Zehntausende von Juwelen aller Art und Tausende von Broschen. Erbärmlich, bester Prinz, gut gemeint, aber recht einfallslos. Bitte es einer Magd zu schenken, die mag daran Gefallen finden! Hast du sonst nichts zu bieten, lieber Lariliri?“, schlägt das Kästchen mit dem kostbaren Geschenk wieder zu und reicht es ihm zurück.
Der letzte Satz ermuntert den Prinzen, und er erwidert hoffnungsfroh:
„Doch! Ich kann singen, habe eine sehr ausdrucksvolle Stimme, wie man mir immer wieder bestätigte, tanzen, den Walzer beherrsche ich perfekt; bin ein wagemutiger und geschickter Reiter, kann fechten, jagen, eben alles, was ein hochwohlgeborener Prinz können muss!“
Er seufzt erleichtert und begeistert von der langen Liste seiner hervorragenden Eigenschaften auf und blickt ihr erwartungsvoll in die schönen, betörenden Augen. Sein Herz schmilzt dahin wie Butter in der Sonne.
Doch Rosemunde kennt kein Erbarmen, zuckt nur verächtlich mit den Schultern und lässt ein ausgedehntes Gähnen hören, wobei sie sich keine erkennbare Mühe gibt, den Mund mit der Hand zu verbergen, wie nicht nur die höfische Sitte es vorschreibt. Da steht er nun, der eitle Pfau, mit hängenden Flügeln, sprich Armen, und schleicht wie ein begossener Pudel aus dem Raum. Beim Verlassen des Schlosses hört er noch im Treppenhaus ihr glockenhelles, schadenfrohes Lachen ihm nachklingen.
Unfreiwilliger Zeuge dieses peinlichen beschämenden Auftritts wird der Maître de cuisine, der Küchenmeister, der justament die Prinzessin aufsuchen wollte, um sie mit einer seiner Köstlichkeiten zu erfreuen. Wie er nun noch recht zögerlich vor der Tür steht und darüber nachsinnt, ob dies überhaupt der richtige Zeitpunkt ist, um einzutreten, wird die Tür von innen aufgerissen, und die Prinzessin steckt den Kopf heraus, um dem geschlagenen Prinzen noch kichernd nachzublicken.
„Hach, Küchenmeister, er kommt mir gerade recht, hat er was Feines mitgebracht?“, indem sie neugierig auf das Glasschälchen blickt, das er in den Händen hält.
„Trete er nur ein, was steht er da herum?“ Ob dieser freundlichen Ansprache folgt er ihr nun frohgemut in das Gemach. Er lüftet das kleine Leinentüchlein, das die Schale bedeckt, um sie seine neueste und eigenst für Rosemunde ausgedachte Kreation kosten zu lassen.
„Die Mousse au chocolate à la Rosemunde mit allerfeinster Himbeersoße, bereitet aus den Früchten des Schlossgartens …“, strahlt er sie an, denn alle wissen, sie liebt Naschereien; obwohl man es ihr nicht ansehen kann, verdrückt sie täglich eine Menge davon.
Prinzesschen fackelt nicht lange, langt mit den Fingern in die Schaumspeise und steckt sich ungeniert eine ordentliche Portion in den Mund, schleckt sich genüsslich wie eine Katze die possierlichen Pfötchen sauber und wiederholt dies so lange, bis das Töpfchen leer ist. Der Koch strahlt wie ein Honigkuchenpferd und freut sich schon auf das nun zu erwartende Lob, doch was folgt anstatt dessen?
„Pfui Teufel, was hast du da denn nur hineingetan! Das schmeckt wie eingeschlafene Füße! Und so was wagst du mir anzubieten! Scher dich weg, du Scharlatan!“
Sie nimmt das Glasschälchen und wirft es mit aller Wucht auf den Marmorboden, so dass es in tausend Teile zerspringt. Gut, dass sie es leer gegessen hat, so müssen zwei Mägde nur die Scherben aufkehren. Ebenfalls am Boden zerschmettert zieht sich der Küchenmeister in seine Küche zurück.
Aber heute geht es bei der Prinzessin zu wie im Taubenschlag. Der nächste Besucher, Müsjöh Schapka, der gefragteste Coiffeur und Manikürist des Landes, begehrt Einlass und will zu Diensten sein.
„Darf man eintreten, edelste Dame?“, tönt es vor der Tür. Rosemunde, die sich gerade wieder behaglich auf ihr Sofa gekuschelt hat, ein Bein in der Luft, um sich an der schönen Rundung ihrer Wade zu ergötzen, freut sich über die erneute Ablenkung. Dieser Tag beginnt sie zu interessieren!
„Bitte schön, herein, bester Meister!“ Müsjöh packt seine Utensilien aus, schnibbelt mit der Friseurschere in der Luft, wirbelt die Nagelfeile zwischen den Fingern wie ein Jongleur, reicht der Prinzessin einen Spiegel und schreitet zur Tat.
