Александр Дюма

Salvator


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wollen wir das Boudoir vollends beschreiben und mit denjenigen, welche es einnehmen, Bekanntschaft machen oder erneuern.

       XIV

      Wo von Carmelite die Rede ist

      Wir haben gesagt, unter diesem ganzen Luststücke von Frauen seien nur vier bis fünf Männer gewesen. Benützen wir es, daß die Gesellschaft nicht zahlreicher ist, um uns in dieses Salongeschwätz zu mischen, das gewöhnlich so viel Worte gebraucht, um so wenig zu sagen.

      Der Lärmendste von diesen fünf Privilegirten des Boudoir von Frau von Marande war ein junger Mann, den wir unter schmerzlichen oder unheilvollen Umständen gesehen haben. Es war Herr Lorédan von Valgeneuse, der von Zeit zu Zeit, an welchem Orte des Boudoir er auch war, und mit welcher Dame er auch sprach, einen Blick schnell wie der Blitz und von seltsamer Bedeutung mit seiner Schwester, Fräulein Susanne von Valgeneuse, der Pensionsfreundin der armen Mina, wechselte.

      Herr Lorédan war ein wahrer Salonmensch; kein Mund wußte besser zu lächeln, kein Blick wußte besser zu komplimentieren; er besaß im höchsten Grade die Höflichkeit, welche an die Unverschämtheit grenzt, und von 1820 bis 1827, hatte ihn noch Niemand in der Kunst, seine Halsbinde anzulegen und daran, selbst ganz behandschuht, den Knoten nach der neusten Mode zu machen, ohne den Atlaß oder den Batist zu zerknittern, entthronen können.

      Er plauderte in diesem Augenblicke mit Frau von Marande, deren Rococo- Fächer er als wahrer Liebhaber der Vanloo und Boncher vom Trödel bewunderte.

      Derjenige, welcher nach Lorédan die Blicke der Frauen anzog, – weniger wegen seiner Schönheit und seiner Eleganz, als wegen seines schon durch drei bis vier Theatersuccesse und durch eine mehr noch originelle als geistreiche Conversation gegründeten Rufes, – war der Dichter Jean Robert. Unter der Zahl der gedruckten Einladungen, die seine ersten Triumphe um ihn regnen gemacht halten, und auf welche zu antworten er sich wohl hütete, hatten ein paar autographirte Einladungen der schönen Lydie, – welche aus ihrem Salon das literarische Rendez-vous machen wollte, wie ihr Gatte aus dem seinigen das politische Rendez-vous der großen Männer der Zeit zu machen beabsichtigte, – seine Bedenklichkeiten überwunden. Ohne einer der emsigsten Besuche von Frau von Marande zu sein, war er doch einer ihrer Habitués, und bei jeder Sitzung, die sie seit drei Wochen seinem Freunde Petrus gegeben hatte, war er gewissenhaft gegenwärtig gewesen, in der Absicht, mit der reizenden jungen Frau plaudernd ihrem Portrait Belebtheit zu geben. Man muß sagen, daß es auch diesmal Jean Robert geglückt war, und daß nie der Blick und das Lächeln den Lydie, der eine glänzender, das andere belebter gewesen waren.

      Herr von Marande machte hierüber an diesem Abend, – das Portrait war erst seit zwei Tagen im Hotel zurück, – Herr von Marande, sagen wir, machte hierüber an demselben Abend Jean Robert sein Compliment und dankte ihm für die Gefälligkeit, mit der er für Frau von Marande das Langweilige des Sitzens abgekürzt habe.

      Jean Robert wußte Anfangs nicht, ob Herr von Marande im Ernste sprach oder spottete; rasch auf das Gesicht des Banquier zurückgeworfen, glaubte sein Blick sogar einen Moment auf diesem Gesichte einen ironischen Ausdruck zu ertappen.

      Doch die Augen der zwei Männer hefteten sich auf einander mit einem gewissen Ernste, und sich verbeugend wiederholte nun Herr von Marande die Worte:

      »Herr Jean Robert, ich spreche im Ernste, und Frau von Marande vermöchte mir kein größeres Vergnügen zu machen, als wenn sie die Bekanntschaft eines Mannes von Ihrem Verdienste kultivieren würde.«

      Und er reichte ihm so treuherzig die Hand, daß ihm Jean Robert die seinige mit gleicher Treuherzigkeit gab, obschon diese Treuherzigkeit von Seiten des jungen Dichters nicht ganz von einem gewissen Zögern frei zu sein schien.

      Die dritte Person, mit der wir uns beschäftigen werden, ist unser Einführer Petrus. Wir wissen, welches Gestirn ihn anzieht. Nachdem die üblichen Complimente Frau von Marande, Jean Robert, seinem Oheim, dem alten General Herbel,– der in einer Ecke so mühsam verdaute, daß ihm seine Verdauung eine würdige und ernste Miene gibt, – gemacht und die Damen in Masse gegrüßt sind, hat er nach einem Augenblicke Mittel gefunden, sich auf die Causeuse zu stützen, auf der die schöne Regina, halb liegend, einen Strauß von parmesanischen Veilchen entblätterte, sicher, es werden, wenn sie aufgestanden sei und den Platz geändert habe, die von ihr enthaupteten Veilchen nicht verloren sein.

