glaubt also, Monseigneur,« fragte Frau von Longueville, »dass der Tod Sr. Majestät nahe bevorstehend sei?«
Die Prinzeß Marie antwortete nicht, aber da ihr Herz, welches für Niemand schlug, dem Ehrgeiz gestattete, Einfluss auf ihre Gedanken zu üben, verlor sie kein Wort von dem. was Monsieur sagte.
»Bouvard betrachtet ihn als einen verlorenen Mann,« gab dieser auf die Frage der Herzogin zur Antwort, »und, wundert sich, dass er noch lebt; aber über diesen Punkt sind die Auguren mit ihm in Übereinstimmung,«
»Die Auguren?« fragte Frau von Longueville.
Marie verdoppelte ihre Aufmerksamkeit.
»Meine Mutter hat den ersten Astrologen Italiens, Fabroni, befragt und er sagte voraus, dass mein Bruder der Welt Valet sagen würde, bevor die Sonne im Jahre 1630 das Zeichen des Krebses durchlaufen habe; Fabroni gibt ihm also noch achtzehn Monate Zeit zum Leben. Dasselbe wurde mir und mehreren meiner Diener von einem Arzt, Namens Duval, gesagt. Dem Letzteren ist die Voraussagung schlecht bekommen, denn als der Kardinal vernahm, dass er dem Könige das Horoskop gestellt habe, ließ er ihn verhaften und zu den Galeeren verurteilen, in Anwendung eines altrömischen Gesetzes, welches verbietet, sich mit der Erforschung der ferneren Lebenszeit der Könige abzugeben. Meine Mutter, Madame, weiß dies Alles, meine Mutter erwartet, sowie die Königin und ich, den Tod ihres ältesten Sohnes; und um mich einst zu beeinflussen, wie sie jetzt meinen Bruder beeinflusst, will sie mich mit einer toscanischen Prinzessin verheiraten, die ihr für die Krone erkenntlich sein müsste. Aber es soll nicht so weit kommen, das schwöre ich zu Gott; ich liebe Euch, und im Falle Ihr nicht eine unüberwindliche Abneigung gegen mich habet, werdet Ihr meine Gattin.«
»Aber,« fragte die Herzogin, »haben Eure Hoheit keine Idee, wie der Kardinal über diese Heirat denken wird?«
»Beunruhigt Euch nicht des Kardinals wegen; wir werden ihn auf unserer Seite haben.«
»Und wie das?«
»In diesem Punkte,« sagte Gaston, »müsst Ihr mir ein wenig behilflich sein.«
»Auf welche Art?«
»Der Graf von Soissons hat seine Verbannung bereits herzlich satt; ist es nicht so?«
»Er verzweifelt darüber; aber es ist in diesem Punkte von Herrn von Richelieu nichts zu erlangen.«
»Gut; und wenn er seine Nichte heiraten würde?«,
»Frau von Combalet?«
Die beiden Damen blickten einander an.
»Der Kardinal wird, um sich mit dem königlichen Hause zu verbinden, Alles bewilligen, was man von ihm verlangt.«
Die beiden Damen sahen einander wieder an.
»Ist das, was Monseigneur da sagen, ernst gemeint?« fragte Frau von Longueville.
»Man kann nicht mit größerem Ernste sprechen.«
»Ich würde in diesem Falle mit meiner Tochter reden, welche auf ihren Bruder großen Einfluss hat.«
»Sprecht mit ihr davon, Madame,«
Dann sich zur Prinzeß Marie wendend, sagte Gaston:
»Alles das aber, Prinzeß, ist nur ein vergeblicher und eitler Plan, wenn in diesem Complot Euer Herz nicht zum Mitschuldigen des meinen wird.«
»Eure Hoheit wissen, dass ich die Braut des Herzogs von Rethellois bin,« sagte die Prinzeß Marie; »ich kann für meine Person nichts gegen die Kette tun, die mich fesselt und am Reden verhindert; aber an dem Tage, wo diese Kette gebrochen und mein Wort frei sein wird, sollen Eure Hoheit sich über meine Antwort nicht zu beklagen haben.«
Die Prinzeß machte eine Verbeugung und schickte sich an, das Gemach zu verlassen, aber Gaston ergriff lebhaft ihre Hand und drückte einen feurigen Kuß daraus.
»Ihr habt mich zum glücklichsten der Menschen gemacht.« sagte er, »und ich wage es nun. nicht mehr an dem guten Ausgang eines Planes zu zweifeln, in den mein Lebensglück verwebt ist.«
Und wahrend die Prinzeß sich durch die eine Tür entfernte, stürmte der Prinz durch die andere hinaus, wie ein Mensch, der die frische Luft braucht, um in derselben seine Leidenschaft abzukühlen.