„Die neueste Mode, ma belle princesse, direkt aus Paris, die Haare UNBEDINGT kürzer. O non, diese Hochfrisur, absolut nicht mehr comme il faut!“, womit er meint: total out. Er fackelt nicht lange, und schnipp, schnapp, schon ist eine Locke abgeschnitten. Ach du liebe Güte, die Prinzessin geht hoch wie eine Rakete, da waren ihre vorhergehenden Ausbrüche nichts dagegen!
Das Folgende, man müsste es für sich behalten, das war nun wirklich ungebührlich. Sie befördert den armen Müsjöh Schapka mit einem Tritt in den Allerwertesten durch die Tür hinaus und lässt gleich sein gesamtes Handwerkszeug folgen. Jetzt weint sie allerdings auch ein paar Tränchen um ihre schöne Locke und schreit ihm, dem durch den Korridor Flüchtenden, noch hinterher: „Ihr kommt mir nicht wieder ins Haus, ein für allemal!“
Jetzt, da sie mal richtig in Wut geraten ist, hört sie Lärm vom Hof, öffnet die Fensterläden und gewahrt gemeines Volk, das sich bei einer Brotzeit zwischen Garten- und Hofarbeiten, mit Singen und Scherzen vergnügt. DAS hat ihr gerade noch gefehlt, sie wegen ihrer Locke in Trauer und dort unten ist man heiter, was erlauben sich diese Leute! Sie formt die Hände zu einem Trichter und brüllt so laut sie kann hinunter:
„Packt euch, Gesindel! Was stört ihr meinen Mittagsschlaf! Ich werde euch gleich Beine machen!“ Na, das Volk hat aber gleich diese in die Hand genommen und den Platz geräumt. Nun hat sie wieder Ruhe, ja, jede Menge Ruhe, und wieder passiert nichts!
Prinzessin Rosemunde
„O mein Gott, warum nur, warum? Es ist mir ja so langweilig!“
Sie schlägt die Hände vors Gesicht und gibt sich vor Selbstmitleid zerfließend gänzlich ihrem Kummer hin, bis sie, durch merkwürdige Geräusche wie Zischen und Knattern aufgeschreckt, die Ursache ergründend von ihrer Jammerhaltung Abstand nimmt, und mitten im Zimmer wie durch Zauberei ein altes gebücktes Weiblein vor sich stehen sieht, das auf dem Rücken einen Korb bis obenhin mit Äpfeln gefüllt trägt. Graue, widerspenstige Haare, ein paar Warzen verunzieren die Nase, das Gesicht ist runzlig wie altes gegerbtes Leder, aber in den Augen blitzt es freundlich, und ihre Stimme ist warm und einschmeichelnd, als sie sagt:
„Nehmt ein paar von meinen köstlichen süßen Äpfeln. Esst davon, glaubt mir, sie werden Wunder an euch vollbringen.“
Sie nimmt die Kiepe vom ihrem Buckel und holt eine Handvoll Äpfel hervor, die sie der Prinzessin entgegenhält. Zwar hat es dieser im ersten Moment die Sprache verschlagen, aber gleich ist sie wieder ganz die Alte und zetert:
„Wer hat dich überhaupt hier hereingebeten? Was erlaubst du dir? Und was soll ich bitte mit deinen verschrumpelten Äpfeln, Hutzelweib, die sind genauso verschrumpelt wie du!“, ergreift die Äpfel, nur um sie der Alten an den Kopf zu werfen.
Doch da richtet sich die alte bucklige Frau plötzlich kerzengerade zur vollen Größe auf. Eine seltsame Verwandlung vollzieht sich. Im Nu sind Buckel, Warzen und Falten ganz ohne plastische Chirurgie verschwunden, aus einem glatten, fein gebräunten, alterslosen Gesicht blitzen smaragdgrüne Augen. Mit einer weit ausholenden Gebärde holt sie jetzt aus den riesigen Taschen eines wallenden purpurroten Umhanges einen glänzenden Stab hervor, der an die Zimmerdecke irisierende Lichter wirft, lässt ihn einige Male über ihren Kopf kreisen, bis sie ihn drohend auf Rosemunde richtet und ihr schmaler roter Mund die Worte spricht: „Das soll dir schlecht bekommen, du hochnäsiges, undankbares Ding! Ich werde dir eine Lektion erteilen, die du nie wieder vergessen wirst. Ich, die große und amtlich beglaubigte Zauberin Melawiene, verfluche dich!
Wachse, wachse um die Achse, um die Beine, um den Leib eine Leine, schling um die Arme einen Ring. Masu masa, masachen, nun hast du nichts zu lachen, dirbel darbel, kommt heraus, treibt ihr ihren Hochmut aus!“
Kaum ist die Formel gesprochen, fängt der Marmorboden zu zittern und zu krachen an, die Platten heben sich, Wurzeln brechen hervor und