stoff.

      Die beiden gingen. Aber auf dem Hof gab es noch einen Aufenthalt. Die Schwarze hatte den Cadillac kaum erblickt, als sie drauflos schoss. „Sieh mal, Puppi, das ist ein Wagen! Fabelhaft! Das lass ich mir gefallen!”

      Im nächsten Augenblick hatte sie die Tür schon offen und saß drin, schielend vor Begeisterung. „Das sind Sitze! Kolossal! Wie Klubsessel! Das ist was anderes als der Ford!”

      „Na, komm schon”, sagte Puppi missmutig.

      Lenz stieß mich an; – ich sollte in Aktion treten und versuchen, dem Bäcker den Wagen aufzuhängen. Ich sah Gottfried von oben herab an und schwieg. Er stieß stärker. Ich stieß zurück und drehte ihm den Rücken zu.

      Mit Mühe bekam der Bäcker sein schwarzes