Frau von Longueville, welche sich erinnerte, dass sie Frau von Combalet hatte bitten lassen, auf sie zu warten, stieß eine dritte Tür auf, welche, da sie nur angelehnt war, dem ersten Drucke wich, und hätte beinahe einen Schreckensruf ausgestoßen, als sie sich Auge in Auge mit der Nichte des Kardinals befand, die der Diener unvorsichtiger Weise in ein Boudoir geführt hatte, welches an das Gemach stieß, in dem die Unterredung mit dem Herzog von Orleans stattfand.
»Madame,« sagte schnell gefasst die Herzogin, »da wir den Kardinal als unseren Freund und Beschützer kennen und nichts tun wollen, was ihm ein Geheimnis bleiben oder unangenehm sein könnte, habe ich Euch bitten lassen, das Ende einer Erklärung zwischen uns und der Königin-Mutter abzuwarten, einer Erklärung, welche durch die zwei Besuche hervorgerufen wurde, mit denen Se. Königliche Hoheit, Monsieur, uns beehrte.«
»Ich danke, liebe Herzogin,« sagte Frau von Combalet, »und bitte Euch, zu glauben, dass ich die zarte Aufmerksamkeit anerkenne, mit der Ihr mir die Tür dieses Kabinetts öffnen ließet, damit ich kein Wort von der statt gehabten Unterredung verliere.«
»Ihr habt auch,« fragte die Herzogin mit einigem Zögern, »jene Stelle des Gespräches gehört, welche Euch berührt? Was mich anbelangt, so würde ich, abgesehen von der Ehre, meine Nichte als Herzogin von Orleans, Schwägerin des Königs, vielleicht auch Königin, zu wissen, sehr glücklich sein, Euch in unsere Familie eintreten zu sehen, und ich werde in dieser Beziehung meinen ganzen Einfluss auf den Grafen von Soissons aufbieten, obgleich ich sehr zweifle, dass es dieses Einflusses bedürfen wird.«
»Ich danke, Frau Herzogin,« erwiderte Frau von Combalet; »ich weiß die Ehre, die es für mich sein würde, die Gattin eines Prinzen von Geblüt zu werden, in ihrem ganzen Umfange zu schätzen, allein ich tat, als ich mein Witwenkleid anlegte, zwei Gelübde: das eine, mich nie mehr zu verheiraten; das zweite, mich ganz meinem Oheim zu weihen; ich werde meine Gelübde halten, ohne etwas Anderes zu bedauern, als dass durch denselben der Plan Monsieurs scheitern muss.«
Und sie nahm mit ihrem gewinnendsten Lächeln von der ehrgeizigen Herzogin Abschied, welche es nicht begreifen konnte, dass irgend ein Gelübde schwer genug sein könne, um der Aussicht: Gräfin von Soissons zu werden, das Gleichgewicht zu halten.
IV.
Eva und die Schlange
»Nach dem Louvre!« hatte, wie man sich erinnern wird, Frau von Fargis gerufen, als sie in die Sänfte gestiegen war, und die Träger setzten sie, diesem Befehle gehorchend, am Fuße der Diensttreppe des Palastes ab, welche zugleich zu den Zimmern des Königs und der Königin führte, und dann geöffnet wurde, wenn man die große Freitreppe schloss, das heißt, um zehn Uhr Abends.
Frau von Fargis trat an diesem Abend ihre Dienstwoche bei der Königin an.
Diese liebte sie sehr, so wie sie Frau von Chevreuse geliebt hatte und noch liebte, aber auf diese Letztere, welche sich durch eine Menge Unklugheiten bekannt gemacht hatte, richteten der König und der Kardinal.ein wachsames Auge. Diese ewige Lacherin war dem Könige Ludwig XIII., der, selbst mit Einschluss seiner Kindheit, nicht zehn Mal in seinem Leben gelacht haben mochte, antipathisch. Als man Frau von Chevreuse in die Verbannung geschickt hatte, brachte man an ihre Stelle Frau von Fargis, die noch viel gefälliger gegen ihre Gebieterin war, als Frau von Chevreuse. Sie war hübsch, glühend, schamlos, und dazu ganz geeignet, durch ihr Beispiel die Königin zu allerhand Galanterien anzuspornen. Was ihr den einflussreichen Posten bei der Königin verschafft hatte, war die Stellung ihres Gatten, des Herrn Fargis d'Angennes, welcher ein Vetter der Marquise Rambouillet und französischer Gesandter in Madrid war; vor Allem hatte der Umstand ihrem Ehrgeiz gedient, dass sie drei Jahre bei den Carmeliterinnen in der Rue St. Jacques zugebracht und daselbst die Bekanntschaft der Frau von Combalet gemacht hatte, welche sie dem Kardinal warm empfahl.
Die Königin wartete mit Ungeduld. Diese nach Abenteuern lüsterne Frau, welche noch immer Buckingham beweinte, sehnte