Александр Дюма

Der Schiffs-Capitain


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Indianerin, so wie sie es vermochten, überall und auf allen Seiten aufs Verdeck und fielen wie reife Früchte, wenn sie der Wind von Baume schüttelt, auf dasselbe. Die Engländer, die sich aufs Vorderdeck zurückgezogen hatten, demaskierten jetzt eine Caronade, die sie in Sicherheit brachten. Ein Wolkenbruch von Feuer und Flammen fuhr mitten unter die Belagerer. Verstümmelt fiel die Hälfte von Pauls Equipage auf das feindliche Deck, unter Geschrei und Fluchen . . . Allein stärker als lästernde Stimmen, erhob sich eine, die über Alles schallte:

      »Vorwärts, Alles was lebt!«

      Nun entstand ein Auftritt der schrecklichsten Verwirrung, ein allgemeiner Zweikampf: auf den furchtbaren Lärm des Geschützes und der Gewehre folgte die bloße Waffe, schweigend, sichrer, besonders bei Seeleuten, die sich diese Riesenwaffen seit zwei Jahrhunderten, da sie von den Schlachtfeldern verbannt sind, zugeeignet haben. Mit Äxten spalten sie sich die Köpfe; mit Messern öffnen sie sich die Brust; mit breiten eisernen Lanzen nageln sie sich an die Trümmer der Maste. Von Zeit zu Zeit fällt ein Pistolenschuß in diese Metzelei, aber isoliert und wie darüber beschämt, sich in ein solches Schlachten zu mischen. Das gegenwärtige dauerte in der unbeschreiblichsten Verwirrung etwa eine Viertelstunde; dann senkte sich Englands Flagge, und die Matrosen des Drako stürzten sich durch die Oeffnungen der Batterien in den untern Schiffsraum; auf dem Verdecke blieb Niemand als die Sieger, die Verwundeten und Todten, in deren Mitte aber stand der Kapitän der Indianerin, von seiner Equipage um geben, den Fuß auf der Brust des feindlichen Commandeurs, zu einer Rechten den Lieutenant Walter, zur Linken den jungen Gefangenen, dessen Hemd starr war vom Blute und seine Theilnahme an dem Siege bezeigte.

      »Jetzt ist. Alles vorüber!« sprach Paul, den Arm ausstreckend, »und wer noch einen Schlag thut, hat es mit mir zu thun!«

      Dann reichte er dem jungen Gefangenen die Hand. »Herr,« sagte er, »diesen Abend werden sie mir ihre Geschichte zum Besten geben, nicht wahr? Denn dahinter steckt eine niederträchtige Kabale: man deportiert nur Verbrecher nach Cayenne, und sie, der sie so brav sind, können keiner sein!«

IV

      Sechs Monate nach diesen eben erzählten Begebenheiten, in den ersten Frühlingstagen 1779, fuhr eine durchaus mit Staub bedeckte Postchaise, langsam, obgleich mit kräftigen Pferden bespannt, auf dem Wege von Vannes nach Auray. Der darin sitzende, und durch die tiefen Gleise eines Feldwegs derb zusammengeschüttelte Reisende war unser alter Bekannter, der junge Graf Manuel, den wir zu Port-Louis fanden. Er kam in aller Hast von Paris auf ein Familienschloß, über welches und seine Bewohner, wir jetzt genauere und umständlichere Nachricht geben wollen. Der Graf Manuel d'Auray war aus einem der ältesten Geschlechter der Bretagne. Einer seiner Vorfahren war dem heiligen Louis in das gelobte Land gefolgt, und seitdem war der Name, dessen letzter Erbe er war, beständig bei den Siegen und bei den Niederlagen deren die Geschichte der Monarchie erwähnt, genannt worden: der Marquis d'Auray, Manuels Vater war Ludwigsritter, Commandeur von St. Michael und Großkreuz des heiligen Geistordens, und genoß, am Hofe Ludwigs XV., wo er die Stelle eines Feldmarschalls bekleidete, eine solche Stellung, wie sie seine Geburt, sein Vermögen und sein persönliches Verdienst mit sich brachte. Eine Vermählung mit Fräulein von Sablé die ihm weder von Seiten ihres Geschlechts noch Ansehns nachstand, erhöhte diese Stellung noch mehr; so daß dem Ehrgeiz des jungen Paares, eine glänzende Laufbahn eröffnet war, als sich nach 5 Ehejahren plötzlich das Gerücht verbreitete, der Marquis habe auf einer Reise auf seine Güter, den Verstand verloren. Lange wollte man es nicht glauben: aber endlich kam der Winter, und weder er, noch eine Gemalin, erschienen in Versailles. Ein Jahr ließ man seine Stelle vakant, denn der König, der immer auf seine Wiederherstellung hoffte, weigerte sich sie zu vergeben; als aber auch der zweite Winter verging und nicht einmal die Marquise, der Königin ihre Aufwartung machte, so vergaß man ihn, denn in Frankreich vergißt man schnell. Die Abwesenheit ist ein Zehrfieber, dem die größten Namen in längerer, oder kürzerer Frist unterliegen. Das Grabtuch der Gleichgültigkeit breitete sich nach und nach über die Familie, die in ihrem Schloß wie in einer Gruft eingeschlossen, keine Stimme der Bitte, oder der Klage erhob. Nur die Genealogie hatte die Geburt eines Sohnes und einer Tochter aufgezeichnet; später entsproß kein Kind mehr aus dieser Ehe; so fuhren die Aurays fort, dem Namen nach unter Frankreichs Adel zu figuriren; allein seit 20 Jahren, hatten sie sich, weder in die innern Intriguen, noch politischen Geschäfte mehr gemischt, weder für die Pompadour noch Du Barry Parthei ergriffen, und weder in den Siegen des Marschalls von Broglie, noch bei den Niederlagen des Grafen Clermont sich ausgezeichnet; sie waren weder Ton noch Echo mehr und persönlich ganz und gar vergessen worden.

