Organe, die sie dann verpacken und schnell aus dem Krankenhaus bringen. Ein Krankenwagen fällt schließlich auf einem Krankenhausparkplatz nicht auf.“
„Aber vielleicht haben sie heute nicht auf Organe gewartet. Wissen wir, wo sie gerade sind?“
Sie schüttelte den Kopf. „Nein. Den einzigen Standort, den wir kennen, ist der von dem Russen. Das ist immer noch eher Kunst als Wissenschaft. Überwachungskameras sind noch längst nicht überall, vor allem wenn man einmal Manhattan verlassen hat. Man sieht einmal einen Wagen an einer Kamera vorbeifahren und dann siehst du ihn nie wieder. Oder du findest ihn zehn Straßen entfernt wieder oder zehn Kilometer. Der Traktorschlepper ist über die George Washington Brücke nach New Jersey gefahren, bevor wir ihn verloren haben. Der Wäschereiwagen ist zur hundertachtunddreißigsten Straße Richtung Süd-Bronx gefahren, bevor er verschwand. Momentan versuchen wir ihn mit anderen Mitteln wiederzufinden. Wir haben das Fuhrunternehmen, Uber, das Fußbodengeschäft und die Wäscherei kontaktiert. Wir sollten bald Bescheid bekommen. Außerdem durchforsten acht Leute im Headquarter Videoaufnahmen um den Krankenwagen wiederzufinden.“
„Gut. Halt mich auf dem Laufenden. Wie läuft es mit der Bankgeschichte?“ Trudys Gesicht versteinerte. „Diesbezüglich solltest du Swann fragen.“ „Okay.“ Er trat einen Schritt auf Swanns Ecke zu. „Luke?“
Er blieb stehen. „Ja.“ Ihre Augen streiften durch den Raum. „Können wir uns mal unter vier Augen unterhalten?“
„Du willst mich feuern, nur weil ich nicht bereit bin für dich das Gesetz zu brechen?“ „Trudy, ich werde dich nicht feuern. Warum sollte ich das tun?“ „Das ist aber genau das, was du gesagt hast, Luke.“ Sie standen in einem kleinen Lagerraum. Zwei leere Tische standen dort, es gab ein kleines Fenster. Der Bodenbelag war neu. Die Wände waren makellos weiß. Eine Überwachungskamera war in einer der Ecken in Höhe der Decke angebracht worden.
Der Raum sah so aus als wäre er noch nie benutzt worden. Die Kommandozentrale war vor weniger als einem Jahr ins Leben gerufen worden.
Trudys große Augen sahen ihn unverwandt an.
Luke seufzte. „Ich wollte dir eine Verschnaufpause geben. Ich dachte, du würdest das verstehen. Wenn Ärger auf dich zugekommen wäre, hättest du es auf mich schieben können. Alles das, was du getan hast, hast du auf meine Anweisung hin getan. Du hattest Angst deinen Job zu verlieren, wenn du meiner Anordnung nicht gefolgt wärest.“
Sie trat einen Schritt auf ihn zu. In der Beengtheit des Raumes konnte er ihr Shampoo riechen und den leichten Duft Eau de Cologne, den sie oft trug. Die Kombination dieser Düfte ließ seine Beine weich werden. Er fühlte, wie sie leicht zitterten.
„Du darfst mir nicht einmal direkte Anordnungen geben, Luke. Du arbeitest nicht mehr für die Spezialeinheit.“ „Ich bin lediglich beurlaubt.“
Sie ging noch einen weiteren, kleinen Schritt auf ihn zu. Ihre Augen bohrten sich wie zwei Laser in ihn. Diese Augen zeugten von Klugheit und Feuer.
„Und du hast dich warum beurlauben lassen? Meinetwegen?“ Er schüttelte den Kopf. „Nein. Ich hatte meine Gründe. Du warst keiner davon.“ „Die Marshall Brüder?“ Er zuckte die Schultern. „Wenn man zwei Männer in einer Nacht umbringt, ist es wahrscheinlich der richtige Zeitpunkt eine Auszeit zu nehmen. Vielleicht um eine neue Perspektive auf die Dinge zu gewinnen.“ „Sagst du mir gerade, dass du nie irgendwelche Gefühle für mich hattest?“ fragte sie. Er sah sie an, verblüfft, dass sie diese Frage stellte. Er hatte immer gespürt, dass Trudy mit ihm flirtete, doch er war nie darauf eingegangen. Einige wenige Male, als sie betrunken auf irgendwelchen Cocktail-Partys unterwegs gewesen waren und er sich mit seiner Frau gestritten hatte, waren sie sich näher gekommen. Aber der Gedanke an seine Frau und seinen Sohn hatte ihn immer davor bewahrt in den Abgrund zu springen.“
„Trudy, wir arbeiten zusammen,“ sagte er förmlich. „Und ich bin verheiratet.“ Sie kam noch näher heran. „Ich bin nicht auf der Suche nach einem Bräutigam, Luke,“ sagte sie sanft, beugte sich nach vorne und war nur noch wenige Zentimeter von ihm entfernt. Schließlich lehnte sie sich an ihn. Seine Arme hingen an seinen Seiten herab. Er spürte die Wärme ihres Körpers und den alten unkontrollierbaren Drang, den ihre Gegenwart bei ihm auslöste, die Erregung, die Energie… die Lust. Sie legte ihre Hände auf seine Brust und als ihre Handinnenflächen sein Shirt berührten, wusste er, dass er jetzt reagieren oder sich ihr völlig hingeben musste.