      Die fünfte Person ist ganz einfach ein Tänzer.

      Er gehört zu der von den Gebieterinnen des Hauses sehr geschätzten Race, mit denen sich aber die Poesie, der Roman und die Malerei nur zu beschäftigen haben, wie sich ein Inscenirer mit einem Comparsen beschäftigt.

      Wir sagten, Lorédan habe mit Frau von Marande geplaudert; auf den Marmor des Kamins gestützt, habe sie Jean Robert angeschaut; Petrus habe mit Regina gesprochen, lächelnd bei jedem Veilchen, das den schönen Händen seiner Gottheit entfiel; der General Herbel habe mühsam auf einem Sopha verdaut; der Tänzer endlich habe seine Contretänze eingeschrieben, um chronologisch auf seine Tänzerin zuzustürzen, so oft das Orchester, das sich erst um Mitternacht sollte hören lassen, in die duftende Atmosphäre der Salons seine Roten der Aufforderung zu einer neuen Quadrille werfen würde.

      Um genau zu sein, müssen wir sagen, daß das Bild, das wir zu malen versucht haben, keine Beständigkeit hatte. Von Minute zu Minute meldete man einen neuen Namen; die durch den Namen bezeichnete Person trat ein: war es eine Frau, so ging ihr Madame de Marande entgegen, und je nach dem Grade der Vertraulichkeit, in dem sie mit dieser Frau stand, küßte sie dieselbe oder beschränkte sie sich darauf, daß sie ihr die Hand drückte; war es ein Mann, so nickte sie mit dem Kopfe, begleitete dieses Nicken mit einem anmuthigen Lächeln und sogar mit ein paar Worten, bezeichnete sodann der Frau einen freien Sitz, dem Manne die Gewächshausgallerie, und ließ aus den Neuangekommenen werden, was sie wollten, gefiel es Ihnen nun, die Schlachten von Horace Vernet, die Seestücke von Gudin, die Aquarellen von Decamps zu betrachten, oder zogen sie es vor, eine Privatconversation anzuknüpfen, oder einen Fetzen an jene Art von allgemeiner Conversation zu nähen, welche immer in einem Salon umherflattert, und an die sich die Leute anhängen, welche weder zu zwei zu plaudern, noch, – was bedeutend schwieriger ist, – zu schweigen wissen!

      Einer, der ein Interesse gehabt hätte, dies wahrzunehmen, hätte bemerken können, daß trotz aller Ortsveränderungen, welche die Ankunft der neuen Gäste der Gebieterin des Hauses auferlegte, wo sich auch Frau von Marande, nachdem sie ihre Reverenz gemacht, nachdem sie ihren Kuß gegeben hatte, oder ihr Händedruck vollendet war, wiederfand, Herr Lorédan von Valgeneuse das Talent besaß, sich auch wieder bei ihr zu finden.

      Lydie bemerkte diese Beharrlichkeit, und mißfiel sie ihr nun wirklich, oder befürchtete sie, eine andere Person könnte sie auch bemerken, sie versuchte es, ihr zu entgehen; ein erstes Mal, indem sie sich an die Seite von Regina setzte und für einige Augenblicke das süße Gespräch der zwei jungen Leute unterbrach, – ein Egoismus, den sie sich sehr schnell zum Vorwürfe machte: – ein zweites Mal, indem sie sich unter die Fittige des alten Voltairianers flüchtete, den wir als einen so strengen Beobachter der Data bei seiner Unterredung mit der Marquise de la Tournelle gesehen haben.

      Diesmal wollte Frau von Marande hartnäckig aus dem Herzen des alten Grafen das Geheimniß ziehen, das ein gewöhnlich lächelndes, mehr als lächelnd, spöttisches Gesicht sorgenvoll machte.

      Aber kam nun der Kummer des Grafen aus seinem Herzen oder, – was für ihn noch viel ernster war, – aus seinem Magen, er schien ganz und gar nicht entschlossen, Frau von Marande zur Vertrauten seines Geheimnisses zu machen.

      Einige Worte von ihrem Gespräche gelangten bis zu Petrus und Regina und entzogen sie ihrer Entzückung.

      Die zwei jungen Leute wechselten einen Blick.

      Von Seiten Reginas bedeutete dieser Blick:

      »Wir sind sehr unklug, Petrus! seit einer halben Stunde plaudern wir mit einander eben so rückhaltlos, als ob wir im Gewächshause des Boulevard des Invalides wären.«

      »Ja,« antwortete der Blick von Petrus, »sehr unklug, es ist wahr, aber sehr glücklich, meine Regina!«

      Sodann, als sie einen Blick gewechselt hatten, wechselten die zwei jungen Leute aus der Ferne und durch ein einfaches Schauern