      Jedoch war der Name der Herren d'Auray zweimal, aber ohne Effekt am Hof genannt worden; zuerst als der junge Graf Manuel 1769 unter die Pagen Sr. Majestät Louis XV. war aufgenommen worden, und das zweite mal, als er von den Pagen, zu der Infanterie des jungen Königs Louis XVI. gekommen war. Er hatte einen Baron von Lectour, einen Seitenverwandten des Herrn von Maurepas gekannt, der ihm wohl wollte, und einen ziemlich bedeutenden Einfluß auf diesen Minister hatte. Manuel war dem alten Hofmann vorgestellt worden, der, nachdem er erfahren, daß dieser eine Schwester habe, eines Tags einige Worte über die Möglichkeit einer nähern Familienverbindung fallen ließ. Jung, ehrgeizig, gelangweilt hinter dem Schleier zu stecken, der seinen Namen bedeckte, glaubte Manuel in einer solchen Heirath ein Mittel zu sehn, die Stellung, die sein Vater bei dem verewigten Könige am Hofe besessen hatte, wieder einzunehmen, und hatte sich sehr eifrig bei dieser Eröffnung bewiesen. Herr von Lectour hatte unter dem Vorwande, die brüderlichen Bande, die ihn schon jetzt mit dem jungen Grafen vereinten, noch mehr zu befestigen, ein für Manuel um so schmeichelhafteres Zudringen bezeigt, da er seine Schwester, deren Hand er begehrte, noch nie gesehn hatte. Die Marquise ihrerseits, hatte diese Combination mit Freuden gebilligt, da ihrem Sohne dadurch der Weg in Gunst zu gelangen, eröffnet ward, so daß diese Heirath unter den beiden jungen Männern, wenigstens unter den beiden Familien abgeschlossen war und Manuel dem Bräutigame drei bis vier Tage vorauseilend, jetzt seiner Mutter zu melden kam, daß Alles nach ihren Wünschen abgeschlossen sei. Was Margarethen, die künftige Gemalin, betraf, hatte man sich damit begnügt, ihr den gefaßten Entschluß mitzuteilen, ohne ihre Einwilligung zu begehren, ohngefähr so, wie man dem Verbrecher ein Todesurtheil bekannt macht.

      Es war also, gewiegt von den glänzenden Träumen einer künftigen Erhebung, und mit den kühnsten Entwürfen des Ehrgeizes im Geiste liebkosend, daß der junge Graf Manuel in das düstre Schloß seiner Ahnen zurückkehrte, dessen lehnsherrliche Thürmchen, finstre Mauern und der mit Gras bewachsene Hof, einen schneidenden Contrast mit den goldnen Hoffnungen bildeten, die er in sich trug. Das Schloß lag eine und eine halbe Lieus entfernt von jeder Behausung. Eine seiner Facaden ging auf einen Theil des Meeres, dessen stets vom Sturm gejagten Wogen, ihm den Namen des wilden Oceans gaben. Die andre auf einen ungeheuern, aber seit zwanzig Jahren sich und seiner eigensinnigen Vegetation ganz überlassenen Park, der zu einem Walde geworden war. Die Zimmer waren beständig verschlossen, mit Ausnahme der von der Familie bewohnten; und ihr, unter Louis XIV. neugewesenes Meublement, hatte durch die Sorgfalt einer zahlreichen Dienerschaft, den reichen, aristokratischen Anblick behalten, den die modernen Meublen zu verlieren anfingen, die zwar eleganter, aber weniger grandiös waren, ob sie gleich aus den Kunstgewölben Boules, des Hoftapeziers hervorgingen.

      Es war in eines dieser Gemächer mit hohen Simsen ausgehauenem Kamin, und eine Frescodecke, wohin der Graf sich bei seiner Ankunft beugte ehrfurchtsvoll ein Knie auf den Boden und verbeugte sich, die dargebotene Hand küssend.

      »Steht auf, Graf!« sagte sie, »ich bin beglückt, euch wieder zu sehn.«

      Sie sprach diese Worte so kalt, als ob sie der Sohn erst den Tag zuvor verlassen hätte. Manuel gehorchte, führte sie in einen großen Sessel und blieb vor ihr stehn, als sie sich niederließ.

      »Ich habe euern Brief erhalten, Graf!« sagte sie jetzt, »und belobe eure Geschicklichkeit. Ihr scheint mir mehr zum Diplomaten geboren, als für den Krieg, und solltet den Baron von Lectour bitten um eine Gesandtenstelle, statt eines Regiments für euch anzuhalten.«

      »Lectour ist bereit, um Alles anzuhalten was wir wünschen, gnädigste Frau, und was noch mehr ist, er wird auch Alles erhalten, so groß ist ein Einfluß auf Herrn von Maurepas, und so verliebt ist er in meine Schwester!«

      »Verliebt in eine Dame die er nie gesehen, hat?«

      »Lectour ist ein gefühlvoller