Mit einer Geste größter Selbstdisziplin trat Luke einen Schritt zurück und schob ihre Hände sanft von sich.
„Tut mir Leid, Trudy,“ sagte er mit rauer Stimme. „Du bist mir wichtig. Wirklich. Aber das wäre keine gute Idee.“
Sie zog die Augenbrauen zusammen, doch bevor sie etwas sagen konnte, donnerte eine schwere Faust gegen die Holztür.
„Luke, bist du da drin?“ Es war Newsams Stimme. „Du solltest rauskommen und einen Blick auf das hier werfen. Swann hat was gefunden.“
Sie starrten einander an, Luke hatte Gewissensbissen, wenn er an seine Frau dachte, obwohl nichts passiert war.
Er entzog sich der Situation, um Schlimmeres zu vermeiden und fragte sich, wie dieses Vorkommnis ihre Zusammenarbeit belasten würde.
Das Schlimmste jedoch war sich einzugestehen, dass er im tiefsten Inneren den Raum nicht verlassen wollte.
Swann saß an einem langen Tisch, auf dem sich drei Monitore aneinanderreihten. Mit seinem schütteren Haar und der Brille erinnerte er Luke an einen NASA-Physiker einer Weltraumflugkontrollstation. Luke stand mit Newsam und Trudy hinter ihm, alle drei schauten über Swanns schmale Schultern.
„Das hier ist Ken Bryants Bankkonto,“ sagte Swann und deutete mit dem Cursor auf etwas in der Mitte des Bildschirms. Luke speicherte die Details in seinem Kopf ab: Überweisungen, Abzüge, Gesamtsaldo, alles zwischen dem achtundzwanzigsten April und siebenundzwanzigsten Mai.
„Wie sicher ist diese Verbindung?“ fragte Luke. Er schaute sich im Raum und vor der Tür um. Der Hauptraum der Zentrale befand sich bereits am Ende des Gangs.
„Die hier?“ fragte Swann. Er zuckte mit den Schultern. „Sie steht in keiner Verbindung mit der Zentrale. Ich bin mit unserem eigenen Tower und unseren eigenen Satelliten verbunden. Verschlüsselt von unseren Leuten. Ich nehme stark an, dass CIA oder NSA jemanden finden könnten, der Zugang findet, aber warum sollte uns das stören? Wir spielen doch alle im selben Team oder? Ich würde mir darum keine Sorgen machen. Ich würde mich viel eher auf das Bankkonto hier konzentrieren. Fällt etwas auf?“
„Sein Saldo beträgt 24.000 Dollar,“ sagte Luke.
„Richtig,“ sagte Swann. „Eine Reinigungskraft mit einem beachtlichen Batzen Geld auf seinem Konto. Interessant. Nun lasst uns einen Monat zurückgehen. Achtundzwanzigster März bis siebenundzwanzigster April. Der Kontostand beträgt sogar 37.000 Dollar, einiges davon gibt er wohl aus. Es gibt Überweisungen von einem anonymen Konto, 5.000 Dollar, dann 4.000 Dollar, dann, oh okay, vergesst das IRS Problem… her mit den 20.000 Dollar.“
„Okay,“ sagte Luke.
„Geh noch einen Monat zurück. Ende Februar bis Ende März. Sein Anfangssaldo beträgt 1.129 Dollar. Am Ende des Monats sind es mehr als 9.000 Dollar. Geh noch einen zurück, Ende Januar bis Ende Februar, sein Kontostand betrug nie mehr als 2.000 Dollar. Wenn du noch drei weitere Jahre zurückgehst, wirst du sehen, dass sein Kontostand selten mehr als 1.500 Dollar betrug. Ein Typ, der von der Hand in den Mund lebte und der mit einem Mal im März riesige Beträge auf seinem Konto verbuchen kann.“
„Woher kommen die?“
Swann lächelte und hob den Finger. „Jetzt kommt der spaßige Teil. Die Überweisungen kommen von einer kleinen Offshore-Bank, die auf anonyme Nummernkonten spezialisiert ist. Sie heißt Royal Heritage Bank und liegt auf den Cayman Inseln.“
„Kommst du da rein?“, fragte Luke. Er schaute zu Trudy, die missbilligend dreinblickte.
„Das brauche ich gar nicht“, sagte Swann. „Royal Heritage gehört einem CIA Agenten mit Namen Grigor Svetlana. Er ist Ukrainer, gehörte einst zur Roten Armee. Er hat es sich vor zwanzig